Seit gut einem Jahr
wohnt Figo nun schon bei mir. Ich hatte ihn im Juli hier vorgestellt.
Erlaubt mir, daß ich Rückblick halte auf das vergangene Jahr.
Vorab, er ist mein erster eigener Hund, ich hatte mich viel belesen
und mich mit einer Hundetrainerin VOR der finalen Entscheidung, ob
ein Hund hier einziehen kann, unterhalten. Hätte sie mir gesagt:
„Kaufen Sie sich lieber einen Plüschhund, das ist besser für
beide Seiten.“, hätte ich das akzeptiert. Von ihr kam das
allgemeine OK.
So kam dann der
11.03.2021, um die Mittagszeit klingelte es, die TH-Mitarbeiterin und
Figo standen vor der Tür. Das macht das TH immer so, daß die Tiere
gebracht werden, es ist der finale Check, ob alles in Ordnung ist.
Außerdem haben die Mitarbeiter dann die Chance, sich von ihren
Schützlingen zu verabschieden.
So sah er beim Einzug aus:
https://abload.de/image.php?im…0210311_14300705uvkrf.jpg
Von Anfang an
klappte die Stubenreinheit, auch das kurzzeitige Alleinebleiben war
nie ein Problem. Ich zeigte ihm seine neue Umgebung, wo Angst und
Unsicherheit sehr schnell deutlich wurden .
Obige Hundetrainerin
kam uns dann nach wenigen Tagen besuchen und meinte, daß sie noch
nie einen Hund erlebt hätte, der sowenig Lebensfreude,
Selbstvertrauen und Lebenswillen hat, er hat sich aufgegeben. Er
hätte sich am liebsten ins kleinste Mäuseloch verkrochen.
Eigentlich hätte er nie in die Stadt vermittelt werden dürfen, da
ihm die Reizüberflutung nicht gut tut. Es würde nur, wenn
überhaupt, in sehr kleinen Schritten vorangehen. Alles, was ich
für/mit ihn/m geplant hatte, zerplatzte in dem Moment wie
Seifenblasen. Aber sollte ich ihn deshalb zurückgeben? Nein, ich
hatte Verantwortung für ihn übernommen und gab mir ein Jahr
Probezeit, weil ich wusste, daß andere Hunde für ihn Stress
bedeuten, weil ich hoffte, dass mein ruhiges Leben ihm Ruhe geben
würde. Und natürlich hoffte ich, daß die Trainerin sich geirrt
hat.
Also hieß es erst
einmal, das Programm noch stärker zu reduzieren – wir kennen
mittlerweile jeden Stein und jeden Grashalm im Viertel .
In den ersten
Monaten war ich manchmal sehr verzweifelt, machte mir (nicht IHM!)
Vorwürfe, weil ich meine Ansprüche an mich zu hoch waren. Da halfen
mir mehrere Dinge, mich wieder aufzurichten:
- das Buch „Leben
will gelernt sein.“
- der Austausch im
DF, hier vor allem die Threads über „die Rumänen“, „das
Ausbrechen aus der Komfortzone“ und „Wie geht Ihr mit den
Einschränkungen und dem Frust durch einen „speziellen“ Hund
um?“, vor allem der letzte nahm mir viel Druck
- das weitere
Arbeiten mit der Hundetrainerin
Die Schritte, die er
machte, sind für andere vielleicht easy going, für ihn sind es
riesige Schritte:
- das sich auf den
Balkon trauen und sich dort ablegen, wir haben sehr lange daran
gearbeitet, ich habe ihm die finale Entscheidung überlassen und war
so stolz auf ihn
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(er ist Energiesparer durch und durch )
- das Annehmen von
Leckerlis draußen, zumindest im nahen Umfeld des Wohnhauses oder
wenn es Super-Duper-Leckerlis sind, auch ein wenig weiter weg
- das Spielen mit
der Pommestüte aus dem tiierisch-Adventskalender
https://abload.de/image.php?im…0211201_115635707bknn.jpg
- seit neuestem das
Annehmen von Leckerlis im Kofferraum
- das Lesen der
Zeitung bei den Runden, er erlebt seinen zweiten Frühling
- die Runden am
Morgen und Abend sind mittlerweile um einiges entspannter, da ist er
nicht mehr auf der Flucht
- das Reagieren auf
seinen Namen, wenn wir unsere wiederkehrenden Runden im Viertel
drehen
- das Betteln um
Leckerlis
https://abload.de/image.php?im…0211231_231354_57ljqj.jpg
- er flüchtet nicht
mehr, wenn z.B. eine Autotür zugeknallt wird oder bei ähnlichem
Lärm, da beruhigt er sich mittlerweile sehr schnell
- er legt sich neben
mich und fordert Streicheleinheiten ein
- er interpretiert
die Regeln auf seine Art, finde Herrn Hund
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Was noch viel Zeit
brauchen wird:
- Entspannen im Park
bzw. auf dem Friedhof (ist eine große Grünfläche)
- Leinenführigkeit
Was vermutlich nie
gehen wird:
- Freilauf, da wäre
er weg
- Interaktion mit
anderen Hunden, braucht und will er nicht – da schütze ich ihn
konsequent
Mein lieber Figo,
ich danke Dir für die Geduld, die Du mit mir hast und die Du mir
beigebracht hast. Du hast mir gezeigt, daß selbst ein Hund, der so
schlechte Startbedingungen hatte, im Alter von 10 Jahren immer noch
Fortschritte machen kann. Du gibst mir soviel zurück. Danke!