Hallo
nochmal ein anderer Gedankenanstoß/Erfahrungsbericht von meiner Seite:
Luna hat sich anfangs auch extrem schwer damit getan alleine zu bleiben bzw. ohne mich zu sein. Anfangs habe ich, genau wie du, auch noch bei meinen Eltern gewohnt und habe Luna dann immer unten zu meiner Oma in Betreuung gegeben, wenn ich mal ohne sie los musste. Meistens haben wir es dann auch so versucht, dass Oma ihr einen Keks gegeben hat und in dem Moment habe ich mich "raus geschlichen", weil ich dachte, dass es besser ist, wenn sie gar nicht mitbekommt dass ich gehe. Luna hat dann auch ohne Ende gefiept, geweint und meiner Oma die Wohnungstür von innen zerkratzt.
Zudem stand sie auch jedes mal auf halb acht, wenn ich mal aufgestanden bin und ist mir direkt hinterher.
Tatsächlich bin ich diesen klassischen Weg, von wegen Tür schließen - direkt wieder öffnen, gar nicht gegangen. Anfangs musste ich sie zum Glück so gut wie gar nicht alleine lassen, sodass ich den Fokus erstmal auf Vertrauensaufbau gelegt habe. Denn ich denke, je mehr einem der Hund vertraut und darauf vertrauen kann, dass man immer wieder kommt, umso leichter fällt dann auch das alleine bleiben. Luna durfte von Anfang und darf auch immer noch ziemlich uneingeschränkt auf Bett und Couch. Gerade einem Hund, der viel Nähe zu seinem Menschen braucht und nicht gut alleine bleiben, sollte man diese Nähe doch gewähren.
Sagen wir mal als ganz plumpes Beispiel: Hund braucht pro Tag 15 Stunden Kontakt(-liegen) mit dem Mensch um sein Nähebedürfnis zu befriedigen (fiktiv!). Wenn der Hund im Bett schlafen und auf die Couch darf, dann sind diese 15 Stunden idR pro Tag erfüllt und der Hund ist in Bezug darauf ausgeglichen und tut sich dann leichter damit alleine zu bleiben, weil das Nähebedürfnis ja schon befriedigt ist. Verwehrt man dem Hund diese Nähe hingegen, dann tut er sich mit dem alleine bleiben noch schwerer, weil er aus seiner Sicht schon im Alltag zu wenig Nähe zu seinem Mensch hat und dann erst recht nicht ganz alleine bleiben kann.
Es gibt einfach Hunde, die brauchen viel Nähe zu ihrem Menschen und wenn man diese Nähe ständig verwehrt, dann führt das mMn dazu, dass der Stresspegel im allgemeinen steigt, was wiederum für alle anderen (Trainings-)Situationen kontraproduktiv ist. Das heißt natürlich nicht, dass der Hund zu jeder Zeit all die Aufmerksamkeit bekommen soll, die er gerade will. Aber dazu schreibe ich unten noch mehr.
Auch Kontrollverhalten kommt ja häufig aus Unsicherheit und nicht weil ein Hund einen Menschen unbedingt kontrollieren will. Kontrolle gibt Sicherheit, das kennt man ja selbst auch. Je mehr ich kontrollieren kann, umso sicherer fühle ich mich. Und da würde ich auch ansetzen: Sicherheit geben durch Rituale.
Den Hund "austricksen" zu wollen, sodass er nicht merkt dass man geht, ist meiner Erfahrung nach total kontraproduktiv. Der Hund ist gerade in was anderes vertieft (Kekse) und plötzlich hebt er den Kopf und der Mensch ist weg. Das ist eigentlich total unfair dem Hund gegenüber (kein Vorwurf, ich hab das ja anfangs auch so gemacht!!). Deshalb habe ich mit Luna Rituale aufgebaut, damit sie weiß, dass ich gleich gehe, aber gleichzeitig auch weiß, dass ich wiederkommen werde. Sie hat Erwartungssicherheit und kann mir vertrauen.
Sie läuft mir auch nicht mehr ständig hinterher (eigentlich überhaupt nicht mehr, außer vielleicht in die Küche ), weil sie weiß, dass ich nicht "einfach so" weggehe, sondern ihr vorher Bescheid sage. Wenn man sich wegschleicht, dann denkt der Hund ja "shit, mein Mensch verschwindet einfach immer heimlich, den muss ich ständig im Blick haben, damit ich mitbekomme, wenn er geht.". Deshalb halt auch oft dieses "Kontrollverhalten".
Bei uns läuft das folgendermaßen ab: Luna kommt ins Schlafzimmer (der Ort, den sie am meisten mit Entspannung verknüpft und wo es am meisten nach uns riecht) und ich stöpsle die Kamera ein. Dann gehe ich zu ihr, streichel ihr kurz über den Kopf, sage "bis gleich, sei schön lieb! Wir kommen wieder.", dann mache ich die Tür zu, ziehe mir Schuhe an und gehe. Das klappt mittlerweile richtig problemlos und sie kann gute 6 Stunden entspannt alleine bleiben.
Eine Freundin von mir hat das Ritual eine Handvoll Leckerchen in den Raum zu werfen, die der Hund suchen kann und dann sagt sie auch "bis später, ich gehe." und geht dann.
Letztens habe ich mir erst die Schuhe angezogen, weil ich irgendwie nicht so auf der Höhe war und Luna hat sich direkt vor die Wohnungstür gesetzt, weil sie dachte, sie kann mitkommen. Das hat mir wieder gezeigt wie wichtig unser Ritual und Erwartungssicherheit sind!
Was zusätzlich helfen kann ist konditionierte Entspannung und Rückzugsorte. Also z.B. ein Tuch mit einem bestimmten Duft (zB Lavendel) immer neben den Hund legen, wenn dieser entspannt ist. Wenn man das mehrere Wochen macht, dann verknüpft der Hund den Geruch irgendwann mit Entspannung. Dann kann man anfangen ein Teil des Zimmers mit einem Gitter abzutrennen oder/und eine Box aufzustellen und das Tuch dort hineinzulegen, sodass der Hund den Ort mit Entspannung verknüpft, das macht man dann wieder über mehrere Wochen, bis der Hund den einen bestimmten Ort mit Entspannung verknüpft (kann zur Not auch einfach das Körbchen sein). Dann kann man langsam mal anfangen den Raum zu verlassen und schnell zurückzukommen und das immer weiter steigern. Wenn du "konditionierte Entspannung" recherchierst, findest du bestimmt auch noch viel mehr und kleinschnittigere Anleitungen dazu!
Zum Thema den Hund nicht im ständig im Fokus haben: Auf jeden Fall, dem stimme ich 100% zu! Finde es aber wichtig, auch da zwischen "nicht im Fokus stehen" und "zwanghaftem ignorieren" zu unterscheiden. Und ich kann verstehen, wenn das am Anfang schwer fällt! Ging mir ganz genauso.
Ich habe den Unterschied immer nicht so ganz verstanden bzw. fiel es mir schwer das umzusetzen. Bis ich dann umgezogen bin. Beim Umzug kam Luna schon öfter mal mit in die neue Wohnung und dort war einfach so viel zu tun (Möbel aufbauen, Kisten auspacken etc.), dass ich mit dem Kopf einfach mal wirklich nicht bei Luna war. Sie hatte ihren Platz schon im jetzigen Schlafzimmer und die meisten Möbel haben wir im Wohnzimmer aufgebaut. Anfangs war sie die ganze Zeit bei uns, aber irgendwann wurde es ihr zu langweilig, weil wir wirklich mit dem Kopf woanders waren und sie ist aktiv weggegangen und hat sich ins Schlafzimmer gelegt. Klar kam sie dann zwischendurch immer wieder mal an um zu gucken, was wir machen und da habe ich sie dann auch nicht zwanghaft ignoriert, sondern kurz hallo gesagt, einmal durchgekrault und dann weiter gemacht mit den Möbeln und Luna ist wieder auf ihren Platz zurück.
Also zusammenfassen, was uns geholfen hat: Luna etwas aus dem Fokus nehmen, aber nicht komplett ignorieren, Vertrauen aufbauen und ihrem Nähebedürnis bestmöglich nachkommen und vor allem Rituale, um Erwartungssicherheit zu schaffen!
Ihr bekommt das auch hin, ich bin mir sicher!
Ach, was mir noch einfällt: bei Luna habe ich letztendlich auch gemerkt, dass sie ganz alleine entspannter ist als bei meiner Oma oder meinen Eltern. Ich dachte immer ich tue ihr was gutes damit, dass sie nicht ganz alleine sein muss, aber das war bei ihr definitiv nicht der Fall. Der einzige mit dem sie mittlerweile gerne alleine bleibt ist mein Freund, ansonsten kann sie auf Fremdbetreuung echt verzichten.
Also das wäre vielleicht auch noch was, was man herausfinden könnte, ob dein Hund ganz alleine in deinem Zimmer mit Tür zu vielleicht letztendlich besser entspannen kann, als bei deinen Eltern. Vor allem wenn du dein Zimmer ggf. mit konditionierter Entspannung zur Ruhezone aufbaust. Dein Zimmer wird ja auch am meisten nach dir riechen und ich könnte mir vorstellen, dass das auch hilft!
Was passiert eigentlich, wenn du mal duschen gehst o.Ä.? Da schließt du doch bestimmt die Tür, oder? Wie verhält Marley sich dann?