So, ich kann ganz brandaktuell mit einer Geschichte aufwarten, die mich grade ziemlich aufwühlt. Die Nachbarn rufen mich ganz aufgeregt zu sich hinüber. Polizei ist da, ich soll aussagen.
Was ist passiert? Eine Familie aus unserer Siedlung, keine Hundeerfahrung, 3 Kinder zwischen 3 und 7 glaub ich, hat sich voriges Jahr um diese Zeit einen Schäferwelpen geholt. Er ist also genau so alt wie unsere Hündin, 13, 14 Monate. Es musste LZ sein, der Mann wollte unbedingt IPO machen. Es war ein wirklich süsser Kerl. Eigentlich sogar recht entspannt und schaumgebremst.
Während der Mann in der Arbeit war, hatte die Mutter die Kinder und den Hund zu versorgen. Beim Schulbus verbellte der Welpe mit 12 Wochen das erste mal die wartenden Kinder, während das Frauchen den Schnuller ihres Jüngsten suchte. Eine Woche später hing er ihnen am Ärmel und es gab die ersten Beschwerden einiger Eltern. Wieder eine Woche später musste der Hund zu Hause bleiben, während die Kinder zum Kindergarten und zum Schulbus gebracht wurden. Ein paar Tage später war er wieder mit dabei und kläffte in der Leine hängend das halbe Dorf zusammen. Zu Hause hatte er die halbe Bude zerlegt. Nach dem Wochenende war er wieder im Haus, die Familie hatte eine Box besorgt, in der er warten musste.
Ich sah den Kerl dann länger nicht mehr. Die Mutter erzählte mir, ihr Mann habe die Erziehung übernommen. Spazieren ging er nur vor 5:00 früh und nach 11:00 abends. Ansonsten musste er sich im Garten lösen weil SIE nicht mehr mit ihm raus konnte.
Vor einigen Monaten schlug die gesamte Familie dann bei uns im Verein auf und wollte beim Training für die BH mitmachen. Der Hund sei super erzogen und alle Kommandos würden funktionieren.
Schon beim Betreten des Platzes war klar, das wird nix. Null Leinenführigkeit, hochgradig nervös, der Hund kannte nix und konnte nix und wollte jeden einzelnen Hund schreddern, der sich am Platz befand.
Also back to the roots, der Hund musste ins Grundlagen-Training. Für die Welpengruppe war er schon viel zu groß, in der Junghundegruppe flippte er völlig aus, also Einzeltraining. Keine Kommandos oder so, nur mal die absoluten Basics (niemanden anspringen, den HH ansehen, für 10 Sekunden ruhig bleiben usw.)
10er Block, 2 mal da gewesen dann war das Kind krank. 1 Woche Training, in der kommenden Woche regnete es, da konnte man nicht, usw. Insgesamt hatten sie ganze vier Stunden am Platz in drei Monaten, öfter ging sich nicht aus. Dann warf sie die Trainerin raus und zahlte das Geld zurück weil sie 9 mal umsonst gewartet hatte.
Gestern in der Nacht um 2:30 stand besagter Hund also bei unseren Nachbarn im Garten und bellt die ganze Siedlung wach. Was wir alle nicht wussten, er musste seit Monaten im Garten schlafen weil sich die Kinder in der Nacht vor ihm gefürchtet hatten und es wohl auch schon zu unguten Situationen gekommen ist. Von dort sprang er über den eigenen Zaun, rannte über die Straße, sprang über den Zaun der Nachbarn und stellte einen Lieferanten, der beim Nachbarn, (selbstständiger Handwerker mit Firmengebäude am Privatgrundstück), Sachen ablieferte. Passiert ist zum Glück nichts, der Lieferant war ziemlich taff und hat den Hund im Lagerraum eingesperrt und die Polizei gerufen.
Diese brauchte jetzt von mir die Kontaktdaten der Trainerin, die einen internen Wesenstest mit dem Hund gemacht hatte, um mal den Stand der Dinge einschätzen zu können. Helfen wird das der Familie aber auch nicht, weil nicht offiziell, auch wenn der Test ergeben haben sollte (was ich nicht weiss), dass der Hund keine potentielle Gefährdung ist.
Großes Gejammer, wütendes Geschrei, Streit mit den Nachbarn, heulende Kinder und die Polizei am Hals. So hatte sich die Familie ihren tollen Schutzhund wahrscheinlich nicht vorgestellt.