aber es ist total seltsam, sie trainiert wirklich viel und kommt einfach nicht vorwärts. Das ist mega frustig für sie.
... wann bringt es was, wann ist es zuviel, wann zuwenig?
Hallo zusammen!
Oh wie schön, ein Laufthema. Hab' ich gerade erst hier entdeckt. Ich habe mal 15 Jahre lang Leichtathletik als Leistungssport betrieben. 400 und 800 Meter. War das eine schöne Zeit!!
Zu obigen Zitaten: weniger ist oft mehr. In meiner Karriere habe ich schon einige gesehen, die sehr trainingsfleißig waren. Leider im Sinne von "zu" trainingsfleißig. Die haben sich leider kaputttrainiert.
Zum Glück hatten wir über viele Jahre einen Trainer, der sich super auskannte. Studierter Biologe und A-Trainer Leichtathletik. Der konnte uns dann auch immer die Abläufe in den Muskeln, Organen, Blut, etc. erklären. Davon kann ich allerdings nichts mehr wiedergeben. Was mir allerdings gut in Erinnerung geblieben ist, war eine Kurve, die er mal in den Sand der Weitsprunggrube gemalt hatte. Sie zeigte den Grad der Erschöpfung nach einer intensiven Trainingseinheit. Wenn man den normalen Ruhe-/Entspannungszustand mit 0 annimmt, dann ging durch die Erschöpfung der Graph runter auf -20, blieb dort für eine gewisse Zeit (12 - 18 Stunden? - so ungefähr glaube ich) und stieg dann wieder an. Er erklärte parallel, dass der Körper "denken" würde: "Au weia, was war das denn? Da muss ich das nächste Mal aber besser vorbereitet sein. Ich produziere mal ein paar Muskelzellen und auch das Lungenvolumen baue ich mal lieber aus." War ganz witzig, wie er das immer beschrieb.
Folgedessen lag so ca. 48 bis 72 Stunden später (so grob) der Normalwert dann auf +5 oder vielleicht sogar +10. Dann sollte man den nächsten, erschöpfenden Trainingsreiz setzen, so dass man von +10 auf -10 kam (also wieder eine Belastung, die einen um 20 runter bringt), dann die Erholungszeit wieder abpassen musste, um so peu a peu seine Leistungsfähigkeit auszubauen.
Hört sich simpel an, das war auch sein deutlich vereinfachtes Schema. In den meist 2 Tagen zwischen zwei intensiven Trainingseinheiten, gab es dann Sprung-, Kraft-, Koordinationstraining sowie längere, lockere Läufe (meist um 8km). Die waren dann teilweise auch "nur" aus dem Bauch heraus von ihm abgestimmt. Aber sein Bauchgefühl war um Längen besser, als manch stoische Trainingspläne, die nicht individuelle Besonderheiten berücksichtigten. Er fragte uns immer, wie wir uns fühlen würden und passte teilweise seine vorbereiteten Ideen an, oder nahm sogar von geplanten harten Einheiten Abstand, da wir uns nicht erholt genug fühlten (seiner Meinung nach). Auf jeden Fall machte ich bei ihm sehr gute Fortschritte.
Ich lese hier häufiger von Intervalltrainingseinheiten. Fand ich damals immer geil, weil man so herrlich an seine Grenzen gehen konnte. Ich konnte mich da immer besser grenzwertig belasten, als wenn es z. B. hieß, dass heute 3x 500m im Tempobereich von ca. 95% zu laufen seien. Da konnte es passieren, dass der Tank nach der zweiten bereits leer war und die dritte musste abgebrochen werden, oder die Endzeit war deutlich langsamer, als die beiden vorherigen. Ab und an war es auch einmal umgekehrt, dass man sich vorher zu vorsichtig belastet hatte und der letzte Lauf war dann deutlich schneller. Beides war suboptimal. Auch das konnte uns der Trainer auf mehreren Ebenen (Körperchemie etc.) erklären.
Wenn man seine Trainingseinheiten natürlich optimal gestalten möchte, dann kommt unter anderem der Ruhepuls, die Ruheatemfrequenz, die maximal mögliche Herzfrequenz und vor allem der Laktatwert ins Spiel. Ich durfte einmal an einem Laktakttest teilnehmen. Das war das übelste Training (im wahrsten Sinne des Wortes) was ich mitgemacht habe. Das war noch zu 800m Zeiten. Es standen 3 Läufe über jeweils 600m an. Mit klar definierter Pause, ich glaube es waren 6 Minuten. Lauf 1 war so im Tempobereich von ca. 75 - 80% zu laufen. War für uns Spielerei. Dieser Lauf sollte so ungefähr an der aeroben Schwelle stattfinden. Lauf 2 war so auf ca. 90-95% geplant. Der war schon anstrengend. Und dann kam Lauf 3. Da waren 100% gefragt. "Alles was drin steckt!", hieß es. Wenn man konnte, Bestzeit laufen. Es sollte halt geschaut werden, was im Blut passiert, wenn man sich maximal belastet, dass quasi kein Millimeter mehr weiter gelaufen werden kann, als die Ziellinie. Die Blutentnahme direkt nach dem Ziel war heftig. Einige mussten tatsächlich kotzen, allen war auf jeden Fall schlecht und alle völlig fertig, aber man musste zum Arzt/Arzthelferin und schön still halten. War nicht einfach.
Als die Ergebnisse da waren, konnte dann für jeden individuell geschaut werden, welche Belastungen am trainingseffektivsten für denjenigen sind und vor allem, welches Tempo bei langen Erholungsläufen maximal gelaufen werden durfte. Das war ein großer Aha-Effekt, denn er zeigte sich, dass ausnahmslos alle bei den lockeren Einheiten zu schnell unterwegs waren. Da war der Regenerationslauf schon wieder eine kleine Belastung.
Also: weniger ist oft mehr.
LG
Matthias