Ich hab als Tierphysio ein Knurren meiner vierbeinigen Patienten (oder bei Pferden drohend angelegte Ohren) absolut berücksichtigt, hab kurz innegehalten, in dem, was ich getan habe, auch deutlich meine Hände weggenommen und meinen Oberkörper (meist hockt man ja dabei) wegbewegt vom Hund und habe ihnen dann nach einem kurzen Verschnaufen durch bewusstes Umkreisen der schmerzenden Stelle klargemacht, dass ich weiss, wo es ihnen weh tut.
Ich habe hier schon Kritik für meine Äußerungen geerntet. War mir vorher klar. Ich konnte meine Haltung nicht gut genug ausdrücken. So, wie Chris es beschrieben hat, finde ich es super. Genau sowas meinte ich. Er hält ja auch kurz inne, macht dann aber weiter.
Auch die Beschreibung von Munchkin1 passt ihn diese Richtung.
Ich will um Gottes Willen nicht dahingehend verstanden werden, dass ich den Hunden ihre Kommunikation verbiete, so dass sie letztendlich ohne Vorwarnung zubeißen. Genau das Gegenteil. Die meisten Hunde zeigen frühzeitig auf niedriger Eskalationsstufe an, wenn sie etwas doof finden und das wird entweder übersehen oder ignoriert. Sie müssen dann deutlicher werden, bis sie endlich verstanden werden.
Wir sind also gefordert, unsere Hunde so gut zu verstehen, dass sie über Meideverhalten bereits verstanden werden. Nur wird ein Schlecken, ein Blick-Abwenden, ein Gähnen, ein Am-Boden-Schnüffeln und und und meist (komplett) übersehen oder falsch gedeutet.
Ein Beispiel, an dem mir das (unter anderem) erklärt wurde: Hund soll zurückkommen, wird im Befehlston gerufen. Hund reagiert zwar, aber nimmt die Stimmung wahr und beschwichtigt durch langsames zurückkommen. Herrchen/Frauchen findet das unhöflich (vermenschlichte Sichtweise, da hündisch höflich), wird sauer und wiederholt das Kommando angenervt, worauf der Hund in seiner Deeskalation eine Stufe weiter geht und anfängt, am Boden zu schnüffeln. Dies wird wieder falsch verstanden, Hund gehorcht ja wohl offensichtlich nicht mehr und wird jetzt richtig angemeckert. Hund bleibt daraufhin stehen und schaut weg, um noch mehr zu beschwichtigen. Etc etc etc
Wenn mir ein Hund in irgendeiner Form aggressiv begegnet, kann ich ihm das natürlich krumm nehmen und mich entsprechend falsch verhalten und die Verhaltenskette bewegt sich in die falsche Richtung. Gebe ich ihm aber die Möglichkeit, sich an die Situation anzupassen, kann ich durch mein Verhalten deeskalieren. Das kann aber nicht so aussehen, dass ich auf seine gezeigte Aggression zurückweiche. Situativ/kurzfristig kann ich den Druck rausnehmen, aber letztendlich muss ich mich durchsetzen, sonst führt mein Hund mich über Aggressionsverhalten. Alle Beispiele hier, die ich gelesen habe, gehen genau in diese Richtung. Der Situation angepasst immer wieder durch alternative Herangehensweisen. Logisch. Es gibt nicht DIE EINE Lösung für zig Situationen. Da wird das Blutohr an einem bestimmten Ort versorgt, damit der Hund weiß, dass er verstanden wird und sich die restliche Zeit in der restlichen Wohnung sicher fühlen kann. Dann braucht er auch kein Aggressionsverhalten zeigen.
Somit lasse ich z. B. meinen Hund in seinem Körbchen komplett in Ruhe. Dort fasse ich ihn nicht an. Somit hat er einen Rückzugsort, wenn ihm irgendwas zu viel wird. Gleiches Recht für alle, denn ich will ja auch mal ungestört dies und das jenes machen, ohne dass mich mein Hund stört.