Beiträge von Digirunning

    Ich möchte nochmal kurz auf das Thema Fütterung zu sprechen kommen. Ich schrieb ja, dass man sehr gut aufpassen muss, da es sonst sogar schlimmer werden kann.


    Wenn man jetzt die Fütterung so gestalten würde, dass Dein Mann den Napf in Händen hält und der Hund nur so fressen kann, dann wäre das Zwang und es würde eher dazu dienen, die Gesamtsituation zu verschlimmern.

    Wenn Dein Mann aber unter den Augen Eures Hundes das Futter aus dem Schrank holt, es in den Napf kippt, den Napf hinstellt und dann einfach weggeht, evtl. sogar den Raum verlässt, dann sähe ich darin kein Problem. Der Hund kriegt mit, dass dieser Mensch das Futter verwaltet, kann aber ohne Zwang/Druck fressen.

    Wie würde es denn aussehen, wenn die Frau plötzlich krank wird? Dann ginge es ja auch nicht anders. Man(n) kann ja da nicht 1x oder 2x am Tag die Nachbarin bitten, den Hund zu füttern, nur damit das von einer weiblichen Person erledigt wird.

    Einfach ohne weiteren Kontakt zum Hund (nicht ansprechen, nicht anschauen) das Futter zubereiten, hinstellen und weggehen. Bei dem Kontakt, den die beiden schon miteinander haben, sind meiner Meinung nach keine Probleme zu erwarten, sondern das Futter stellt eine weitere positive Zuwendung dar, die die Bindung fördert.

    Dann einen Tag später wieder ein Rückschlag.

    Rückschlag würde ich sagen, ist Euer Empfinden. Der Hund wird z. B. (wie wir Menschen) auch Tagesform haben. Und dann ist die Frage, in welcher Situation passiert dieser "Rückschlag". Die ganz große Frage: wie verhält sich Dein Mann. Das kann hier niemand einschätzen. Ein ehemaliger Nachbar von mir hat eine Angsthündin aus dem Tierschutz und die traut sich inzwischen schon recht dicht an mich heran. Das Herrchen meint: "Jaaaa, bei diiiiiir. Das zählt nicht, denn du verhältst dich ja anders, als alle anderen Männer." Ich will damit sagen, dass eine solche "Rückschlag"-Situation evtl. daher kommt, dass Dein Mann vielleicht nicht immer auspasst und sich dann männertypischer Verhält, worauf dann Dein Hund reagiert. Das ist kein Vorwurf, sondern soll Dir den Druck nehmen, da es als mögliche Erklärung gedacht ist, wieso sich Dein Hund vielleicht an bestimmten Tagen so verhält und ihr es als Rückschlag wertet.


    Viele Situationen mögen von außen mehr oder weniger gleich aussehen, aber die innerliche Haltung ist schwer wahrzunehmen. Für uns Menschen. Der Hund kriegt sowas eher mit. Hunde können uns (viiiiiel) besser lesen, als wir gemeinhin glauben. Und: sie können vieles von uns riechen. Hormone, Botenstoffe etc etc werden vom Hund über den Geruch wahrgenommen. Eine Fähigkeit, die uns komplet fehlt und häufig zu Verwunderung führt, wenn sich ein Hund bei einer bestimmten Person anders, teilweise völlig anders benimmt, als sonst bzw. als man erwarten würde.

    Ach, ich habe ja ganz das Zitat vergessen. Ich wollte nicht nur das "Er" ansprechen, sondern auch inhaltlich anknüpfen, dass in der beschriebenen Situation der Hund ja von sich aus Kontakt aufbaut/-nimmt. Das sind doch schon gute Zeichen und Ansatzmöglichkeiten. Ich weiß ja nicht, wie intensiv die Angst Eures Hundes ist, wie sich das in der Situation so gestaltet. Anfänglich würde ich dem Hund wahrscheinlich auch die Leckerlies hinwerfen, aber je nach Tagesform und Geisteshaltung des Hundes, würde ich dann schon mehr von ihm fordern. Was passiert, wenn sich Dein Mann auf den Küchenboden setzen würde und das Leckerlie direkt vor sich auf den Boden legen würde? Kann der Hund so nah an Deinen Mann ran? Von sich aus?

    Nächster Schritt wäre, sich das Leckerlie auf's Bein zu legen. Wenn ihr Angst vor einem Biss habt, dann halt auf den Schuh.


    Je nachdem, wie sich die Situation gestaltet, könnte man auch dazu übegehen, dass Dein Mann die komplette Versorgung des Hundes übernimmt (z. B. in einem Urlaub, der allerdings in nächster Zeit stattfinden müsste). Der Hund sollte merken, dass es ohne Deinen Mann nicht mehr geht. Gassi gehen und Fütterung - konsequent nur noch Dein Mann. Dabei ist aber sehr viel Geduld gefragt, mit der falschen Geisteshaltung seitens des Menschen besteht die Gefahr, alles nur noch schlimmer zu machen.

    Er ist ihm auch schon in die Küche gefolgt, um dort ein Stückchen Käse abzustauben.

    Hey!

    Leider geht es in Deinem Eröffnungspost mit dem Personalpronomen "Er" etwas durcheinander. Im obigen Zitat ist jetzt der Hund Deinem Mann gefolgt, oder? Bei allen anderen Schilderung stand das "Er" für den Hund, oder?


    Der Hund hat eine unbekannte Vergangenheit und zeigt Angst vor Deinem Mann. Ich vermute auch, vor anderen Männern? Schon einmal ausprobiert?

    Ich finde, Du hast recht mit Deinem Einwand, dass beim kompletten Ignorieren keine Bindung entstehen kann. Die Frage ist allerdings, wie Dein Mann Kontakt zum Hund aufbaut. Du beschreibst eine Situation, wo sich Dein Mann neben den Hund gesetzt hat. Da bewegt sich Dein Mann auf den Hund zu. Andersrum wäre besser. Das braucht aber Geduld und eine entsprechende Ausstrahlung seitens Deines Mannes. Meiner Meinung ist viel gewonnen, wenn ihr es schafft, dass sich der Hund (neugierig) auf Deinen Mann zubewegt. Denn dann geht die Aktion der Kontaktaufnahme vom Hund aus.


    Wenn Dein Mann und der Hund in Kontakt sind (Du fragst nach, ob DU das Anbellen Deinem Mann gegenüber unterbinden solltest), solltest Du Dich meiner Meinung nach raushalten. Zum einen ist Bellen Kommunikation und muss nicht grundsätzlich unterbunden werden und zum anderen würdest Du ja auch den Kontakt in dem Moment blockieren. Die Frage ist, wie Dein Mann mit der Situation umgeht. Wenn ich mit einem bellenden Hund zu tun habe, der Angst vor mir hat, dann lasse ich ihn halt bellen. Der Hund braucht in dem Moment ein Ventil für seine Anspannung und er teilt mir ja auch durch die Art des Bellens seine Stimmung mit.

    Das Schöne daran ist doch, dass der Hund nicht in Panik ist. Diese Hund werden steif, verkriechen sich, würden am liebsten im Boden verschwinden und wollen mit der Welt nichts mehr zu tun haben. Ein Hund, der aus Angst bellt, ist nicht so tief in seiner Angst gefangen. Er setzt sich aktiv(er) mit seiner Umgebung auseinander. Häufig konnte ich beobachten, dass wenn man einem solchen Hund Zeit gibt, dass er irgendwann anfängt zu schnüffeln. Vielleicht stoppt das Bellen nur kurz, es wird kurz geschnüffelt und dann wieder verbellt. Aber es ändert sich sein Verhalten. In der Zeit sollte man ruhig und souverän bleiben, sich nach Möglichkeit auch nicht bewegen, nicht dem Hund in die Augen schauen, ihn auch nicht ansprechen oder gar anfassen wollen. Abwarten, ruhig bleiben und dem Hund die Zeit geben, sich über seine Angstgrenze zu wagen. Dabei verführerisch nach Leberwurst o. ä. zu duftem (weil man dies an verschiedenen Stellen bei sich verteilt hat) hilft. Es geht nicht unbedingt darum, den Hund auch sofort füttern zu wollen, sondern sich einfach nur interessant zu machen, damit die Neugier des Hundes seine Angst überwiegen kann. Hat der Hund es dann mal geschafft diese Grenze zu überschreiten - einfach ruhig und kommentarlos weggehen. Nur nicht zu viel wollen. In kleinen Schritten vorgehen. Lasst den Hund die Zeit, damit er "drüber nachdenken" kann.


    Das Schnappen solltet ihr tatsächlich unterbinden. So, wie Du es beschreibst, hört es sich doch schon ganz gut an. Jegliche Interaktion wird SOFORT abgebrochen. Sofort ist wichtig, damit der Hund es auch mit dem Schnappen verbinden kann. Bist Du ein paar Sekunden zu spät, verknüpft der Hund es evtl. mit etwas anderem. Mit etwas Glück hat er es einfach als Welpe nicht gelernt, hat es ihm kein Mensch beigebracht und das gilt es nachzuholen. Der befreundete Hund kann ihn ja offensichtlich gut lesen und steuern, das gilt es nachzuahmen. Da scheint ihr einen guten Lehrmeister vor Augen zu haben.

    Worin siehst du den Unterschied zwischen Angst und Unsicherheit?

    Angst = ich fürchte mich vor etwas, mir könnte etwas schlimmes passieren

    Unsicherheit = ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll; ich kenne das noch nicht und muss es erstmal abchecken

    Die Rute hat sie eingezogen und einen Buckel hat sie auch gezeigt, als die Trainerin dann auf der Couch saß. Dazu kam eine Bürste.

    So langsam kommen mehr und mehr Informationen. Leider nur häppchenweise.

    Rute eingezogen und Buckel - das sind deutliche Angstzeichen. Bellen und Bürste ist Aufregung. Das nach-vorne-gehen ist das aggressive Resultat aus dem Ganzen.


    @Langstrumpf hat vollkommen recht. Der Grund, warum ein Hund nach vorne geht, ist im Prinzip irrelevant. DU musst die Grenzen setzen und die Regeln erklären. Die bereits mehrfach erwähnte Hausleine hilft Dir bei der Durchsetzung und Kontrolle über sie zu bekommen. Wichtig ist bei all dem: Du musst dabei ruhig und bestimmt sein, nicht ärgerlich, frustriert, wütend, selber ängstlich oder unsicher. Das ist das Schwierige an Deinem Part.

    Die Kleine ist an der Tür sofort zu ihr, hat geschnappt ...

    :flushed_face:

    Das ist eine neue Qualität.

    Allerdings hört sich Deine Beschreibung für mich jetzt irgendwie noch merkwürdiger an. Sie geht bei Sichtung ( Du schreibst: "... an der Tür sofort...") direkt nach vorne, schnappt und verbellt dann über längere Zeit den Besucher?! Da mag vielleicht auch Angst eine gewisse Rolle spielen, aber bei solchen Beschreibungen wäre ich spontan eher bei "Territorial" oder "Unsicher".


    Wie verhält sie sich denn anderem Besuch gegenüber?


    Du hast irgendwann geschrieben, dass sie bei Gassigängen Menschen eher aufgeschlossen gegenüber wirkte. Das passt für mich nicht zu "... hat GROSSE Angst vor Menschen...". Wenn ein Hund GROSSE Angst vor Menschen hat, dann wird er still, klemmt die Route ein, buckelt, verpisst sich (evtl. sogar im wahrsten Sinne des Wortes, sprich: Beschwichtigungsurinieren).


    Wo ich mit der Hundetrainerin aber auf jeden Fall übereinstimme:

    Sie meint, dass sehr viel Arbeit auf die Kleine und mich zukommen wird und dass brenzlige Situationen sehr wahrscheinlich vorkommen werden.

    Zum hier diskutierten Thema "aversive Signale":

    An dem Thema ist grundsätzlich natürlich etwas dran, aber ab und an (z. B. hier in diesem Thema) kommt mir diese Diskussion etwas überbehütend vor. 99,x% der Hunde sind nicht aus Zucker und können auch ohne Bindung/Vertrauen ziemlich schnell erkennen, ob ein Mensch ihnen wohlgesonnen ist und wann dieser einfach einmal eine Grenze setzt. Solange das nicht in minutenlange Schimpftiraden wie auf dem Kasernenhof ausartet, wird ein Hund schon damit umgehen können. Ein "scht" verbaut einem sicherlich nicht den Weg zum Vertrauen des Hundes. Auch ein Schnalzen, um Aufmerksamkeit zu erregen. Auch einen ängstlichen Hund sollte man nicht (zu sehr) in Watte packen, denn dann besteht die Gefahr, dass man ihn in seiner Grundhaltung unbewusst bestätigt und somit in seiner Angst gefangen hält. In fast allen Fällen reicht ein normaler, respektvoller Umgang, bei dem das Hauptaugenmerk auf das gemeinsame, positive Erleben gerichtet ist.

    Ich wundere mich ein wenig über die Einschätzung der Hundetrainerin. Kommt hier so rüber, als ob das für Dich auch sehr überraschend kam und es klingt wie eine absolute Aussage, also dass das bei der Hündin grundsätzlich und immer so ist. An welcher/-n Beobachtung-en macht die Hundetrainerin das fest?


    Die Nachfrage, die Du an Kleinhundebesitzer gerichtet hast, ist nicht auf diese beschränkt, wurde ja bereits angesprochen. Ich finde dieses Verhalten auch nur zum Kotzen und geht mir auf den Sack. Bei kleinen Hunden ist der Unterschied zum großen Menschen nochmals intensiver, aber auch bei einem mittelgroßen oder sogar großen Hund kommt der Mensch bei einem solchen Verhalten immer von oben, in irgendeiner Form wird sich über ihn gebeugt. Und als nächstes kommt die Hand dann auch noch von oben. Selbst Hundebesitzer bzw. sogar erfahrene Hundebesitzer handeln nicht selten so. Am Wochenende war ich mit einer Bekannten unterwegs, die einen sehr souveränen Kanghal hat. Aber selbst der senkte minimal den Kopf, als irgend so ein Volldepp (selbst Hundebesitzer) im Vorbeigehen meinte, er müsse unbedingt Körperkontakt zum fremden Hund aufnehmen und beugte sich über ihn, tätschelte ihm von oben den Kopf. Am liebsten würde ich zu all diesen Schwachmaten hingehen und ihnen ebenfalls ungefragt auf der Rübe rumtätscheln.


    Die Frage war aber: was kann ich machen? Splitten! Bring' Dich zwischen Deinen Hund und den Tätschel-Onkel. Hunde kennen dieses Verhalten, nutzen es selber untereinander. Ich denke, wenn Du das ein paar Mal übst und Deine Hündin tatsächlich diese Menschenangst hat, dann wird sie das wahrnehmen und verstehen und dann auch gerne haben. Das fördert dann auch gleich Eure Bindung.


    Und zum üben von Menschenkontakten: such' Dir Leute, die wissen wie's geht, oder die Dir zuhören können und wollen, wenn Du ihnen erklärst, wie ein Kontakt zum Vorteil des Hundes geübt werden kann. Sollte Deine Hündin wirklich diese ausgeprägte Angst haben, dann sollte sich der Mensch hinhocken, seitlich - nicht frontal und auch keinen direkten Blickkontakt. Das Ganze ruhig und ohne Hektik. Kein: "Ja komm her. Ja komm doch. Na komm. Bla bla bla." Frei nach Dieter Nuhr: "Wenn's nix zu sagen gibt, einfach mal Fresse halten." Hände bleiben bei sich, es wird nicht nach dem Hund gegrabscht. Ich habe sie in solchen Situationen locker hängend zwischen den Knien, während meine Unterarme auf meinen Oberschenkeln ruhen. Und dann halte ich so lange still, wie der Hund an mir schnüffelt. Dabei ruhig und entspannt weiter atmen. Werde ich angespannt, stockt mein Atem oder sonst etwas, merkt das der Hund. Geht der Hund dann weg, drehe ich mich auch von ihm weg, stehe langsam auf und gehe ein Stück zurück. Auch das ist ein wichtiges Signal in Richtung Hund.

    Zeigt der Hund aus Nervosität/als Übersprungshandlung z. B. bellen, dann lass ihn halt bellen. Sind ja nur Töne, die tun keinem was.


    Ich gehe davon aus, dass wir bei Deinem Hund von keinem aggressiven Hund ausgehen. Dann kann man das so wie gerade beschrieben machen. Hast Du aber einen Angstbeißer, dann sollte man natürlich den Selbstschutz auf mindestens die gleiche Stufe stellen, wie das Hundwohl und seine Therapie. Dann wäre z . B. ein Maulkorb ratsam. Aber nach den bisherigen Beschreibungen sehe ich das hier nicht.


    Gruß

    Matthias

    Dann musst Du noch einen Schritt weiter zurück gehen und die Leinenführigkeit bei Dir in der Wohnung beginnen zu üben. Und dann, peu a peu, die Außenreize steigern. Evtl. sogar erst die Reize in der Wohnung erhöhen.


    Solange wirst Du wohl tauziehen müssen. :ka: