Beiträge von Digirunning

    Ich will mich mal mit einem Beispiel an der Diskussion beteiligen:


    Mein Rudi (Labrador) hat jetzt nicht deeeeen mördermäßigen Jagdtrieb, aber in den ersten 2 Jahren ist er im Wald eigentlich mehr neben dem Weg, als auf dem Weg gelaufen. Dafür gab's dann ständig Mecker.

    Kam es dann auch noch zum Wildkontakt (frischer Geruch oder gar Sichtung), wurden Jagdausflüge tiefer ins Unterholz gemacht. Wofür's natürlich auch wieder Mecker gab.


    Natürlich habe ich ihn auch gelobt, wenn er auf dem Weg lief, was auch dazu führte, dass er mehr und mehr auf dem Weg blieb und der immer seltener werdende Gang ins Unterholz beschränkte sich auf nur noch wenige Meter. Beim Wildkontakt ging aber immer noch die Post ab. Jagdtrieb = Bedürfnis!


    Jetzt habe ich vor ca. 1 Jahr mein Verhalten geändert. Sobald ich erkennen kann, dass er einen Geruch wahrnimmt, lobe ich ihn dafür, locke ihn zu mir und es gibt Leckerchen. Früher habe ich in dieser Situation mit "Ääääh" oder "Na!" (scharf betont) reagiert, also negativ. Ich habe also auf sein Bedürfnis negativ reagiert und es versucht zu unterbinden. Ging er dann trotzdem noch jagen, wurde das Gemecker natürlich noch größer.


    Als ich damit anfing, ihn für seine Jagdinstinkte zu loben, war sein Gesichtsausdruck zu putzig. Er war überrascht und machte den Eindruck, als könne er es nicht glauben. Der Alte meckert auf einmal nicht mehr. Inzwischen sind wir so weit gekommen, dass er auch bei hektischem Hin- und Herrennen (Reh kam von links aus dem Unterholz und hat die Geruchsspur nach rechts ins Unterholz gezogen), Nase abwechselnd auf dem Boden klebend und dann wieder hoch in die Luft reckend (er ist also hochaufgeregt), trotzdem noch zu ca. 90% ansprechbar ist und jetzt eben fast nie mehr ins Unterholz jagen geht.


    Ich interpretiere das in die Richtung, dass er es gut findet, dass seine Instinkte genutzt und mit Futter belohnt werden. Wenn es zur Sichtung kommt (Reh springt 50m vor uns aus dem Unterholz und verschwindet auf der anderen Seite des Weges), dann rennt er fast ausschließlich nur noch bis zu dieser Wechselstelle auf dem Weg, verbellt das Reh und nimmt Blickkontakt zu mir auf.


    Meine Verhaltensänderung, weg von aversivem Verhalten, hin zur positiven Verstärkung haben uns diesen Erfolg bescheert. Der Hund kann dabei seinem natürlichen Bedürfnis nachkommen, was durch den positiven Kontakt zwischen Hund und Herrchen in die passenden Bahnen gelenkt wurde.

    In diesem Fall war einfach keine Zeit dafür. Zwischen den beiden Hundekontakten lagen vielleicht 10 bis 15 sec. Wir schauten noch dem weggehenden ersten Hund nach, Rudi schnüffelte gerade noch an einer seiner Pinkelstellen und pinkelte dann hinzu, als bereits der nächste Hund kam.


    Ich bin aber nicht böse um diese Situation. Ich habe sehen können, dass wir gemeinsam einen Hundekontakt, der offensichtlich für meinen Hund unangenehm war, ohne Ausraster meistern können, aber gleichzeitig konnte ich sehen, wie dünn dann die Frustrationstoleranz direkt danach erstmal ist.


    Hätte da jetzt vielleicht eine Zeitspanne von 5 min dazwischen gelegen, dann hätten wir vielleicht gemeinsam schon wieder ein oder zwei Löffelchen aufarbeiten können. Ich denke, nach diesen wenigen Sekunden war der Adrenalin-/Cortisol-Spiegel etc. einfach noch zu hoch.

    Gestern ist meiner mal wieder ausgerastet.


    Wir gingen aus dem Haus und nach nicht einmal 50m kam uns ein Hund entgegen, dessen Frauchen eigentlich an der Stelle in eine Seitengasse abbiegen wollte. Diesen Plan teilte aber nicht ihr Hund. Er stand stocksteif da und fixierte meinen. Mein Rudi wurde langsamer und er begann aus ca. 20m Entfernung mit dem Meidebogen. Den bin ich auch schön brav und ohne Spannung auf der Leine mit ihm gegangen. Auf gleicher Höhe reichte meinem Hund nicht die Straßenbreite plus Parkstreifen, es musste sogar noch auf den uneingezäunten nachbarlichen Vorgarten für ca. 2m ausgewichen werden. Zudem stand auf dem Parkstreifen noch ein Auto. Als wir hinter diesem wieder hervorkamen und somit am fremden Hund vorbei waren, war mein Rudi nicht mehr so angespannt, deeskalierte schön mittels Blickabwenden und Züngeln. Das Frauchen hielt ihren Rüden mit angespannter Leine, obwohl diese Spannung nicht nötig war. Als ich sie darauf aufmerksam machte, verstand sie mich falsch und wollte schon die Leine ausklinken, was ich ruhig verbal unterbinden konnte. In dem Moment fragte ich mich, was die Frau alles nicht über Hunde weiß, dass sie ihren Hund ableinen und zu meinem Hund lassen wollte. Auf jeden Fall ging sie dann und alles war gut.


    Da es regnete und mein Rudi schon 3x das Bein gehoben hatte, obendrein auch keine Anzeichen machte, unbedingt noch weiter gehen zu wollen, drehten wir um und gingen die knapp 80m zurück nach Hause. Jetzt kam uns aber wieder ein neuer Hund auf der Straße entgegen. Dieser war in Bewegung, ich konnte kein Fixieren und auch keinen größeren Muskeltonus beim Hund erkennen, aber offensichtlich war es für meinen Rudi einfach zu viel, nachdem er noch unter der Anspannung von der ersten Begegnung stand. Obwohl dieser Hund in meinen Augen eigentlich einen recht friedlichen Eindruck hinterließ, tickte meiner jetzt komplett aus. Wir waren zwar in eine Einfahrt ausgewichen, ich hatte also wieder den Abstand vergrößert und war gerade dabei, mich neben ihn zu hocken, damit wir uns den anderen Hund in Ruhe hätten anschauen können, da platzte meinem Hund der Kragen. Wildes Gebelle, Zähne fletschen und natürlich voll in die Leine springen.


    Na ja, ich hatte mir ja 1 und 1 schon zusammengezählt und kaum war auch der Hund an uns vorbei, war schon wieder Stille. Da hat mein Wuffi den zweiten Hund als Ventil für den ersten Kontakt miss-/gebraucht.

    Zitat

    Ich habe ihn in der Situation vorhin von seinem Bettchen weggerufen und ihm dann einen Kauknochen gegeben, weil ich mir schon gedacht habe, dass er das grad braucht. Dadurch entstand dann danach die andere Situation

    Verstehe ich das jetzt richtig? Du nimmst wahr, dass er etwas zum Kauen braucht, nimmst es ihm dann aber wieder weg?

    Warum? Nur, um des Wegnehmen-Könnens wegen? Irgendein Dominanzgedanke deinerseits?

    Lass' ihm doch das, was er gerade braucht und übe mit ihm das Wegnehmen-können in ruhigen Situationen.

    Hey!

    Ich habe dann vorsichtig nach dem Knochen gegriffen - da hat er geknurrt

    Oh, da bist Du aber mutig. Für so eine Handlung habe ich mir vor Jahren als Neuling auch mal einen Abschnapper in die Hand eingefangen. Der Ball lag damals unter dem Kinn der Hündin und sie zuckte vorher schon mit den Lefzen. Der Besitzer wollte seinen Hund damals dafür schimpfen, ich habe ihn aber davon abgehalten, weil es klar mein Fehler war und ich die Kommunikation des Hundes nicht beachtet habe.


    Dinge, die Du dem Hund wegnehmen willst, sollten vom Hund nicht mehr beansprucht werden. Dies kommuniziert der Hund am besten, indem er vom Objekt weggeht. Hat er es noch im Maul, steht er darüber/davor, fixiert er es noch mit dem Blick, hat er es noch nicht frei gegeben. Das kann dann zu einem Biss führen.


    In Deinem Fall wäre mir das Tauschgeschäft, so wie Du es beschreibst, nicht sicher genug gewesen. Du "fuchtelst" mit beiden Händen vor seinem Maul herum. Da hat er gleich 2 Ziele, in die er schnappen kann. Dann wäre er, würde er den Knochen in Deine offene Hand fallen lassen, nur wenige Zentimeter von der Ressource weg, wenn er sich Dein Leckerchen abholt, also kann diese Nähe zum Objekt für ihn immer noch Anlass genug sein, diese weiterhin zu beanspruchen. Obendrein: woher weiß Dein Hund, was die offene Hand unter dem Maul für eine Bedeutung hat?!


    Ganz allgemein: der junge Herr ist in der/kommt in die Pubertät. Wie heißt es hier so schön: da haben die nur noch bunte Knete im Kopf. Außerdem lernst Du das Wesen Deines Hundes gerade kennen, wenn es nicht von Angst überlagert ist. Sollte er sich also irgendwann an die Außenwelt gewöhnt haben, wird er vermutlich das Verhalten auch dort zeigen. Mach' also nicht den gedanklichen Fehler, dass er sich draußen toll verhält. Nö, tut er nicht, es ist nur die Angst, die ihn hindert sich frei zu benehmen.


    Das Buddeln und Zerfetzen des Körbchens/der Decke war hier schon vor kurzem woanders schon einmal Thema. Es ist ein Stück weit normal, dass ein Hund sich sein Nest/seine Höhle baut. Wenn er überm Strich ist und, wie Du sagst, die Decke auch frisst (Du meinst runterschlucken?!), dann braucht er diese Tätigkeit höchstwahrscheinlich und Du müsstest ihm eine Alternative anbieten. Kauholz, Kauknochen etc. Über Kauen können sich Hunde beruhigen. Und da Du ihn ja gerne ruhig hättest...


    LG
    Matthias

    Ich habe anfänglich auch Spot-on-Tropfen genutzt, hatte aber ein blödes Gefühl dabei, weil es heißt, dass das Mittel vom Organismuns aufgenommen wird. Mit dem Seresto-Halsband habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht. Und bei dem heißt es, dass das Mittel auf dem Fell und in der obersten Hautschicht bleibt und nicht tiefer dringt.


    Auf jeden Fall ist die Wirkung gut bis sehr gut. Am Wochenende gehe ich fast immer mit einem Kumpel und dessen Hund. Meiner hatte 0 Zecken, der Kumpelhund an einem Samstag Morgen 30!!!!! Innerhalb nur einer Stunde! Seitdem dieser auch das Halsband trägt, ist die Zahl extrem in den Keller gegangen. Man muss dazu sagen, dass der Hund meines Kumpels buddelt, wann und wo er nur kann, meiner hat mit der Buddelei nix am Hut. Aber sie stromern halt beide zusammen durch die selben Wege und Wiesen und wenn Luca buddelt, kriegt mein Rudi den Buddelauswurf auch schon mal ins Gesicht geschmissen, wenn er zufällig im Weg steht.

    Ich glaube, Du fühlst Dich hier gerade ziemlich in die Ecke gedrängt. Einige Kommentare können angreifend gemeint sein, evtl. fehlt aber auch nur begleitende Mimik und Betonung, dass sie nicht so bierernst gemeint sind.


    Wenn Du Deinen Hund in so vielen Situationen, teilweise mit so hohem Ablenkungsreiz, abrufen kannst, dann hast Du da doch viel erreicht und das finde ich super. Ich finde auch, dass ein Hund auf ein Reh reagieren darf. Und wenn er dann aber abrufbar ist, obwohl er schon ins Jagen übergegangen ist, dann ist das doch aller Ehren wert! Respekt! Das können nicht viele von sich behaupten.


    Du hast hier jetzt unterschiedliche Meinungen und Herangehensweisen gelesen. Ich wäre dafür, die beiden daran zu gewöhnen, dass sie ihr Verhalten aus der Tagesstätte auch in Begleitung beider Herrchen/Frauchen zeigen dürfen. Mir persönlich wäre es zu stressig, auch wenn es nur 1 - 2 mal pro Woche ist, das Thema zu managen.

    Andere plädieren dafür, Deiner Hündin einfach eine Lieblingsfeindin zu gönnen. Auch eine Möglichkeit. Ich selber stehe auch nicht auf dem Standpunkt, dass alle Hunde sich mögen müssen und unbedingt miteinander spielen können sollen. Ist Quatsch. Läuft unter uns Menschen ja auch nicht so.


    Pick Dir jetzt die Maßnahme heraus, die am besten zu Dir und Deiner Hündin passt. Wie schon so häufig gesagt: es gibt nicht DEN einen Weg.


    LG
    Matthias

    Zitat

    Nur ist es als Halter*in nahezu unmöglich diesen Moment abzupassen.

    Absolut nicht. Wenn man seinen Hund kennt, ist das wirklich keine Atomphysik.

    Na ja, meine Hundetrainerin warnte immer davor, dies ohne konkrete Anleitung von ihr selbst zu versuchen. Man muss den richtigen Moment abpassen ist das Erste. Dann muss man auch wissen, wann man wieder aufhören muss. Einige spritzen noch, wenn der Hund schon längst im Meideverhalten ist, nach dem Motto: na, da ist aber doch noch was in der Flasche drin. Dann sollte es so passieren, dass es für den Hund aus heiterem Himmel kam, Herrchen und Frauchen sollten nicht mit der Flasche verknüpft werden. Um nur 3 Aspekte zu nennen. Ich habe sie selber nie eingesetzt, will das auch gar nicht und weiß daher nicht mehr darüber. Wahrscheinlich gibt's sogar noch mehr zu beachten.