Bisher hatten wir zwei Kennenlernrunden im Verein. Das Training beginnt diesen Samstag. Nun ja, wir sind in den privaten Stunden mit unserer Trainerin vier Mal auf der Wiese gewesen. Egal was wir gemacht haben, Murphy hat gezogen. Dann meinte sie, er müsse in den nächsten Wochen an der kurzen Leine laufen, was für ihn anstrengend sein wird. Das war es für uns alle. Leberwurst, Käse, Stehenbleiben und Richtungsänderung, all diese Methoden haben keine Wirkung gezeigt, auch nicht nach den sechs Wochen. Und glaubt mir, wir hätten das auch noch deutlich länger so geübt.
"Allein schon das Wort Unterordnung ist nicht mehr zeitgemäß.. Ziemer und Falke nannten mal einen anderen Begriff dafür.. wenn mir der jetzt mal einfiele.. "
Den Begriff habe ich von meinem Stiefvater so übernommen. Wir hatten ja recht viele Gespräche vor dem Training geführt und erzählt, dass Murphy zu Hause super lieb ist. Draußen jedoch jeder Spaziergang ein Horror ist. Das er jeden anspringt und überall hinzieht. Er macht draußen eben das was er will. Und da hat mein Steifvater gesagt, dass Murphy sich uns in dieser Situation unterordnen muss, sonst wird das in der Zukunft irgendwann schiefgehen. Bis er dann jemand anspringt und verletzt. Grade im Dorf wo wir wohnen, sind die Menschen Dobermännern eher skeptisch gegenüber und ob wir das wirklich wollen. Ein Vorfall und das Dorf ist gegen uns. Irgendwo gebe ich ihm da ja auch Recht. Murphy soll ja kein Roboter sein und das ist er ja auch nicht. Nur muss sein sehr starker Wille zu unser aller Sicherheit etwas eingeschränkt werden.
"Bei so einem Jungspund verwächst sich so eine Macke. Man soll nicht alles überbewerten. Nobody is perfect."
Das hat unsere Trainerin auch gesagt. Ich habe ja bereits geschrieben, dass Murphy bereits als Welpe recht oft am Hosenbein hing. Bis heute kommt diese Situation im Vergleich zu früher extrem selten vor. Vielleicht geht es von alleine noch ganz weg, aber vielleicht auch nicht... . Meine Frau war schon sehr verzweifelt und während unsere Trainerin hier war, hat Murphy sie nie gebissen. Sie konnte die Situation nur in der Theorie hören und in der Praxis nicht sehen. Diese "Macke" - auch wenn sie sicherlich ihre Ursache hat - ist für meine Frau kein Spaß mehr. Vom Garten bis ins Haus, dann noch die Haustür öffnen und Murphy am Hosenbein, dann ins Wohnzimmer bis zur Sprühflasche ist ein langer Weg. Wir wussten uns bisher ohne die Sprühflasche nicht zu helfen. Unsere Trainerin hatte außer den Raum zu wechseln keine Alternativen. Meiner Frau kam es auch so vor, als ob sie das Ganze nicht so ernst nimmt. Wir haben im Welpenalter aus Unwissenheit unsere Hände eingesetzt, Murphy weggeschuppst, beim Springen das Knie vor und das alles machte es nur noch schlimmer. Heute setzten wir nichts davon ein, das Murphy dann gar nicht mehr aus dem Verhalten rauskommt. Das sind Mal 20 Sekunden und manchmal dann auch 1 Minute bis zur Sprühflasche. Ich hoffe, ihr könnt unser Verhalten wenigstens etwas nachvollziehen. Es passiert zum Glück recht selten, aber auch einmal am Tag muss ja nicht sein. Da es mit der Sprühflasche so gut funktioniert, haben wir das so beibehalten. Sie kommt auch bei nichts anderem zum Einsatz. Wir werden jetzt dank eurer Tipps andere Wege ausprobieren. Bis aber etwas fruchtet, wird sich Murphy zwischendurch weiter am Hosenbein verbeißen. Das ist aber sehr unangenehm und die Sprühflasche ist leider die Rettung.
"Ich frage mich hier die ganze Zeit eins: Nach Deinen Schilderungen ist es vorwiegend oder gar fast nur Deine Frau, bei der er das problematische Verhalten zeigt. Wenn das so ist, warum meldet sich Deine Frau nicht hier an und tauscht sich aus? Es ist viel sinnvoller, wenn die hauptsächlich Betroffene direkt die Situationen schildert, in denen das Verhalten auftritt und wie sie reagiert. Über einen „Mittelsmann“, der ganz logisch auch eigene Vorstellungen hat, geht doch gerne mal was verloren."
Meine Frau sitzt neben mir am Schreibtisch und liest immer mit. Die Antworten die ich hier schreibe, stammen auch von uns beiden.
"Wer von Euch führt den Hund im Alltag denn üblicherweise? Teilt Ihr Euch das, macht Ihr das zusammen oder ist da überwiegend einer mit befasst? Geht Ihr die gleiche Linie? Macht vorwiegend einer von Euch Training/Ausbildung mit Trainer oder wie läuft das?"
Morgens immer meine Frau, in der Firma gehe ich, bzw. Training mit mir, dann am Nachmittag wir immer zusammen Spazieren oder Training. Abends die fünf Minuten im Garten sind wir auch immer zusammen draußen. Und ja, wir nutzen beide die gleichen Signale. Bitte nicht meckern! Ich schreibe grade ehrlich wie es bis gestern noch war. Wir werden jetzt alles deutlich reduzieren und das Training überdenken.
"Ich denke eher, man glaubt das sei der einfachere Weg. Der andere Weg, mit positiver Bestärkung und vernünftigen Aufbau ohne tierschutzrelevante Elemente, der dauert schlicht zu lang und ist anstrengend."
Vielleicht klang mein Geschriebenes so. Lang und anstrengen ist das gemeinsame Zusammenleben mit Murphy. Er ist aber ein toller Hund und wir werden niemals aufgeben. Hätten wir nicht die Zeit, den Platz in Form einen großen Hausen mit sehr großen Garten, aber vor allem die Zeit mit ihm was zu machen, dann hättenwir uns keinen Dobermann geholt. Wir investieren viel Zeit und scheuen auch vor keinen Anstrengungen. Wir wussten und wissen letztendlich nicht, was wirklich der richtige Weg ist. Haben wir diesen, dann gehen wir den auch, so lange wie es nötig ist.
"Du stehst zwischen ganz verschiedenenTrainingskonzepten. Das ist für Ersthundehalter sehr verwirrend. Da dir die eigenen Erfahrungen noch fehlen, kannst du zwar einige schnell sichtbare Wirkungen sehen oder auch das Fehlen von schnellen Erfolgen, aber die Nebenwirkungen kannst du in ihrem Ausmaß noch nicht erfassen."
Deshalb sind wir auch für Kritik offen, auch wenn das gestern evtl. anders klang.
"Was ist eigentlich das Ziel von eurem UO Training? Fußarbeit für den Sport oder Leinführigkeit im Alltag? Im schlimmsten Fall versaut ihr euch so beides."
Als Laie lass ich jetzt den Begriff einfach mal weg. Wir wollen mit Murphy spazieren gehen, ohne das meine Frau hinfällt oder sich wieder den Knöchel verstaucht. Also Leinenführigkeit. Sonst darf er eigentlich so viel Hund sein wie er will.
"Sabine Winkler: "So lernt mein Hund: der Schlüssel für die erfolgreiche Erziehung und Ausbildung"
Ist bestellt. Aktuell lese ich das vierte Buch von Cisar Millan.
"Zwischen etwas gut finden und machen wollen und etwas wirklich glaubhaft ausstrahlen, liegen Welten.
Der Hund kauft Ihnen das Getue nicht ab und da liegt das Problem.
Das haben wir aus den Büchern von Cisar Millan gelernt und wir arbeiten sehr viel an innerer Ruhe und Souveränität. Ist aber nicht einfach "
Der Hund als unser Spiegelbild, da ist was Wahres dran.
"Empfindest du eure beschriebene Trainingsmethode als fair, Luphan ?
Hast du das Gefühl, euer Hund versteht, was ihr möchtet und tut diese Dinge gerne für euch?
Ergibt es für dich instinktiv Sinn, ohne Belohnung zu arbeiten?"
Gute Frage!
Bisher empfanden wir es nicht unfair und Murphy hat bei dem Training super mitgemacht. Schon nach einigen Tagen wusste er recht schnell was wir von ihm verlangen. Klar, es gab auch Tage da hat er sich draußen auf den Rücken gelegt und die Leine gebissen. Da haben wir aber niemals mit einem Ruck gearbeitet. Wir haben gewartet bis er aufgehört hat, oder ihn mit Ablenkung zum Aufstehen motiviert. Danach hat er wieder mitgemacht. Ob er das wirklich gerne tat? Das weiß ich wirklich nicht. Das Arbeiten mit Belohnung haben wir bei diesem Training weggelassen, da es vorher mit Belohnungen nie geklappt hat. Sobald die Belohnung gegeben wurde, preschte er wieder nach vorne. Ach ja, an der Schleppleine immer mit Geschirr!
In allen anderen Bereichen gibt es Leckerlies. Das funktioniert das auch so gut wie immer. Deshalb haben wir das immer ganz bewusst getrennt. Das eine ohne Leckerlies und das andere mit. Nachdem ich einige der Bücher von Cisar Millan gelesen habe, konnte ich auch gut nachvollziehen warum Leckerlies nicht immer zum Erfolg führen. Wir werden das Training verkürzen und ab sofort Leckerlies und mehr Lob einstreuen.
"Also bereitet euch auf diese Situation vor. Deine Frau kommt nach Hause, stellt das Auto ab. Und in dem Moment schon sagst du dem Hund, was er zu tun hat. Du kannst ihm in dem Moment was zum Kauen geben. Du kannst ihn ins Körbchen schicken und dort anbinden, sollte er noch nicht selbstständig dort bleiben können. Das ist etwas, das er tut, anstatt zu beißen."
Werden wir ausprobieren.
"Das meine ich überhaupt nicht provokant, sondern es würde mich wirklich interessieren! Ich lese aus den Beiträgen bisher zwar raus, dass ihr sehr bemüht seid, den richtigen Weg zu finden (toll!). Dass ihr probiert und auf gewisse Weise reflektiert. Aber bei der Bewertung der Methoden lese ich bis jetzt immer nur das Kriterium, ob es 'funktioniert' oder nicht."
Ich gebe dir vollkommen Recht und nehme auch nichts provokant auf. Danke!
Ja, die Bewertung lag tatsächlich auf dem Erfolg. Vor allem aber auch, weil dieses Training komischerweise auch Auswirkungen auf den Alltag hatte. Murphy war viel ruhiger, lief nicht mehr ständig im Haus rum, legte sich von alleine auf die Decke und wirkte auch uns viel ausgeglichener als vorher. Keine Ahnung warum... . Irgendwie haben wir dann gedacht, dass er sich durch das Training allgemein mehr unterordnet und weniger Aufmerksamkeit im Alltag einfordert. Deshalb ergab unsere persönliche Reflektion, dass es mit dem Training zusammenhängen muss. Quasi ein voller Erfolg auf ganzer Linie. Nun wissen wir, dass es komplett falsch war.