Also, zum Thema "Angst" gebe ich gerne mal unsere Erfahrungen weiter.
Unserer hat, bevor er zu uns kam, schon viel kennen gelernt (Menschen, Kinder, viele verschiedene Tiere, laute Maschinen, viele Untergründe). Wir haben sehr viele Videos bekommen, wo man ich gesehen hat, wie toll sich die Züchter gekümmert haben und wie "normal" und neugierig die Welpen wirkten.
Dennoch hatte er Angst, auch vor Dingen, die er wirklich erwiesenermaßen kannte. Z.B. an Putzeimern vorbei gehen oder durch nur halb geöffnete Türen zu gehen.
Er wollte, bis er ca. 14 Wochen alt war, auch wirklich nicht unser Grundstück verlassen. Wir wohnen ländlich, bei uns auf der Straße hat er nicht wirklich sooo viele krasse Dinge erleben müssen ;-)
Uns wurde auch oft gesagt, das sei nicht normal - nur was soll man tun? Ihn zurück bringen?
Es hat uns in Panik versetzt, bis wir eine Frau mit einer wirklich tollen Terrierhündin trafen (9 Monate) und die Frau erzählt hat, dass ihre Hündin bis zum Alter von 6 (!) Monaten nur sehr ungern raus wollte. Da haben wir uns entspannt.
Insgesamt lief es so ab:
Nach einigen Tagen Eingewöhnung wurde er auf dem Arm nach draußen getragen. Dort hat sich einer mit ihm auf eine kleine Mauer etc. hingesetzt und ihn nur beobachten lassen. Autos, Baufahrzeuge, Radfahrer, Fußgänger, etc. durfte er auf dem Schoß einfach nur aus sicherer Entfernung beobachten.
Alle ca. zwei Tage fuhren wir dann z.B. zu einer anderen Wiese, haben ihn dort erkunden lassen, aber nur, so lange es ihm keine sichtbare Angst mache.
Besuch wurde dann auch mal eingeladen, mit dem Hinweis, ihn kommen zu lassen und nicht zu bedrängen, etc.
Nach und nach gab es dann irgendwann Besuche in der Tierhandlung (beim ersten Mal auf dem Arm), in einem ruhigen Café, in Restaurants.
Irgendwann ging es in die Stadt (Kleinstadt) und mal zu einem kleinen Bahnhof (witzigerweise fand er Züge (!) total interessant!).
Zwischen diesen Ausflügen war dann aber immer mind. ein Ruhetag!
Anfangs hatte er eine Phase, da hat er bei Fußgängern leise "wuff!" gemacht ("Komm bloß nicht näher!"). Also wurde generell der Abstand vergrößert, damit es nicht seine Strategie wird, Leute zu verbellen. Daraufhin hat das komplett aufgehört.
Er geht, seit er ca. 4 Monate alt ist, unbeeindruckt weiter, wenn Jogger, Reiter, Rollerfahrer, Radfahrer, laute Kinder, etc. vorbei gehen.
Wir haben auch immer jeden Blick zu uns gelobt und belohnt, woraufhin er immer öfter in gruseligen Situationen zu uns geschaut hat, gelobt wurde und dadurch irgendwie abgelenkt wurde.
Irgendwie wurde es schlagartig besser, als er anfing, sich für Duftmarken zu interessieren und er auch sein Bein gehoben hat. Vielleicht Zufall, vielleicht aber auch einfach die normale Reifung. Das war so zwischen 4 und 5 Monate.
Er ist jetzt etwas über ein halbes Jahr, und Dinge, die selbst vor ein paar Wochen noch etwas schwierig waren (Tierarztbesuch, Besuch in einem Laden, Aufzüge, elektrische Schiebetüren), meistert er jetzt so, als wäre es nie ein Problem gewesen.
Er ist sicherlich dennoch kein "Haudrauf", er ist einfach ein ruhiger Kerl, aber selbst als die oft zitierte sensible Phase vorbei war, hat sich noch so viel getan (eigentlich sogar mehr als in der Phase selbst).
Ich kenne Junghundbesitzer, die auch Schisser haben und eine andere Strategie wählten ("Da muss er durch!" - "Wir fahren jetzt nach München mit ihm" - "Er muss täglich möglichst viele Menschen sehen".) Ich kann nicht feststellen, dass das besser war, denn dort gibt es leider jetzt noch große Probleme (Angstbellen bei Tieren und Menschen).
Mit anderen Worten:
Lasst ihm noch ein paar Tage Zeit, dann lasst ihn die Umgebung auf dem Arm kennen lernen und geht mit seinem Tempo mit.
Noch ein Edit: Ich weiß nicht, ob man die Gewöhnung an draußen groß beschleunigen kann. Sicherlich kann mal vieles richtig oder falsch machen und den Hund unterstützen. Aber rückblickend denke ich echt, dass es eher der Reifungsprozess ist, der viel bewirkt.
Ich würde ihn jedenfalls zu nichts zwingen, also nicht "weiter schleifen", wenn er eh schon wimmert.
Vielleicht gibt es Tageszeiten, in denen es nicht so schwierig für ihn ist. Dann würde ich lieber dann raus gehen.
Bei uns war das interessanterweise bei Dunkelheit. Da ging er am ehesten mit raus. Vielleicht waren ihm die "Tagesreize" einfach zu viel? Wer weiß das schon.