Wir haben auch einen Zwergpudel, 5 Monate alt.
Da unser Senior ebenfalls ein Pudelmix ist und zu Nervosität neigt, waren wir beim Kleinen sehr vorsichtig.
Er kam mit knapp 10 Wochen und war immer am rumrennen und hat gefühlt nie geschlafen und sogar Stressverhalten gezeigt wie exzessives Schwanzjagen. Und bei uns ist es auch ruhig! (Keine Kinder, ländliches Umfeld).
Wir haben dann so lange mit allen Zusatzaktivitäten gewartet, bis er wirklich angekommen war und sich auch von sich aus mal Ruhe gegönnt hat.
Selbst das mit der Welpenschule haben wir eingestampft, weil er auch so ausgewählten Hundekontakt hat. Uns erschien es nicht sinnvoll und realitätsfern, zusammen mit irischen Wolfshunden, Labradoren und Border Collies in einem kleinen eingezäunten Gebiet bei 3 Grad und Nässe irgendwelche Übungen machen zu müssen.
Wir haben viel für Ruhe gesorgt, bestimmte Verhaltensweisen (wie Bellen aus Frust oder Aufmerksamkeits-Heischen) ignoriert, Aufgedrehtheit umgelenkt in ruhige Aktivitäten.
Triggern wie Türklingel, Hundegebell von draußen, Kindern, die auf ihn zurannten, sind wir mit viel Ruhe bzw. "Nicht-Reaktion" begegnet. Er bellt nach wie vor nie, wenn es an der Türe klingelt - unser Senior hingegen schon ;-)
Wir gehen lieber nur kurze Runden, dafür aber auch mit sehr viel Zeit zum Schnüffeln und Bestaunen von was-auch-immer. Gestern war es eine Amsel. Die musste er einfach 10 Minuten beobachten. Warum auch nicht? Ihn stattdessen noch zwie Kilometer weiter zu schleifen erschien mir nutzlos. Danach hat er stundenlang geschlafen! Daran merkt man, welche Kleinigkeiten das Hirn beanspruchen.
Oder wir fahren in eine reizarme Umgebung, wo er rennen kann und nicht überflutet wird, v.a. eben auch mit sozialen Reizen, die ihn ebenfalls überfordern. Treffen uns abwechselnd mit jeweils nur einem anderen (netten) Hund (davon zwei Junghunde im selben Alter, ein ruhiger Mops und zwei ältere Hündinnen).
Mit sozialen Reizen gingen und gehen wir so um, dass wir uns oft ruhig mit ihm irgendwo hinsetzen und ihn einfach beobachten lassen. Nicht mit ihm reden, einfach nur da sind. Wir gestalten das immer so, dass er den ersten Schritt machen kann, aber nicht muss.
Klar, nicht immer kann man es vermeiden, dass ihn doch mal jemand anspricht, aber wir forcieren das nicht. Er hat dennoch Kontakt zu Menschen, wir bekommen ja auch Besuch. Aber auch da sagen wir, dass er den ersten Schritt machen soll. Und - oh Wunder - dann ist er absolut "normal" und fiddelt überhaupt nicht rum! Das tut er aber sehr wohl, wenn ihn wieder mal irgendwelche alten Tanten (sorry) auf der Straße bedrängen.
Das alles hat halt schon viel früher stattgefunden als bei Euch. Ich weiß auch nicht, ob und wie man das ggf. wieder in ruhigere Bahnen lenken kann.
Aber als Tipp kann ich vielleicht noch geben, mal probeweise 2-3 Tage aus Eurer Sicht langweilig zu gestalten. Einfach mal wohin fahren, wo nicht viel passiert, sie machen lassen. Zuhause mal anderen Dingen nachgehen.
Wir haben oft bei unserem festgestellt, dass er an den Tagen, an denen wir einfach mal selbst keine Zeit haben, uns viel mit ihm zu beschäftigen, noch entspannter ist. Das spricht Bände!
Anfangs waren wir - aber nur ganz kurz - auch in blanker Panik, weil wir nichts verpassen wollten. Nur bringt es nichts, den Hund mit irgendwelchen "Sozialisierungs-Checklisten" zu überfordern, wenn sein Tempo einfach ein anderes ist.
Alle um uns rum sind gefühlt nur damit beschäftigt, ihre Hunde "auszulasten". Aber die Frage ist: Wenn man zusammenlebt, die Hunde dabei sind, man mit ihnen draußen etwas gemeinsam entdeckt, sie auch mal rennen können und auch mal Kontakt zu Artgenossen haben: Braucht man da bei Gesellschaftshunden wie Pudeln noch so viel mehr? Ich bin da sehr skeptisch.
Unser älterer Pudelmix wurde erst dann entspannter, als wir das "Programm" massiv abgebaut haben. Wir hatten in sieben Jahren noch nie ein Problem mit ihm, außer dass er zugegebenermaßen mal nen Schäferhund ankläfft oder eben anschlägt, wenn es an der Türe klingelt. Sonst ist er einfach glücklich, uns um ihn zu haben.
Wenngleich unser Kleiner noch Vieles draußen noch nicht souverän meistern kann (er würde nach wie vor mit mir nicht freudig am Bahnhof rumlatschen), bellt er kaum, knabbert wirklich nie was an, hört gut, schläft durch, hat so gut wie keine Zoomies, ist einfach in seinem sicheren Rahmen ein entspannter, freundlicher und interessierter Hund. Das Andere machen wir nach und nach.