Kann auch gut sein, daß da Kontrollettitendenzen mit dabei sind, nach den Erfahrungen.
Das wollte ich zuallererst schreiben!
Nova und Darko haben zwar eine unterschiedliche Biografie, aber es könnte Überschneidungen geben:
Mit 8 Wochen alleine auf er Straße gefunden worden, in TH1 gekommen, mit 9 Wochen mangels Kapazitäten von TH1 in TH2 gekommen, mit 5.5 Monaten zu mir gekommen. Das war im März '22. Gerade die letzten Zähnchen verloren, kurz vor Pubertätsbeginn, frühreif.
Natürlich habe ich angefangen, das Alleinebleiben zu üben - blieb mir alleine wohnend ohne Partner*In/Eltern/HH-Freund*innen ums Eck ohnehin nichts anderes übrig. Es war ein Drama. Erster Rückfall als ich unerwartet beim Zahnarzt viel länger warten musste.
Ende '22 gingen ~30min Einkaufen und alles im Haus (Keller etc.). Dann war ich 2 Monate in der Klinik und konnte danach fast wieder bei 0 anfangen. Sobald ich nur Anzeichen machte, die Bude zu verlassen, stand Darko parat.
Ab hier habe ich wirklich super intensiv recherchiert, mit Trainer*innen gesprochen, trainiert, Protokoll geführt und und und. Ab Mai zeigten sich immer wieder mal Fortschritte, nicht linear natürlich und Rückfälle gab es sowieso immer mal. Ab Juni wurden die Rückfälle immer weniger und weniger, Juli/August konnte er sogar 2-3/Monat mal die 1h knackend gut alleine bleiben.
Ende August bekam er (nicht wegen dem Alleinebleiben!) den ersten Suprelorin-Chip. Das bewirkte einen Rückfall, bei dem ich wirklich extrem verzweifelt war - wie soll unser Leben so weitergehen? Ich plante schon 1.5 Jahre mein ganzes Leben um den Hund drumherum und mangels Auto gab es nur die Option mitnehmen oder Hundesitter. Darko ist nicht wie Nova, aber auch den konnte und wollte ich nicht komplett unerfahrenen Leuten in die Hand drücken, die nur ein niedliches braves Hündchen zum Kuscheln erwarten.
1 Monat später ging es auf einmal wieder wie zuvor und ich konnte Häufigkeit wie Dauer weiter ausbauen. Am 11.10., an seinem 2. Geburtstag, hat Darko mir das schönste Geschenk überhaupt gemacht und war knapp 3.5h problemlos alleine, die Woche später sogar 6h in 2 Etappen! Nur drei Rückfälle im Oktober, 1x im November, 0x im Dezember. 1-2h entspannt alleine sein, selten mal 2-3h.
Dann war ich 2 Monate größtenteils mit Hund bei meinen Eltern, da ich dort auf Besuch an Corona erkrankte und es mir wirklich schlimm ging. So ging es Anfang '24 wieder (gefühlt) von vorne los, als wir wieder Zuhause waren (Umstellung, bei meinen Eltern war er nie alleine etc.). Ich war noch verzweifelter als je zuvor. Mit allem hatte ich gerechnet aber nicht damit, dass ich einen Hund mit über 2 Jahren habe, der nicht alleine bleibt. Es gibt wenig, was so einschränkt wie diese Problematik.
Also wieder von vorn im Schnelldurchlauf wieder geübt und aufgebaut. Ab April/Mai wurde es wieder überwiegend positiv, im August gab es ein paar sehr merkwürdige unerklärliche Rückfälle, danach wieder bergauf. 1x bzw 2x Rückfall im September/Oktober. Dafür 3x im Monat 2-3h alleine, ein mal sogar 5.
Seitdem ist es wie es ist.
Ob er regelmäßig >4h alleine bleiben könnte? 
Ob er mehr als 6h alleine bleiben kann? 
Ob wir wieder einen Rückfall haben werden? 
Ob wir weit hinter dem Status deutlich jüngerer Hunde sind? 
Casanova ist jetzt seit 1,5 Jahren hier - und kann schlichtweg nicht (bis nicht zuverlässig) allein bleiben.
Auch bei uns war 1,5 Jahre ungefähr der Knackpunkt, ab dem es kontinuierlich vorwärts ging. Ja, da seid ihr schon, aber was ich damit sagen möchte:
Du bist nicht alleine und ihr habt noch eine Chance! 🍀
So rein ins Blaue könnte es bei Nova durchaus Kontroletti sein, denn im Haus bekommt er mit, was du machst, draußen nicht mehr
Bei Darko ging die Meinung einhellig zu "der Arme, bei seiner Vorgeschichte kein Wunder!", dabei war Verlustangst nur ein winziger Anteil, z.B. nach meinem Klinikaufenthalt.
Was unser Weg war, uff. Das sprengt vmtl. den Rahmen, aber ich versuche es mal:
- Ganz viel Zuhause abgrenzen, emotional wie räumlich
- Raum/Handlungszuweisung zu etwas alltäglichem werden lassen, klingt banal, kann aber bei Freigeistern mit Terrierblut Wunder bewirken.
- Ganz viel üben und seien es nur hier und da paar Minuten
- Extreme Variation: Ich saß ständig im Treppenhaus, im Keller, vor dem Haus, ging xfach die Woche für ein Brötchen zum Bäcker usw.
- Sämtliche mögliche Trigger desensibilisieren: Jacke an, Schuhe an, Schlüsselklappern, Wohnungstür auf und zu, Haustür auf und zu, Tasche/Rucksack packen, die "guten" Klamotten anziehen, Schminken & Parfüm auflegen (daran hat er es festgemacht der schlaue Teufel) - einfach jeden (unbewussten) Schlüsselreiz. Es gibt Leute, die stellen ausschließlich dann, wenn sie gehen, ihre Tasse in der Küche an der Spüle ab und trinken sie vorher leer, das merken die Hunde natürlich.
- Wirklich alle Schuhe, Stiefel, Taschen, Rucksäcke!
- Uhrzeiten & Dauer sehr variieren
- Lieber zu wenig als zu viel - anfangs sind schon Sekunden bis Minuten entscheidend
- Ganz viel Frusteis auf Vorrat kaufen (Penny Peanut Butter Chunks)
- Feste Routine für das Gehen aufbauen: Hund in die Box schicken (seine Höhle, sein Safe Space, kuschlig-warm - natürlich offen lassen!), streicheln/drücken "Ich muss jetzt einkaufen/zur Therapie/... bis später. Hab dich lieb Darko". Exakt dieselben Worte beibehalten. Immer. Dann Tür zum Flur schließen (er hat dann 1 Zimmer + Küchennische), im Flur Schuhe/Jacke anziehen, Tasche nehmen und los.
- Zu Beginn penibel darauf achten, dass Hund dort drin bleibt - verlässt er die Box, direkt zurückgehen, Hund wieder rein schicken und wieder gehen. Und von vorne.
- Wichtig zu verinnerlichen: Das ist kein Gängeln! Es hat Darko einen Rahmen gegeben, einen Hinweis was er tun soll: Bleib in deiner Box und entspanne dich. Konnte irgendwann aufgeweicht werden. Bis heute geht er, sobald ich mich von ihm verabschiede, oft in seine Box. Beim Kommen/auf der Kamera schauen liegt er auf der Box auf meinem getragene Klamotten Stapel
- In Ruhe (!) fertig machen & gehen. Hektisches "Scheiße, ich muss los!!!!" macht nur den Hund verrückt und den Erfolg zunichte.
- Vor all dem eine Kamera zulegen und schauen, was der Hund macht. Nur ruhig sein ist nicht die Lösung, Hund soll und muss halbwegs entspannt sein.
- Bevor (!) es überhaupt erst dazu kommt, dass Hund auslöst (unruhig wird, heult, bellt, an der Tür hochspringt) muss die Übungseinheit zu Ende sein; ansonsten ggf. wiederholen, damit es positiv in Erinnerung bleibt.
- Bei Dunkelheit ein kleines Licht anlassen, bei mir eine Pflanzenlampe am Fenster.
- Evtl. konditioniertes Entspannungssignal aufbauen (Schal an Türklinke, Duft auf Kissen, Musik).
- Zusätzlich parallel ganz viel am Thema Verbindlichkeit & Verlässlichkeit arbeiten: Bin ich zuverlässig und kongruent? Bin ich konsequent und bestehe auf Verbindlichkeit?
Die Hälfte bestimmt vergessen, aber soweit so gut.