Hallo zusammen! Bin hier eigentlich immer nur stiller Mitleser gewesen, aber jetzt leider in eine Situation gekommen, in der ich mich mal bei anderen Hundehaltern "ausheulen" muss... wird ziemlich lang.
Bei uns ist vor drei Wochen eine bezaubernde Corgi-Dame eingezogen (zu dem Zeitpunkt 12 Wochen alt). Das war mehr oder weniger spontan: Ich hatte schon immer den Wunsch nach einem Zweithund, da wir in der Familie immer schon mehrere Hunde hatten, und tatsächlich auch konkret nach einem Corgi. Nun kam eine Züchterin mit ihrer Hündin und den Welpen aus der Ukraine hier in unserer Umgebung an und hat nach Familien für ihre Schützlinge gesucht. (Nein, keine Vermehrerin.) Da dachte ich, das ist jetzt DIE Chance. Direkt Urlaub in der Arbeit geklärt, alles vorbereitet und ein paar Tage später die Kleine, Liesel, abgeholt. Die ersten drei Tage war alles okay, dann hatte ich gefühlt einen Nervenzusammenbruch und seitdem nur noch Zweifel.
Zur Situation: Meine 5 Jahre alte Hündin Lotte ist für mich wirklich das Wichtigste auf der Welt. Nachdem ich jetzt die letzten Monate in ein ziemliches Loch gefallen war (Jobsituation, die auch mein Privatleben massiv beeinflusst hat) und dadurch auch unsere Aktivitäten miteinander massiv gelitten haben, hatte ich gerade erst angefangen, wieder mehr mit ihr zu unternehmen, bewusster zu trainieren statt nur stumpf Gassi zu gehen, kurz: einfach mehr Qualitätszeit mit ihr zu verbringen. In der Wohnung über uns (Familienhaus mit abgetrennten Wohnungen) leben meine Eltern mit ihrer 12 Jahre alten Hündin, es ist also immer jemand zum Aufpassen da und kein Hund muss so richtig alleine bleiben, wenn mal alle ausgeflogen sind. Für die Hunde ist das ganze Haus mit Garten das Zuhause. Wenn ich in der Arbeit bin und mein Freund nicht da ist, ist Lotte bei meinen Eltern. Mein Papa nimmt auch gerne meinen Hund bzw. meine Hunde mit der ältesten zusammen mit zum Gassi. Also eigentlich perfekte Voraussetzungen.
Sämtliche Suchergebnisse im Forum spucken mir den Welpenblues aus, der bezieht sich aber meist nur auf den Ersthund bzw. ersten eigenen Hund. Bei Lotte hatte ich sowas damals aber überhaupt nicht, und die war ein extrem schwieriger Welpe. Wirklich kein einziges Mal habe ich die Entscheidung bereut, kein einziges Mal auch nur ansatzweise daran gedacht, sie abzugeben. Und bei der Kleinen habe ich das Gefühl jetzt eigentlich ständig und fühle mich extrem schlecht, das auszusprechen. Sie ist eine wahnsinnig tolle Hündin, sie läuft jetzt für ihr Alter schon super an der Leine, sie springt ihren Napf nicht mehr wie wild an, wenn ich ihr ihr Essen hinstelle, sondern setzt sich brav hin, stubenrein ist sie zwar noch nicht, aber sie schläft in ihrer Box schon um die sieben Stunden durch... Alles in allem ein unkomplizierter Welpe mit normalem Welpenverhalten, und trotzdem fühle ich mich überfordert? Es liegt objektiv betrachtet eindeutig nicht daran, dass Liesel zu anstrengend wäre, sie ist ein super Hund! Und auch nicht daran, dass ich mir das alles ganz anders vorgestellt habe, ich habe ja schließlich die Welpenerfahrung schon mehrfach gemacht (zweimal mit Familienhunden, einmal mit Lotte als eigener Hund) und Liesel ist in der Hinsicht viel unkomplizierter als meine Große es war.
Jetzt konnte ich das alles drei Wochen lang sacken lassen, Liesel besser kennenlernen, verschiedene Situationen erleben. Was mich jetzt leider zur Erkenntnis bringt, dass nicht Liesel oder ein Welpenblues das Problem ist, sondern dass meine Ersthündin von der Kleinen bzw. der Situation absolut gestresst ist, was mich selber extrem belastet. Lotte ist eine sehr unsichere Hündin, Liesel dagegen sehr selbstbewusst. Natürlich war mir bewusst, dass Lotte keine Freudensprünge machen würde, wenn ich mit der neuen Mitbewohnerin ankomme, weil Welpe = grundsätzlich erstmal doof, aber ich dachte niemals, dass es so schlimm werden würde, eben, weil sie ja mit der Hündin meiner Eltern quasi auch zusammenlebt.
Lotte beschwichtigt seit die Kleine da ist fast durchgehend, auch uns gegenüber in Situationen, in denen das sonst nie der Fall war. Am Anfang gabs fast keine Minute ohne Knurren (ganz klar, neuer Hund im Revier, aber immer eben mit viel zusätzlichem Unsicherheitsstress von ihrer Seite und verunsicherte Blicke zu uns). Zweimal musste ich berechtigt dazwischen gehen, weil die Kleine alle Warnzeichen ignoriert hat und stattdessen voll auf "Angriff" (mir fehlt gerade das richtige Wort) gegangen ist und sich auch von uns nicht abhalten hat lassen, so dass Lotte sich wehren musste. Draußen beim Gassi funktioniert es im Vergleich zu drinnen eigentlich gut. Sobald wir am Gartentor sind, geht es aber wieder los. In der Wohnung hat das Knurren abgenommen (außer im Schlafzimmer), aber die Beschwichtigungen von Lotte finden wie gesagt fast durchgehend statt. Teilweise sitzt sie total hechelnd im Flur, ohne dass eine "aktive" Situation vorangegangen wäre (Liesel ist zum Beispiel im Garten und gar nicht in der Wohnung). Wenn Lotte im anderen Raum in ihrem Bereich liegt und ich Liesel im anderen Zimmer "schimpfe" (z.B. ganz laut Aua o.Ä. für die Beißhemmung rufe), kommt Lotte mit gesenktem Kopf und Beschwichtigungssignalen angetrabt, weil sie denkt, die "Schimpfe" hätte ihr gegolten.
Zudem macht sich Liesels Selbstbewusstsein immer mehr bemerkbar, sie lässt die Älteren nicht in Ruhe (wir gehen dann natürlich dazwischen), korrigiert diese teilweise sogar, bellt und knurrt sie an und wenn ihr was überhaupt nicht passt (z.B., dass sie sich beim Tür öffnen nicht vordrängeln konnte), beißt sie sie sogar in die Seite oder Hacken. Gestern hat beim Ableinen die Leine von Lotte Liesel ganz leicht berührt, da ist sie sofort wieder ins Bellen und Knurren übergegangen und hat Lotte in die Seite gebissen, die da ja nicht mal was dafür konnte, die Leine hab ja ich in der Hand.
Seit der zweiten Woche verweigert Lotte manchmal das Essen, teilweise kotzt sie das Futter auch direkt nach dem Fressen wieder aus (beim Tierarzt waren wir schon, körperlich passt alles). Ich habe in den ersten drei Jahren viel mit Lotte trainiert, damit sie ihre Unsicherheiten überwindet, plötzlich fällt sie aber wieder in alte Muster zurück. Ist beim Gassi total aufgeregt, zieht wie bekloppt an der Leine, verweigert Leckerli, wickelt sich in totaler Hysterie, weil sie sich vor irgendwas erschrocken hat, mit der Leine um irgendwelche Sachen usw. Liesel bellt sie dann an und manchmal zwickt sie sie auch. Ich muss an dieser Stelle ehrlich zugeben, dass ich nicht die zeitlichen Ressourcen habe, um mit den beiden wochenlang getrennt Gassi zu gehen, vor allem wenn Liesel dann bald auch schon länger Gassi gehen kann. Ich versuche eh schon, mit den beiden getrennt was zu machen (zum Beispiel nehme ich nur Lotte mit, wenn ich zweimal die Woche laufen gehe), aber das geht jetzt auch nur, weil ich Urlaub habe, danach bin ich zeitlich wieder eingeschränkter.
Ich bin mittlerweile an einem Punkt, an dem ich mir selber vorwerfen muss, zu blauäugig an die Sache rangegangen zu sein. Mir hätte bewusst sein sollen, dass Lotte mit ihrer Unsicherheit mit einem Zweithund unglücklich sein würde. Mein naiver Gedanke war halt, dass sie vielleicht mit einer sicheren Freundin an ihrer Seite auch sicherer werden würde, stattdessen kehrt es sich gerade ins Gegenteil um. Aufgrund ihrer Unsicherheit lässt sie sich total von der stürmischen Kleinen unterbuttern und es tut richtig weh, Lotte so zu sehen. Ich bekomme mittlerweile täglich Heulkrämpfe deswegen. Fühle mich so schlecht und dumm. Irgendwie war das beim Einzug von Lotte alles anders. Damals waren es noch zwei Familienhündinnen und Lotte hat sich einfach nahtlos eingefügt, unsere Älteste sofort im ersten Moment als über ihr stehend anerkannt und alles hat gepasst. Keiner hat Essen verweigert, keiner war traurig, die waren direkt ein super Trio und die beiden Großen haben Lotte ein kleines bisschen miterzogen. Ich war mit allen dreien zusammen Gassi und das hat sogar mit Lotte im Welpenalter schon prima funktioniert. Das ist natürlich die Idealvorstellung und mir war schon klar, dass Lotte nicht so begeistert sein würde, aber das jetzt... Mir bricht echt mein Herz. Wenn ich darüber nachdenke, bekomme ich schon körperliche Beschwerden wie Magenkrämpfe und Panikattacken, gestern habe ich mich sogar übergeben.
Der kleine Fuchs ist eigentlich so zauberhaft, aber aufgrund Lottes Reaktion kann ich mich gar nicht so richtig freuen, wenn wir was zusammen machen. Ich denke mittlerweile, wenn ich mit Liesel spiele oder übe, dass ich jetzt gerade viel lieber die Zeit mit Lotte verbringen würde. Und das tut mir so leid für Liesel, sie ist doch so toll und hat es verdient, dass man sich mit ihr beschäftigen möchte.
Fühle mich wie ein kompletter Depp. Die ganze Situation überfordert mich vollkommen. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal darüber nachdenke, einen Hund wieder abzugeben, aber der Gedanke kommt mir jetzt täglich mehrmals. Mir geht einfach die Kraft aus und ich denke, ich habe mich total überschätzt und übernommen und bin schuld daran, dass es meiner Ersthündin jetzt so schlecht geht und sie wieder so unsicher ist, und dass Liesel nicht die Aufmerksamkeit bekommt, die sie verdient und in ihrem Alter auch braucht.
Seid ihr schon mal in so einer Situation gewesen, in der ihr das Gefühl hattet, die Entscheidung für einen Zweithund ist eine Entscheidung gegen den Ersthund? Gibt es das, dass zwei Hunde vom Charakter her einfach nicht zusammenpassen? Oder dass eine unsichere Hündin lieber Einzelhündin bleiben möchte? (Abgesehen von der Hündin meiner Eltern, die eben schon "vorher" da war)
Ich kann mich schon gar nicht mehr richtig freuen, so sehr belastet mich das alles, und die Schuldgefühle gegenüber beiden fressen mich auf.