Zu welcher Rasse kann ich wohl was sagen...
Lustigerweise war ein Berger des Pyrenees mal eine Weile ein Gassihund von mir, vor inzwischen fast zwei Jahrzehnten, denke ich. Gehörte einer Freundin meiner Mutter, die da aus gesundheitlichen Gründen zeitweise ein wenig Hilfe brauchte. Die Kleine war lieb, freundlich, konnte man toll frei laufen lassen, war einfach nur nett, wollte gefallen, unkompliziert, irgendwie schon fast ... langweilig. Aber ich bin auch nur bedingt ein Hüti-Mensch, mein Herz gehört den ursprünglicheren Rassen.
Inwiefern diese Beschreibung auf andere Rassevertreter zutrifft, kann ich nicht sagen.
Wozu ich mehr sagen kann, sind die Mudis.
Kennst du Game of Thrones? Da gibt es einen Spruch in die Richtung von "Immer wenn ein Targaryen geboren wird, werfen die Götter eine Münze ob es ein Genie oder ein Wahnsinniger wird." - streiche 'Targaryen' und setze 'Mudi' ein.
Und es stimmt wirklich. Es gibt enorme Unterschiede innerhalb der Rasse was ihren Beschäftigungsdrang, ihren "Drive" und auch ihre emotionale Stabilität angeht, und auch wenn man da durch die Wahl von Züchter, Eltern, etc. etwas Einfluss darauf nehmen kann, ist es eben nur das - *etwas* Einfluss. Innerhalb eines einzelnen Wurfes kann es zu gewaltigen Unterschieden kommen, und das tut es auch oft genug und ist kaum zu vermeiden.
Als Beispiel kann ich den Wurf meiner Hündin nehmen - da ist die Münze jeweils bei der Hälfe der Welpen auf einer der Seiten gelandet. (Ich habe/hatte Kontakt zu den Besitzern der Geschwister.) Da gibt's von "fähig zur Rettungshundearbeit" bis "selbst die Medis vom TA schlagen nicht an" die ganze Palette. Und nein, es liegt in diesen Fällen nicht an den Besitzern. Sowas hört/liest man in der Mudi-Szene sehr oft, und die 'problematischen' Geschwister meiner Hündin sind nicht bei unerfahrenen Besitzern gelandet. Meine Kleine ist auf der "wahnsinnigen Seite" gelandet, aber noch im vergleichsweise gemäßigten Bereich, würde ich sagen.
Belltechnisch ist sie - für einen Mudi! - noch vergleichsweise handzahm. Nichtsdestotrotz ist ihr Bellen grausam. Ich kann es nicht beschreiben, aber wenn sie 'richtig' loslegt (viele ihrer Laute sind auch niedlich, ich liebe z.B. ihr kleines gebelltes "HUFF" oder ihr Murren), dann würde ich ihr am liebsten die Stimmbänder entfernen oder mir einen Eispickel in die Gehörgänge rammen oder am besten beides. Also bei ihr ist es für mich nicht primär die Häufigkeit, sondern die Art des Bellens.... und es ist nicht schrill oder ähnliches, es ist einfach LAUT und unangenehm, wie die akustische Variante eines Schlages ins Gesicht. Ist nicht jedes Mal so, wenn sie bellt, aber oft genug.
Als mein jetziger Welpe (kein Mudi/Hüti), der vor kurzem zu ihr dazu kam, das erste Mal gebellt hat, hätte ich fast geweint vor Freude, weil es so ... schön? nicht wirklich... aber normal? nicht unangenehm jedenfalls ... klang. Es war wie Balsam für mein leidgeplagtes Trommelfell.
Mein Rüde damals (auch kein Mudi/Hüti), zu dem das Mudi-Tier damals als Zweithund kam, hatte ein Organ, das auch schon mal Tierarzthelferinnen zusammenzucken lies, wenn er es ausnahmsweise mal benutzt hat, aber auch sein Bellen war (für mich)... angenehm.
Ich hatte irgendwann - vor der Anschaffung - die Aussage einer (ehemaligen) Mudi-Halterin gelesen "Wäre eig der perfekte Hund für mich, aber mir bluten immernoch die Ohren" - und das tun sie wirklich bei vielen Mudi-Besitzern (es fühlt sich jedenfalls so an).
Die sind sehr reizoffen, fühlen sich für alles mögliche zuständig, sind extreme Kontrollettis und man hört immer, wo sie gerade sind
DAS!
Nicht alle Mudis sind ganz so extrem und gerade gegen das Kontrolletti-Verhalten kann man auch viel tun, aber man muss damit rechnen, dass man einen extrem reizoffenen Hund bekommen könnte. Muss nicht, aber die Wahrscheinlichkeit ist da und ein Hund, der auf gefühlt ALLES reagiert oder reagieren könnte, kann ungemein anstrengend sein.
Meine persönliche Meinung - wenn man nicht gerade Nerven aus Drahtseilen und Erfahrung mit nervösen Hunden hat, gehört der Mudi nicht in die (größere) Stadt. Es kann klappen, aber es kann auch sehr sehr anstrengend für beide Seiten werden. Ich spreche da aus Erfahrung. Zum Glück war das Leben in der Stadt bei mir nur eine recht kurze Zeit, die aber ausgereicht hat, dass ich wirklich lange mit meinem Mädchen arbeiten musste, bis sie wieder einigermaßen entspannt im menschlichen Alltag mitlaufen konnte. Länger in der Stadt zu bleiben, hätten weder sie noch ich ausgehalten.
Oh, und Frusttoleranz Minus 100. (Je nachdem auf welcher Seite die Münze landet, mehr oder weniger ausgeprägt, gibt def auch Mudis, die diese Tendenz nicht haben.)
Musste ich auch viel dran arbeiten.
Und Mudis können - wenn sie wirklich wollen - extrem, extrem hartnäckig sein. Also so Ideen wie "Das Verhalten gefällt mir nicht, ich ignorier das mal, dann hört das schon auf" kann man vergessen. Da ignoriert das eigene Skelett noch weiter und der Geist des Mudis macht immernoch fröhlich weiter.
Man muss aber auch wissen, dass viele Mudis gleichzeitig sehr sensibel sind, man muss da den richtigen Weg bei Korrekturen finden. Zu viel "Härte", die bei manchen Rassen vll noch gar keine Härte wäre, geht bei Mudis auch nicht.
Ok, das war jetzt viel Negatives über die Mudis.
Es sind aber auch wunderbare Hunde. Ich liebe meine sehr und sie mich. Mudis sind idR eher auf eine oder sehr wenige Personen fixiert. Andere Menschen könnten vor ihren Augen in Flammen aufgehen oder sich allesamt in Luft auflösen und es wäre ihnen egal. Ich persönlich mag das sehr.
Mudis sind auch sehr lernwillig (wobei die Konzentration manchmal schwierig sein kann je nach Typ, denn ... Außenreize Außenreize Außenreize und die Sache mit der Frusttoleranz). Wobei es ihnen tatsächlich vor allem darum geht, etwas *mit IHREM Menschen* zu machen. Vom klassischen WTP her sollen Mudis etwas hinterfragender sein als zB Border Collies, aber das kann ich nicht beurteilen. Ich persönlich finde meine ENORM motiviert mit mir zu kooperieren, und es reichen im Freilauf kleine Geräusche, und sie reagiert. Freilauf ist herrlich mit ihr, ich bin sonst selbstständige Jäger gewohnt, die dann halt im Schleppleinen-Knast landen. Meine Mudine kann ich im Feld / in der Natur so gut wie überall laufen lassen. Sie hat einen erstaunlich geringen Radius, bleibt immer in der Nähe, achtet sehr auf mich. Als sie jung war, waren Bewegungsreize ein großes Problem, egal ob an der Leine oder im Freilauf (Fahrräder zB - und wir haben damals in Holland gewohnt.............), aber das hat sich trainieren lassen. Jagdtrieb hatte sie nie - zum Glück. Ich weiß, dass es Mudis mit Jagdtrieb gibt, aber ich denke, dass das eher Ausnahmen sind bzw es in der Regel gut trainierbar sein sollte. Was sein kann, ist, dass sie dazu neigen, Tiere vom Weg / der näheren Umgebung zu vertreiben, zB mal Vögel wegscheuchen, aber echter Jagdtrieb ist das nicht. Ein Mudi arbeitet z.B. in Kanada als professioneller Vogel-Vertreiber auf einem Flughafen. Perfekter Job für einen Mudi! Meine ist immer ganz stolz, wenn sie die bösen Vögel vertrieben hat, sie da auf dem Weg auf uns lauerten. Das lasse ich zu, weil sie das wirklich nur in einem bestimmten, kleinen Radius macht.
Kein Einbrecher könnte mich jemals im Schlaf überraschen. Man hat mit einem Mudi eine sehr fähige Alarmanlage.
Sie ist sooo frauchenbezogen und verschmust und gibt tolle Küsschen. Und sie bringt mich zum Lachen.
Und zu deinen anderen Fragen - mit keinem Mudi muss man 6x die Woche auf den Hundeplatz. Ganz im Gegenteil würde das sogar schaden. Mudis müssen genug abschalten können, manche können das von sich aus (meine war so), anderen muss man das beibringen. Gerade pushende Aktivitäten wie Agility, Ballwerfen, etc. muss man gut dosieren, damit der Hund nicht zu sehr hochdreht. Das geht verdammt schnell bei Mudis.
Was meiner gut tut als Kopfarbeit, ist z.B. wenn ich sie draußen beim Gassi sitzen lasse, 5-15 Leckerchen verteile und sie dann suchen muss. Das macht Spaß, macht müde und pusht nicht, weil da keine schnelle Bewegung sondern Konzentration gefordert ist. Das sollte man beim Mudi auf jeden Fall einbauen, mMn.
Verträglichkeit mit anderen Hunden ist sehr individuell. Meine ist an der Leine manchmal eine Kackbratze, aber aus Unsicherheit (gab da mal einen Vorfall, als sie jung war, das hat sie nie vergessen - sie hasst bis heute auch einen ganz bestimmten Hundetyp), das haben wir trainiert und ist im Laufe der Jahre viel besser geworden. Im Freilauf will sie keinen Stress und geht Problemen aus dem Weg. Selten trifft sie einen Hund, den sie richtig toll findet und mit dem sie interagieren möchte, meist gehen wir einfach weiter. Es gibt aber auch Mudis, die würden im Freilauf gerne auseinandernehmen (oder tun so als ob), bevor sie potentiell auseinandergenommen werden könnten.
Gesundheitlich muss man bei Mudis (wie eig bei allen Rassen) drauf achten, dass der Welpe von guten Züchtern kommt, die die Hüften etc. der Eltern checken lassen und denen die Gesundheit der Tiere und der Erhalt der Rasse am Herzen liegen.
Einziges Problem, von dem ich weiß, das gehäuft auftritt bei Mudis, ist Epilepsie. (Was irgendwie passt, weil bei Mudis gefühlt ständig zu viel Strom im Hirn durchläuft.... )
Würde ich mir nochmal einen Mudi zulegen..... Wenn ich *richtig* auf dem Land lebe mit größerem Grundstück - gut möglich. Sie haben schon was und es macht Spaß mit ihnen zu interagieren. Trotz der vielen Nerven, die mich meine gekostet hat, bereue ich es nicht. Aber nie wieder in der Stadt (nicht mal Kleinstadt, geschweigedenn die Hölle der Großstadt).