Beiträge von viveev

    Hier sieht man übrigens die Richtlinien des TVT zum Thema Hunde in sozialer Arbeit: https://www.tierschutz-tvt.de/index.php?id=50#c304 Merkblatt 131.04

    Ab Seite 9 sieht man die Einsatzkriterien, -bedingungen, -häufigkeit, und -intensität. Außerdem Anzeichen von Überbelastung und Richtlinien zum Ausgleich.


    Im deutschen Assistenzhunde-Zentrum handeln übrigens Block 6 und 8 (von insgesamt 78) von: Beschwichtigungssignale, Aggressionssignale, Distanzvergrößernde Signale, Entspannungszeichen, Stress, Reizschwelle, Grundstimmung. Emotionale Bewertung, Abläufe in der Stressreaktion, Auswirkungen von Stress, Stress im Training, Cortisol regulieren, Hormone, Stress vorbeugen (lang- und kurzfristig), Aufmerksamkeitssuche, ein Kapitel zum Thema "sind Assistenzhunde gestresst". Wer Assistenzhundetrainer ist, wird also sehr viel Wissen über das Thema haben - mehr, als die meisten Hundehalter, die ich kenne.

    Oh, ich habe eine Behinderung…. Das legitimiert mich also zu einer Meinung

    Um genau dich geht es doch nicht, und hier muss niemand seine Meinung legitimieren. Es hat halt nur jeder eine andere Meinung dazu, weil es nur die Perosn etwas angeht, die den Assistenzhund zu sich holt, ob sie sich dazu bereit fühlt, sich um einen Hund zu kümmern, auch wenn es mal scheiße geht... Jemand anderes kann diese Entscheidung für die Person nicht übernehmen

    Ich finde alles um Menschen mit Behinderungen, ob physisch oder psychisch, ist ein schweres Thema. Denn für mich stecken Menschen ohne Behinderungen niemals in diesem Leben drin und können sich nur schwer vorstellen, wie sich so etwas anfühlt. Aber sie wollen (und dürfen natürlich!) ihre Meinung zu Sachen, die hauptsächlich nur Menschen mit Behinderungen angehen, kund tun. Sie stecken bloß nicht drin und können sich immer nur grob vorstellen, wie so etwas wirklich ist. Das geht von Assistenzhunden bis zu barrierefreien Bahnhöfen und Arbeitsplätzen. Letzten Endes kann da nur jeder einzelne behinderter Mensch sagen, ob er so klar kommt oder nicht. Erst recht weil es so ein großes Spektrum ist.


    Damit will ich sagen: Diskutieren ist erlaubt, wir sind ja hier in einem öffentlichem Forum, aber man muss sich halt im Klaren sein, dass es ein Thema ist, was größtenteils nur behinderte Menschen etwas angeht.

    Bei mir hieß das damals als ich drin war Anstalt :ka: Ich kann aber auch Klinik sagen, falls das Wort jetzt irgendwie out ist.

    Nein, das meinte ich nicht so, sorry, falls es so rüber kam. Ich meinte, dass eine Person, die in einer Tagesklinik oder in einer Ganzheitsklinik ist, höchstwahrscheinlich keine Zeit/Lust/Motivation für einen Hund hätte, noch für eine Ausbildung, und den Hund in die Klinik auch nicht mitnehmen könnte. Kenne ich zumindest nicht so, dass das erlaubt wäre. Und eine Person, die frisch aus der Klinik kommt, vielleicht auch eher andere Prioritäten hat, als sich einen Hund zuzulegen und mit dem Hund eine vollzeitige Ausbildung zu machen. Bei mir war es zumindest Pflicht, nach meiner Entlassung für zwei Monate lang immer noch jede Woche dort vorbei zu schauen, und ich musste beweisen, dass ich wöchentlich eine Therapie besuche. Daneben hätte ich keine Zeit für so etwas gehabt.

    Außerdem ist es doch dein Argument, dass eine psychisch kranke Person sich nicht richtig um einen (Assistenz-)Hund kümmern könnte, oder nicht? :???:


    Das ein Assistenzhund mehr macht als alle paar Monate Gesicht abschlecken ist doch klar. Ich wollte mit meiner Erzählung veranschaulichen, dass nicht jeder psychisch kranke Mensch so verkommen ist, dass er es nicht hinkriegt, sich auch in einem "Low" um ein Lebewesen zu kümmern.

    Das eine Person, die so psychisch krank ist dass sie noch in einer Anstalt ist und nicht selber auf den eigenen zwei Beinen stehen kann, keinen Hund haben sollte, ist glaube ich klar ... So eine Person wird ja auch niemals die Kraft haben, sich um eine Ausbildung des Assistenzhundes kümmern zu können, daher kann da ja gar kein Hund überhaupt Assistenzhund werden. Ein Assistenzhund ist nämlich nur ein Hund, der auch eine entsprechende Ausbildung hat. Und nicht einfach nur ein Hund, der so genannt wird.

    Aber nicht alle psychisch kranken Leute sind immer in einer Anstalt oder immer auf eine andere Person angewiesen. Man kann absolut so weit therapiert sein, dass man auf den eigenen Beinen steht und halt nur 1-2x im Monat mal ne Panikattacke bekommt oder in eine Spirale verfällt, vielleicht sogar weniger. Da kann so ein Assistenzhund eine gute Hilfe sein, finde ich. Psychisch krank ist ja nicht immer = braucht jeden Tag Hilfe und kriegt nichts selber hin.

    Ich selber bin Autistin und habe eine generalisierte Angststörung mit depressiven Episoden. Meine letzte depressive Episode war vor 6 Monaten, die ging 2 Wochen lang und selbst in der Zeit war ich noch draußen und bin meinem Job nachgegangen. Mein letzter Shutdown war vor 4 Monaten, der ging 4 Stunden und danach war ich wieder fit. Was würde bei mir jetzt dagegen sprechen, wenn ich mir einen Assistenzhund hole, der mir alle paar Monate mal das Gesicht ablecken soll?

    Ist es nicht Teil des Assistenzhunde-Trainings, dem Besitzer des Hundes auch zu vermitteln, wann der Hund Pausen braucht, wie man diese Pausen aufbaut, wie man für den Hund klar macht wann er arbeitet und wann nicht, wann der Hund in Rente muss usw.? Bei Blindenführhunden ist es das zumindest. Denen wird z.B. beim Pipi machen die Weste abgezogen, damit sie ganz klar wissen, dass die Weste = Arbeit und während der Arbeit darf man nicht eben mal pinkeln. Ich denke, da wird auch ganz klar gemacht, wann der Hund überfordert sein kann, welche Arbeitsbereiche der Hund kennt (damit die Besitzer von dem Hund nicht etwas erwarten, was er nicht kann), und wie der Hund zeigt, dass er nicht mehr arbeiten kann (und dann in Rente muss und entweder behalten oder abgegeben wird).

    Bei einem begleitetem Training von einem Austismus-Hund o.ä. sollte das, finde ich, auch beinhaltet sein.

    Und dass die Trainer auch sagen, dass sie den Hund nicht ausbilden, wenn sie ganz klar sehen, dass der Mensch nicht dazu bereit ist, diese Verantwortung zu übernehmen.

    Aber kennst Du denn ein Assistenzhunde-Konzept, in dem dem Hund die komplette Verantwortung übertragen wird? Oder wie kommst Du darauf?

    Ich kenne drei, die sich einen Hund angeschafft haben in der Hoffnung er kann ihnen das Leben wieder bunt malen und ihn selbstständig als "Assistenzhund" bezeichnen. Und die Hunde sind massiv mit dieser Aufgabe überfordert, insbesondere dann wenn man sich darüber aufregt warum der Hund nicht zu einem kommt, sondern weggeht, meidet, wenn es einem selbst sehr schlecht geht.

    Also geht es für dich in diesem Thema eher darum, dass Hunde leiden, wenn sie scheiße oder gar nicht ausgebildet werden? Das ist doch glaube ich jedem klar. Aber für mich geht es hier um gut ausgebildete Assisstenz- und Gebrauchshunde, nicht um Hunde, die so genannt werden, damit man sie in Läden mitnehmen kann, wo Hunde sonst verboten sind.

    Dass sich Leute Hunde anschaffen und hoffen das Leben wird plötzlich schöner wird es auch geben, ohne dass diese Leute in irgendeiner Weise Autisten oder psychisch krank sind.

    Wie kommt man darauf, dass so ein Hund überhaupt auf Eierschalen läuft? Wenn ein Mensch epileptische Anfälle kriegt wenn er gestresst ist, dann wird der Hund sich ja nicht denken "ich muss jetzt jede Form von Stress sein lassen, sonst kriegt mein Mensch einen epileptischen Anfall" :thinking_face:

    Das macht doch glaube ich niemand, der psychisch krank ist und sich einen Hund holt.

    Doch... leider.

    Was ist der Unterschied zwischen einer Person mit Epilepsie-Hund, der vor einem Anfall warnt und dann in der Nähe bleibt oder sogar auf der Person liegt und den Kopf schützt, während die Person auf den Anfall wartet, und einer Person mit Autismus-Hund, der bei einem Meltdown die Hände oder das Gesicht ableckt?

    Was ist ein Meltdown? Ab wann definierst du das?

    Ist es, wenn du dich plötzlich ohnmächtig fühlst? Ist es, wenn du plötzlich weinen musst? Ist es, wenn du keine Luft mehr bekommst? Eine Epilepsie ist eine Konstante. Eine psychische Krankheit und die damit verbundenen Symptome, Zustände, sind sehr variabel und allein schon für einen Menschen / Angehörigen schwierig. Geschweige denn einen Hund. Und da liegt für mich der Unterschied.

    Ein psychisch kranker Mensch der sich einen Hund holt um ihn nur als Therapeuten zu nutzen ist für mich genau so dumm wie die tausenden Leute, die sich jeden Monat einen Hund anschaffen weil er niedlich ist, aber null Ahnung von Erziehung oder Ernährung haben. Viel kann man da nicht gegen machen.


    Ein "Meltdown" ist für Autisten ziemlich klar definiert. Genau so wie "Shutdown" und "Overload". Overload ist eine Reizüberflutung. Ein Meltdown und Shutdown sind Reaktionen auf diese Reizüberflutung. Wie ein Meltdown für andere psychische Krankheiten aussieht, weiß ich nicht, da in anderen psychischen Krankheiten andere Worte dafür benutzt werden, z.B. Panikattacke, Angstattacke, Reizüberflutung. Das Wort "Meltdown" ist schon sehr spezifisch für Autisten.

    Eine Epilepsie muss auch nicht eine Konstante sein. Ein Freund von mir kriegt drei verschiedene Arten von Anfällen. Der Auslöser der Anfälle wurde bisher nicht entdeckt. Würde er sich einen Epilepsie-Hund anschaffen, dann müsste dieser auch zwischen diesen verschiedenen Arten von Anfällen unterscheiden und eventuell sogar damit klar kommen müssen, wenn noch eine Art von Anfall dazu kommt. Manchmal hat er fünf innerhalb einer Woche, manchmal monatelang keinen einzigen. Genau so wäre das doch auch bei z.B. einem Hund, der auf Panikattacken reagiert. Die haben ja auch meistens einen Auslöser, der durch Therapie leicht herausfindbar ist.