Hallo alle :)
Ich habe vor einer Weile diesen Thread hier gefunden und wollte seitdem auch mal einen Post verfassen - jetzt nehm ich mir die Zeit auch mal :)
Mein Freund und ich haben seit etwa 6 Wochen eine Hündin vom Tierschutz aus Russland. Über ihre Vorgeschichte ist uns nur bekannt, dass sie von der Straße geholt wurde und dass sie mal Welpen hatte (erkennbar an ihren immer noch vergrößerten Zitzen, hat TA auch bestätigt). Sie ist 1 Jahr und 4 Monate alt (wahrscheinlich), ist ein Mischling (Schulterhöhe ca. 45cm, falls das relevant ist) und sie ist kastriert.
Wir haben alle schon viel gelernt und sie hat schon einige Fortschritte gemacht, aber es gibt ein paar Dinge, die uns ziemliche Kopfschmerzen bereiten. Wir wollen bald einen Hundetrainer suchen, aber bis das klappt (vermutlich ein paar Wochen, spätestens Januar) wollte ich hier einfach mal die Situationen schildern und mir evtl. ein paar Ratschläge holen. Wir sind auch in Kontakt mit der Hundepsychologin des Tierschutzes, sodass wir einige Verhaltensweisen besser verstehen können. Leider gibt sie uns allerdings nicht viele Handlungsvorschläge, mit denen wir im Alltag üben können. Hier die zentralen Sorgen:
1. sobald sie fremde (bzw. eher unbekannte, die sie noch nicht oft gesehen hat) Menschen in "ihrem Revier", in dem Fall die Wohnung/Treppenhaus, sieht, reagiert sie schnell ziemlich aggressiv. Im Treppenhaus knurrt und bellt sie "nur" und geht in die Leine, aber sobald Gäste in der Wohnung sind, versucht sie diese zu maßregeln. Bei jeder Bewegung wird geknurrt, gebellt und sie versucht in die Füße zu zwicken. Wir haben mit ihr schon ein Maulkorbtraining durchgeführt, sodass dahingehend etwas Sicherheit geboten werden kann. Wir kriegen generell nicht allzu häufig Besuch und wenn, dann nicht viele Menschen auf einmal. Wir schicken sie immer erst auf ihre Decke (da geht kein Mensch dran, das ist ihre Ruhezone - das scheint sie auch angenommen zu haben). Sobald der Besuch sich bewegt, schießt sie nach vorn und grenzt ihn ein. Wenn das passiert, leinen wir sie meistens bei ihrer Decke an. Wenn sie angeleint ist, ist es meistens besser, aber sie versucht auch da vereinzelt wieder auf den Besuch zu gehen. Ich würde sie ungern in ein anderes Zimmer "verbannen", aber ich habe mich gefragt, ob das ihren Stress evtl. mildern würde? Sie kann super allein bleiben (wir haben das etappenweise geübt und inzwischen kann sie ein paar Stunden allein bleiben, wenn wir bspw. in der Uni sind - sie liegt dann meistens im Wohnzimmer irgendwo und entspannt. Haben eine Kamera aufgestellt), aber die Idee erscheint mir nicht als sinnvoll. Wir geben unseren Gästen immer die Regel: nicht ansehen, nicht anfassen, nicht ansprechen und wir achten darauf, dass niemand einfach zu ihr geht, sondern sie selbst die Möglichkeit hat, sich anzunähern. Die Psychologin hat uns geraten, dass wir streng auf die Reihenfolge des Eintretens in die Wohnung achten - zuerst der Besuch, dann wir. Das haben wir auch probiert, aber das blieb ziemlich erfolglos. Was können wir in solchen Situationen tun? Wir versuchen sie im Treppenhaus zu "beruhigen", indem wir zwischen ihr und dem Reiz sind und ohne viel Drama einfach die Situation verlassen, meistens lächeln wir die Person auch noch an, um zu signalisieren, dass wir keine Gefahr wahrnehmen. Das klappt leider nicht wirklich. Wie können wir ihr Sicherheit geben? Und wie können wir am Besten mit ihren Reaktionen in dem Moment umgehen? Es ist leider wirklich doof, wenn wir von unserem Abendspaziergang nach 22 Uhr (Nachtruhe) zurückkommen und sie das Haus aufweckt. Wir nehmen ihr das natürlich überhaupt nicht übel o.ä., sie macht das ja nicht aus Langeweile, aber in einem Miethaus sind uns leider ein bisschen die Hände gebunden.
2. sie knurrt meinen Freund an und wird sehr aggressiv, wenn ich mit ihr auf dem Sofa liege und er dazukommt. Sie darf nur mit Einladung aufs Sofa und sie muss es bei "runter" auch wieder verlassen, was auch sehr gut klappt. Wir liegen gern mit ihr auf der Couch, um zu entspannen und Nähe zu haben (löst ja Oxytocin bei Hunden aus). Ins Bett darf sie gar nicht, sie schläft aber mit uns im Schlafzimmer, dort hat sie einen Schlafplatz. Wir sind immer mal zu 3. auf der Couch, aber mein Freund sitzt auch häufig nebenbei am Schreibtisch o.ä. und kommt dann erst dazu. Seit einer Weile möchte sie ihn aber nicht mehr aufs Sofa lassen. Sobald er sich nähert, knurrt sie ihn heftig an und fletscht die Zähne. Wir haben sie dann runter auf ihre Decke geschickt (das klappt auch immer) und er hat sich trotzdem hingesetzt, damit sie nicht denkt, sie hätte den "Kampf gewonnen". Wir haben einiges probiert, bspw. dass nur er sie auf die Couch einladen darf/zeitweise gar nicht auf die Couch eingeladen/..., aber nichts scheint bisher zu helfen. Sobald sie mal mit mir allein auf der Couch liegt, wenn er z.B. mal auf Toilette muss, fängt es bei seiner Rückkehr wieder an. Sie liegen auch manchmal allein auf dem Sofa, aber wenn ich dazukomme, knurrt sie nicht. Ich vermute, dass sie mich und/oder das Sofa beschützen möchte(?), allerdings weiß ich nicht, inwiefern ich das Verhalten auslöse und was ich dagegen tun kann. Im Alltag tendiert sie dazu, mir überall hin folgen zu wollen, was ich aber durch räumliche Begrenzung (Körpersprache - gerade stehen, Hand nach vorn) für eine (kurze) Zeit unterbinden kann. Ich schicke sie auch vom Sofa, wenn sie meinen Freund so anknurrt, damit sie evtl. merkt, dass auch ich das Verhalten nicht gutheiße. Ich versuche im Alltag immer wieder Übungen für die Frusttoleranz und Impulskontrolle einzubauen und ich bin bei Kommandos immer konsequent (dabei bleibe ich natürlich freundlich, aber ich gebe eben nicht einfach nach, wenn sie etwas nicht machen möchte). Mein Freund ist weniger beim Training involviert, aber er hat eine ähnliche Haltung (lieb bzw. freundlich, aber konsequent). Wir wohnen auch zusammen und wir haben sie von Anfang an bei uns beiden - woran könnte es liegen, dass sie ihm gegenüber so reagiert? Was kann ich an meinem Verhalten ändern und woran sollte mein Freund arbeiten?
Vielleicht hat hier jemand ja schon ähnliche Erfahrungen gesammelt und kann berichten, was geholfen hat oder wie mit der Situation umgegangen wurde. Wir lieben sie beide sehr und wir wünschen uns ein möglichst stressfreies Leben für sie, in welchem sie nicht das Gefühl hat, sie müsse immer die Verantwortung übernehmen.