Was du mit deinem Hund erlebt hast, berührt mich tief im Herzen, und ich verstehe so gut, wie du dich fühlst. Natürlich möchtest du wissen, was die Ursache war, warum es deinem Hund schrittweise und am Ende so dramatisch schlecht ging.
Ich kann diesen Wunsch und diese innere Aufruhr, die du momentan spürst, so gut verstehen. Es ist das geliebte Tier, das man leiden sieht, und man erlebt, dass man mit allem, was man tut (Diagnostik, Medikation usw.) offenbar nicht helfen kann. Das habe ich auch so erlebt.
Mir hat es nicht geholfen, mir bewusst zu machen, dass mein Hund ja ein normales Lebensalter erreicht hat. Ich glaube, hier geht es um etwas anderes. Es geht um das Band der Liebe und darum, dass man für seinen Hund immer die Verantwortung trägt und das ja auch sehr gerne tut. Und durch das, was geschieht, scheint einem auf einmal die Möglichkeit zu entgleiten, dieser Verantwortung, gerecht zu werden und sein Tier vor Leid zu beschützen.
Wenn wir unser geliebtes Tier gehen lassen müssen, ist der Schmerz mit voller Wucht da und kaum auszuhalten. Wenn das Gehen-Lassen-Müssen wie so ein Erdrutsch stattfindet, den du erlebt hast, ist es noch unaushaltbarer. Das liegt daran, dass deine Seele das, was passiert, nicht so schnell zeitgleich verarbeiten kann.
Als Folge davon läuft momentan dein Verstand auf Hochtouren. Du möchtest verstehen, denn damit ist die irrige Hoffnung verbunden, dass du auf irgendeine Information stößt, die dir hilft, den Schmerz zu lindern. Ich glaube aber, dass das wie gesagt ein Irrtum ist. Selbst wenn du eine Biopsie machen lassen würdest, wäre die Folge davon vermutlich lediglich, dass du dir Vorwürfe machen würdest, dass du zum Zeitpunkt X etwas hättest anders machen müssen (eine andere medizinische Maßnahme, eine andere Medikation oder oder) und dann wäre das alles vielleicht nicht passiert.
Es ist offensichtlich für mich, dass du zu jedem Zeitpunkt alles dafür getan hast, deinem Hund zu helfen, mit ausführlicher Diagnostik und medizinischer Begleitung. Etwas, was man im Nachhinein eventuell erfahren würde, hast du zum damaligen Zeitpunkt nicht erfahren und daher auch nicht gewusst. Wir haben natürlich den Wunsch, dass es bei einer Erkrankung immer so läuft: Man geht mit seinem Hund zum Tierarzt, der stellt eine eindeutige Diagnose und es folgt eine Behandlung, die zur Heilung führt. Aber leider ist es nicht immer so, auch wenn wir es gerne anders hätten. Viele Diagnosen sind Annahmen, sog. Verdachtsdiagnosen, nach denen behandelt wird, weil es keinen definitiven Nachweis gibt, um welche Erkrankung es sich handelt. Und für manche Erkrankungen gibt es eben auch keine Heilung und man hat keine Chance, sein Tier zu retten.
Verstehe deinen aktuellen Impuls und gehe pragmatisch damit um. Mache dir immer wieder bewusst, woran es liegt, dass du dich momentan so fühlst, und akzeptiere dein intensives Bedürfnis nach Ursachenforschung, arbeite dich da aber nicht immer weiter hinein. Es ist einfach ein Ausdruck deines Versuches, dir selbst in deinem Trauerschmerz zu helfen.
Wir lieben das Leben mit einem Hund, nur mit Hund scheint uns das Leben vollständig zu sein. Aber das bedeutet auch, das Schwere, Traurige und Schmerzhafte erleben zu müssen, denn die Wahrscheinlichkeit, dass unser Hund uns überlebt, ist eher gering.
Ich verstehe so gut, dass du nie wolltest, dass dein Hund leidet, so ist es mir auch gegangen. Aber in diesem Wunsch steckt ebenfalls ein Irrtum: Erst dadurch, dass man erlebt, mein Tier leidet, kann man ja erkennen, dass es Zeit wird, seinen Hund gehen zu lassen. Ein bestimmtes Maß an Leiden kann man also nicht verhindern. Aber dieser Wunsch lässt einen eben auch im Nachhinein nicht los: Habe ich die richtige Entscheidung getroffen, habe ich eventuell zu lange gewartet oder war es zu früh? Mache dir bewusst: Auch diese Gedanken drehen sich nur im Kreis, sie sind ein ganz natürliches Element der Trauer, das jeden im Verlauf des Trauerprozesses am Wickel hat.
In allem, was du beschreibst, ist für mich ganz deutlich erkennbar: Du hast alles richtig gemacht, auch die Entscheidung in diesem Moment, deinen Hund gehen zu lassen, war richtig.
All die wunderschönen Momente, die Freude und das Glück, die gemeinsamen Erlebnisse, werden dich für immer mit deinem geliebten Hund verbinden. Sie bleiben dir für immer und auch dein Hund ist für immer bei dir, in deinem und seinem Herzen.
Ich fühle mit dir und umarme dich aus der Ferne.