Liebe Lenti,
wir haben seit August letzten Jahres unseren ersten Hund, ein Kleinpudel-Großpudel-Mix. Seitdem lernen wir von diesem Hund, wie ein Hund funktioniert, und trotzdem muss ich sagen, dass ich immer noch nicht alles an Verhaltensweisen richtig deuten kann.
Das einzige, was bei unserer Hündin problematisch bezüglich Aggression ist, ist das Territorialverhalten. Da geht sie nach vorne. Ob sie auch beißen würde, wissen wir nicht, aber das wollen wir nicht ausprobieren. Das ist die Hauptbaustelle, an der wir gerade arbeiten.
(Wenn sie akzeptiert hat, dass die Leute im Haus sein dürfen, will sie gestreichelt werden und mit ihnen spielen. Das ist also, im Vergleich zu anderen Hunden, noch harmlos. )
Abgesehen davon ist sie wirklich geduldig, wenn wir oder fremde Leute nicht richtig "hündisch" sprechen. Sie fängt dann an, sich das Maul zu lecken, zu gähnen oder zu fiddeln. Uns schiebt sie auch schonmal mit der Pfote weg, wenn wir ihr gerade zu aufdringlich sind.
Das mit dem Anbinden im Hof, würde bei ihr übrigens ebenfalls nicht funktionieren, schon gar nicht, wenn wir drei Meter daneben stehen. Da würde sie auch winseln und bellen.
Für sie ist es die Höchststrafe, wenn sie nicht zu uns kann. Sie kann zwar 2 Stunden ganz alleine bleiben, aber das Rudel in der Nähe und sie darf nicht hin, geht gar nicht.
Was ignorieren unter Hunden heißt, hat sie uns mal vorgeführt. Da war ein Dackelrüde ganz begeistert von ihr, und sie hatte keinen Bock auf ihn. Sie stand dann da, hoch erhobenen Hauptes und hat getan, als würde sie ihn überhaupt nicht wahrnehmen.
Genauso funktioniert es auch, wenn wir das machen, wenn sie an uns hochspringt oder bettelt.
Wir haben uns bewusst einen Rassehund-Welpen mit Papieren geholt, weil man da weiß, was die Rasse an Eigenschaften mitbringt, und dass das Tier bislang vernünftig aufgewachsen ist.
Es hat schon Gründe, dass man in Tierheimen so gut wie keine Hunde einfacher Rassen findet, und wenn sind das Tiere, die uralt, behindert oder chronisch krank sind oder eben die Ausnahme von der Regel und bissig.
Bei den Tierschutzhunden aus dem Ausland weiß man nicht, was drin steckt. Da kann alles mögliche an schwierigen Rassen drin sein. Oft sind es Herdenschutzhunde. Labradore sind in diesen Ländern eher wenig verbreitet. Dass man da tatsächlich einen Labrador-Mix vor sich hat, dürfte sehr selten vorkommen, auch wenn die immer so angepriesen werden, weil die Optik passen könnte und weil man einen Labrador-Mix besser los wird.
Außerdem weiß man bei den Tierschutzhunden aus dem Ausland nicht, was die schon alles erlebt haben und was bei ihnen Traumata triggert. (Ich kenne z.B. einen Hund, der Männer in grünen Daunenjacken sofort angreift, während alle anderen Menschen ok sind.)
Ich kann Deinen Gedanken, so einem Tierschutzhund ein zu Hause zu bieten, schon verstehen, nur glaube ich mittlerweile, dass es als Hundeanfänger ein Lotteriespiel ist, dass man einen Hund im Tierschutz findet, mit dem man klar kommt und der so in das eigene Leben passt, wie ein Begleithund (was das ist, was Du und ich wollen).
Wenn man den Hund wegen Überforderung wieder abgeben muss, ist auch keinem geholfen.
Wenn Du keinen Welpen willst, würde ich bei Züchtern nach Hunden gucken, die übrig geblieben und deswegen schon etwas älter sind.
Es gibt übrigens einige Hundeschulen, die potentielle Hundehalter bei der Anschaffung beraten. Das wäre vielleicht etwas für Euch.
Die könnten Euch dann gleich weiter begleiten, wenn der Hund da ist.
Was Pudel und sensibel angeht, muss ich sagen, dass unser Pudel zwar schon sensibel ist, aber gerade am Anfang auch öfter deutliche Ansagen gebraucht hat, weil die freundliche Ansage nicht ankam.
Was ich bei Labradoren als Vorteil empfinde, ist, dass die so verfressen sind, dass sie für Leckerchen so ziemlich alles tun. Unserer Pudeldame ist egal, womit man ihr vor der Nase herum wedelt, wenn sie nicht will. Manchmal will sie auch kein Leckerchen, obwohl sie gemacht hat, was sie sollte und man sie belohnen will.
Was man bei Pudeln mögen muss, ist dass sie draußen ziemlich hibbelig sind. Unsere ist draußen sehr leicht ablenkbar und hört dann überhaupt nicht mehr.
Sie bleibt außerdem an der Schleppleine, weil wir unsicher sind, dass sie nicht unkontrollierbar hinter einem Vogel oder ähnlichem her rennen würde. Beim letzten Versuch war es ein Schmetterling...
Ich könnte mir vorstellen, dass es bei ihr mit Kleintieren im Haushalt schwierig wäre. Pudel sind verdammt schnell. Große Tiere, wie Pferde, Kühe oder Schafe ignoriert sie oder sie will mit ihnen spielen.