Genau DAS ist der Punkt. Und das ist auch der Punkt, den ich oft nicht verstehe.
Diese Selektierung wird bei Jagdhunden, bei Hütehunden, Herdenschutzhunden, bei Arbeitshunden ohne weiteres erkannt, (idealerweise) ernst genommen und auch in gewissem Maß darauf Rücksicht genommen, bzw. darauf verwiesen, wir hatten ja schon etliche Threads hier, bei denen speziell Hütehunde im Familienumfeld angefangen haben, Verhalten, auf das sie selektiert wurden, auch an Kindern/Radfahrern/Autos, sonst was, auszuleben. Richtigerweise wird hier stets darauf verwiesen, dass der Hütehund wie Border, Aussie, ein Experte ist. Ich versteh einfach nicht, wieso man bei Sokas immer einen solchen Eiertanz veranstaltet, 1000 Gründe heranzieht wieso der Hund jetzt hier so und so reagiert hat, anstatt einfach den direkten Weg zu gehen: diese Hunde wurden auch auf ein spezielles Verhalten selektiert. Die muss man eben genauso umsichtig führen. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass sie per se immer und ständig gefährlicher sind - aber sie bergen nun mal ein anderes GefahrenPOTENTIAL, und sollten entsprechend gehandelt werden. Erschwerend kommt eben hinzu, dass viele Menschen sich vom Typus angezogen fühlen, die einfach dieses Potential verkennen. Ehrlich gesagt, ganz ähnlich wie bei Border/Aussie.
Und ich habe hier tatsächlich außer bei einer Ausnahme nicht gelesen, dass das Potenzial der verschiedenen gelisteten Rassen unterschätzt wird. Nur bei der Theorie, dass die frühere Selektion für die Pit eine rassebedingt erhöhte Aggressionsbereitschaft Menschen gegenüber erklärt, da gab es Zweifel. Jetzt mal von den ganzen „No Manbiter“ Geschichten abgesehen, die genau so völliger Schmus sind wie viele andere Geschichten und Mythen über Hunde, speziell über „Kampfhunde“, fehlts dazu tatsächlich an Empirie.
Dass die Kombi aus (angezüchteter) Kompromisslosigkeit, Zähigkeit, Eigensinn, Triebigkeit, körperlicher Fitheit und Kraft selbstverständlich ein Paket darstellt, das verantwortungsbewusst gehandhabt werden muss, das schreibt hier doch fast Jeder?
Wenn halt bei den tragischen Geschichten so Aussagen kommen wie „kann ich nicht verstehen“, „sowas darf nicht passieren“, „wie konnte das nur passieren, was läuft da falsch“ … - dann gibts darauf als Antwort von Leuten, die sich damit auseinandersetzen, halt Erklärungsansätze. Liegt an der Natur der vorausgegangenen Reaktion. Dann werden diese Erklärungsansätze als Relativierungsversuche verstanden. Und dann ist es schon mittendrin, sich ermüdend im Kreis zu drehen .
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Ich hab tatsächlich auch gar nicht so sehr die Dogforum-Bubble gemeint und das Argument auch nur aufgegriffen, weil flyingpaws, bonadea und Waldi das recht schön dargestellt haben, gerade im Zusammenhang des Vorfalls mit dem Hund, den die Frau erstechen musste, damit er loslässt. Gefällt mir auch nicht so ganz, dass die Diskussion direkt so abstrahiert wird, es ging ja um einen spezifischen Vorfall, und wieso die Frau dem Hund erst den Bauch aufschlitzen musste, um ihren eigenen Hund zu retten, das war die Ausgangslage. Wir hatten da ja alle einen recht einheitlichen Tonus. Tatsächlich bin ich mit dir einer Meinung, dass hier die meisten Schreiber genau diese Ansicht vertreten, Relativierung halten sich hier in Grenzen, ich habe auch deswegen niemanden addressiert sondern nur nochmal die Ansicht betont, die ich auch vertrete. Mein generelles "verstehe ich nicht", gilt vielmehr den vielen Kommentaren unter Facebook oder anderen Social-Media Plattformen, bei denen die meisten Leute leider weniger reflektiert an die Sache herangehen, oder leider auch Haltern, denen ich privat im Alltag begegne, und die nunmal in mancherlei Hinsicht eine Leichtfertigkeit, Unbedarftheit und Sorglosigkeit an den Tag legen, die nichts mit dem Tier zu tun hat, was sie an der Leine führen. Das gilt aber eben nicht nur für jetzt einen Pit, sondern eben auch zB für einen Aussie oder Border. Und bedeutet im Umkehrschluss auch nicht, dass jeder SoKa nur fünffach gesichert das Haus verlassen darf.
Die "kann ich nicht verstehen/darf nicht passieren/wie konnte das passieren"-Statements würde ich durchaus einfach allgemeiner Erschrockenheit zuordnen, auch wenn sie in sachlicher Diskussion natürlich inhaltlich aufrühren. Aber es ist eben auch ein emotionales Thema.