Hi, ich bin neu im Forum
Wir haben unseren Hund, Ari, seit 5 Monaten bei uns. Er ist mit 4 Monaten hier eingezogen und ist ein Schäfi.
Ich bin damals mit einem Schäfi erwachsen geworden und mein Traum war es, mir irgendwann einen eigenen Schäferhund zuzulegen, sobald es die Umstände erlauben. Jetzt ist es soweit gewesen. Die Umstände passen (Umgebung, Platz, Zeit, Arbeit von zu Hause).
Ari ist also mit genau 16 Wochen hier eingezogen. Wir haben uns die Anschaffung gut überlegt und auf den richtigen Moment und den richtigen Hund gewartet. Wir haben ihn nicht vom Züchter sondern aus einer Familie, die einen geplanten Wurf hatte. Die Familie hatte erst überlegt, ob sie ihn behalten, aber eingesehen, dass 3 Hunde dann doch zu viel sind und haben so eine passende Familie für ihn gesucht. Es gab mehrere Interessenten und nach einem Besuch war aber klar, dass wir ihn bekommen können. Die Freude war groß!
Ich schreibe jetzt ausführlich, damit ihr Euch ein Gesamtbild machen könnt.
Bei unserem Besuch sind wir nicht auf einen aufgeschlossenen, neugierigen Welpen gestoßen, sondern auf einen eher skeptischen, gar nicht mehr so tollpatschigen Welpen. Die Familie sagte, dass er vor 2 Wochen noch total Welpen mäßig neugierig und freudig auf alles und jeden zugegangen ist. Er aber nun in einem Alter ist, wo er skeptisch beäugt und auch mal bellt. Verliebt haben wir uns, als das Eis gebrochen war und dann war es für uns klar.
Schon beim Einzug zeigte sich, dass Ari zu Übersprungsverhalten neigt. Er hat sich beim Kuscheln bzw. wenn wir mit ihm nah waren, oft übermäßig geknabbert und geleckt. Das fand ich schon auffällig, hab mir aber nichts weiter bei gedacht. Die Eingewöhnung verlief ganz gut, er hat nicht geweint, hat gefuttert und gespielt und war einfach knuffig. Da wir 2 Katzen haben, haben wir das Wohnzimmer mit einem Babygitter gesichert. Der Kontakt sollte langsam erfolgen. Wohnzimmer deshalb, weil dort die Katzenklappe ist und die Katzen einen Rückzugsort brauchen, an denen sie erstmal auch "hundefrei" haben. Leider lief die erste Begegnung richtig schlecht - unser Kater ist über die Absperrung gesprungen und Ari hat sich auf ihn gestürzt. Außer ein bißchen Fell ist aber nichts weiter passiert. Außer natürlich, dass die erste Begegnung total daneben ging (unsere Schuld, ich hatte kurz nicht aufgepasst). Ari findet die Katzen zum Fressen gut bzw. möchte sie jagen. Das haben wir bisher noch nicht ausgiebig bearbeiten können, da sich alle möglichen Baustellen aufgetan haben.
Wir sind quasi in der 2. Wochen schon zur Hundeschule mit ihm. Erst Einzeltraining, dann später Gruppentraining. Er war so ein skeptischer Hund, dass er alles und jeden relativ offensiv angebellt hat. Da dachte ich schon, oh je... Das mit dem Verbellen haben wir aber gut in den Griff bekommen, bzw. haben wir Ari gezeigt, dass Menschen und Tiere freundlich sind und er keinen Grund zur Skepsis haben muss. Von da an, fand er die meisten Menschen super. Mit anderen Hunden hat er an der Leine ein Problem und bellt. Wenn er aber ohne Leine spielen darf, dann gibt es keine Probleme.
Da er Apportieren geliebt hat, haben wir mit ihm Ball gespielt. Das gab ganz böse Kritik.... er ist dafür viel zu jung, seine Knochen / Bänder / Sehnen. Also haben wir damit aufgehört und sind auf Nasenarbeit umgestiegen.
Lange Rede, kurzer Sinn: mein schlimmstes Problem ist, dass sein zwanghaftes Übersprungsverhalten so ausgeartet ist, dass sowohl Gassi, Training als auch bestimmte Situationen kaum noch handlebar für uns sind. Er jagt seine Rute! Und das exessiv. Gehe ich mit ihm in den Garten, fängt er das kreiseln an. Mittlerweile auch mit Bellen.
Gehen wir zu einer Wiese, auf der wir früher Ball gespielt haben: Kreiseln
Ist er aufgeregt: kreiseln
Hat er ein Bedürfnis, das nicht sofort befriedigt wird: kreiseln
Geht mein Mann abends zur Arbeit: kreiseln
Sind wir bei Freunden im Garten: kreiseln
Muss er mal kurz warten (z.B. beim Gassi): kreiseln
Wir haben die Hundeschule abgebrochen, nachdem es für Ari und uns nur noch Stress war. Wir sind auf den Platz, er bellt und reißt an der Leine, weil er zu den anderen Hunden wollte. Ließ sich irgendwann nicht mehr ablenken, war hochgedreht und war nicht ansprechbar. Von den Trainern kamen Hilfestellungen wie: Halti, Wasserflasche, Kneifen, anschreien. Da dann auch auf Grund seiner Größe und des aufgestauten Frusts das Spielen am Ende der Gruppenstunde wegfiel (er war dann ziemlich ruppig am hüten und durfte nicht mehr mit den anderen spielen), haben wir die Hundeschule beendet. Außerdem würde ich gerne gewaltfrei trainieren. Zu Hause habe ich dann das Klickern angefangen, auf das er auch gut anspricht.
Ich habe dann eine Hundepsychologin kontaktiert, weil ich wirklich völlig am Ende bin mit meinem Latein. Sie hat mir eine Liste an Dingen gegeben, die ich ändern muss:
- KEIN Ball / Wurfspiele mehr = fährt ihn zu sehr hoch
- Mehr Kopfarbeit (Schnüffelteppich, Fährte legen, Suchspiele)
- Das Alleinebleiben nochmal kleinschrittig üben (er war eigentlich alleine immer ziemlich entspannt - wir haben uns eine Kamera zugelegt und er schläft die meiste Zeit)
- Konditionierte Entspannung üben (das muss ich erst noch beginnen, da ich noch keinen Duft habe)
- Kong (bekommt er jetzt abends immer)
- Tagebuch führen
Wir gehen 3 - 4 Mal am Tag Gassi. 2 - 3 kürzere Runden von ca. 15 Minuten und eine Stunde im Wald am Nachmittag. Ich weiß, es gibt eine Regel "5 Minuten pro Lebensmonat" aber das reicht ihm einfach nicht.
Zwischenzeitlich wurde es besser. Aber jetzt ist das kreiseln wieder so extrem, dass ich eigentlich nur zu Hause mit ihm üben kann. Draußen geht gar nichts mehr. Autos, Fahrräder - der Kopf ist aus - Hund nicht mehr ansprechbar, geht in die Leine und bellt.
Der Hund kann zu Hause durchaus entspannen, bekommt 18 Stunden Ruhe minimum und schläft auch viel. Üben drinnen findet er toll, ist total aufmerksam und macht super mit. Gehen wir raus, schaltet er auf Durchzug und fährt energetisch total hoch.
Wir waren auch schon beim TA, da ich die Vermutung hatte, dass er dieses Kreiseln macht, weil er sich vielleicht körperlich unwohl fühlt. Die Analdrüsen wurden ausgedrückt, die eine war tatsächlich etwas verstopft. Daraufhin hatte ich das Gefühl, es wird besser (kann natürlich auch von mir ein Placebodenken gewesen sein).
Wie dem auch sei: ich vermute, dass es an mir liegt und der Hund super sensibel auf meine Stimmungen reagiert. Ich bin leider emotional nicht gerade ein Stein. In der letzten Zeit habe ich 3 Hühner verloren, die ich sehr geliebt habe. Da bin ich natürlich traurig. Ich gerate schnell in Stress und bin auch hin und wieder niedergeschlagen, gerade wenn sich trotz intensiver Bemühungen einfach nichts bessert. Bei meinem Mann zeigt er dieses Verhalten sehr viel weniger (zwar auch, aber wirklich weniger). Ich falle schnell in Stress, weil ich das Verhalten null verstehe. Beim Gassi (außer im Wald) hab ich schon regelrecht Angst, dass er gleich wieder im Kreis rennt und wir keinen Meter weiterkommen. An Üben (Leinenführigkeit, Tricks, Nasenarbeit) ist überhaupt nicht zu denken. Ich falle vor lauter Stress leider auch wieder in die alten Hundeschule-Methoden und erwische mich, wie ich an der Leine rucke, ihn anzische, ihn anbuffe, wenn es ganz schlimm wird. Dabei wollte ich so nicht mehr arbeiten.
Von außen kommt auch viel Druck - "Er ist halt ein Schäferhund, mit Katzen geht das nicht" - oder "KASTRIEREN!!!!" (möchten wir erst nach dem Wachstumsabschluss, er muss unters Messer, da er einen einseitigen Hodenhochstand hat - oder "der hat ne Macke". "der ist maßlos unterfordert" und "der ist maßlos überfordert". Ich weiß nicht mehr, worauf ich noch hören sollte. Sowas prallt bei mir nicht ab, gerade weil ich wegen der Situation eh schon so verunsichert bin.
Hat jemand eine Idee, wie ich unsere Beziehung/Bindung stärken kann? Wie ich meine innere Haltung korrigieren kann, damit ich eben ein Fels in der Brandung für den Hund sein kann? Sollte ich Gefühle erstmal vor dem Hund verstecken (wenn ich z.B. traurig bin in ein anderes Zimmer gehen?).
Danke schonmla und sorry für den langen Text