Beiträge von Schäferterrier

    Hier passt "Wie der Herr, so's Gescherr" zumindest insofern, dass sowohl der Hund als auch ich von unseren Mitmenschen in der Regel nicht ernst genommen werden. Und in Kombination gleich dreimal nicht.


    Junge Frau, schick angezogen, geschminkt, mit langen Haaren und langen Nägeln, dazu ein 15 Kilo Plüschhund mit Schlappohren, Kulleraugen und dauerhafter "OH, ist das ein WELPE??"-Optik, das ist halt echt ein Garant für Vorurteile à la "Die hat doch keine Ahnung von echter Hundeerziehung." Weil der Hund schaut ja so nett aus, der kann gar nicht anspruchsvoll in der Erziehung sein. Und wenn das Frauchen mit dem süßen Fratz schon Baustellen hat, dann muss sie ja total inkompetent sein!


    Mich hat das ganz lange arg verunsichert, insbesondere als Ersthundehalterin. Letztendlich hat mir erst meine Erfahrung als Gassigängerin geholfen, da drüber zu stehen. Da hab ich ganz schnell gemerkt, wie viel mehr Kompetenz mir die Leute zuschreiben, nur weil ich nen optisch eindrucksvolleren Hund an der Leine habe - vollkommen unabhängig davon, was für ein easy going Lämmchen das im Gegensatz zu meinem eigenen Hund eigentlich ist.


    Inzwischen versuche ich, dem Ganzen mit Gelassenheit zu begegnen und innerlich die Augen zu verdrehen. Wenn mir irgendein Horst-Jürgen mal wieder erzählt, ich müsse nur mal

    - richtig Grenzen setzen

    - es mal mit nem Leckerli probieren

    - einfach mal Nein sagen

    - konsequent sein

    - mehr Ruhe ausstrahlen

    kann ich nur mehr müde lächeln. Jaja, been there, done that. Danke für die Info und tschüss.


    Richtig ärgern tut es mich nur, wenn ich von scheinbaren Fachleuten so von oben herab behandelt werde. Also Trainern, Tierärzten etc.

    Alles schon vorgekommen, alle wurden eines Besseren belehrt (der Hund hat, was nicht-ernstgenommen-werden betrifft, deutlich weniger Impulskontrolle als ich) und alle waren erstaunt, wie ernst die süße kleine Kröte es dann doch meint.

    In solchen Fällen kann ich mir ein genervtes "Ja, ich weiß, hab ich doch gesagt?!" manchmal nicht ganz verkneifen...

    Gibt es echt Trainer, die wirklich gut sind und die sich dann noch mal auf „Tierschutz“ spezialisieren? Macht dich gar keinen Sinn.

    Ich weiß, dass es nicht überall gute Trainer für Verhaltensproblematiken gibt, aber gerade weil es für Anfänger nahezu noch unmöglicher ist einen guten Trainer für Verhalten zu finden

    Jein. Also zumindest hier im Umfeld ist es so, dass es neben einigen in allen Bereichen inkompetenten Trainern auch viele Trainer gibt, die in manchen Bereichen/für manche Themen/mit bestimmten Hundetypen super und für andere halt so gar nichts sind.

    Die wenigsten Trainer (ich würde sogar so weit gehen, zu sagen: keine) sind für alle Verhaltensproblematiken gleich gut geeignet.


    Ich meine mit "Tierschutzhunde auf die Fahne geschrieben" deshalb eher Trainer, die einfach etwas mehr Erfahrung im Umgang mit Tierschutzhunden haben. Wenn man sich ein bisschen umhört, merkt man in der Regel schon schnell, welcher Name da immer wieder fällt. Ob das dann für einen selbst und den Hund passt, muss man im Anschluss natürlich immer noch selbst abchecken.

    Ist das Verhalten für einen 5 Monate alten Jundhund noch normal und kann sich nur durch dem "Umzugstress" ins neue Zuhause erklären?

    Ich halte das beschriebene Verhalten nicht für "normal" im Sinne von "so erwarte ich das bei einem Junghund vom guten Züchter."

    Bei einem Hund mit der Vorgeschichte halte ich es aber auch nicht für so super ungewöhnlich.


    Sie war ganz verwundert, dass die Kleine aus einer seriösen Zucht stammt und vermutet, sie wäre ein Rückkehrer, dem etwas passiert ist (wovon wir aber nicht wissen).

    Das ist halt eine ziemlich steile These. Nicht jedem Hund, der auffällig unsicheres Verhalten zeigt, ist etwas Schlimmes passiert. Meiner persönlichen Erfahrung nach sind das sogar die wenigsten. Meist liegt es einfach an zu wenigen Erfahrungen.


    Ich würde deshalb eher davon ausgehen, dass die kleine Maus in ihren ersten 5 Monaten eben immer ihr gewohntes Umfeld hatte, mit Menschen und Hunden, die sie von Geburt an kannte und die ihr dadurch ganz viel Stabilität und Sicherheit geben konnten. Möglicherweise hat sie sich beim Kennenlernen neuer Dinge sowie bei den Ausflügen eben sehr an den ihr bekannten Menschen und Hunden orientiert und konnte dadurch tatsächlich weitgehend unauffällig mitlaufen.


    Nur: Das alles jetzt mit fremden Menschen und ohne die ihr bekannten Hunde (also ganz ohne Sozialverband) zu erleben, noch dazu in einem Alter, in dem Unsicherheiten eh verstärkt auftreten - dass das einem sowieso schon unsicheren Hund mal ordentlich den Boden unter den Füßen wegzieht, wundert mich nicht so arg.


    Die gute Nachricht daran ist, dass das extreme Verhalten deutlich besser werden könnte, sobald sie sich bei euch eingelebt hat und ihr ihr neuer Bezugspunkt seid. Das kann noch mal ganz viel verändern.


    Nichtsdestotrotz würde ich auch dann nicht damit rechnen, dass sie plötzlich ein totaler Draufgänger wird, der mit jeder neuen Situation locker flockig umgehen kann. Eine grundlegende Unsicherheit wird vermutlich bleiben. Wie stark die ausgeprägt sein wird, ist aber einfach nicht vorhersehbar.


    Und da ist eben zum einen die Frage, ob ihr da im Zweifelsfall mit umgehen könnt und wollt. Zum anderen würde ich bei solchen Hunden auch immer im Blick haben, ob es für den Hund nicht doch besser wäre, sie langfristig zu erfahrenen Leuten mit souveränem Ersthund zu vermitteln.


    Vielleicht macht es (neben ganz viel Routine) Sinn, einen anderen Trainer zu konsultieren und um eine weitere Meinung zu beten?

    Ich finde für solche Themen Trainer, die sich die Arbeit mit Tierschutzhunden auf die Fahne geschrieben haben, ganz gut. Auch wenn ihr keinen Tierschutzhund habt: Die haben, was Unsicherheit angeht, oft etwas mehr Ahnung von der Materie.

    Ich würde bei dem Gewichtsunterschied grundsätzlich keine Begegnungen zulassen, wenn es nicht sein muss. Und niemals nie an der Schleppleine, weil wenn die sich verwickelt, kann das einfach ganz schnell richtig böse ausgehen.


    Ansonsten finde ich die Begegnung an sich nach dem, was du beschrieben hast, aber nicht problematisch.

    Bei einer Begegnung von zwei Hunden, die sich nicht wirklich kennen und sich gegenseitig noch nicht einschätzen können, finde ich eine gewisse Spannung und Unsicherheit auf beiden Seiten am Anfang ganz normal.


    Das Hinschauen zu dir kann in der Situation deshalb auch einfach eine Art der Rückversicherung sein. Also gar nicht unbedingt nach dem Motto "Hilf mir bitte", sondern einfach "Huh, ich kenn den nicht, wie reagiert denn Frauchen?".


    Der Rüde klingt für mich halt möglicherweise etwas territorial motiviert, wobei ich auch da erstmal kein Problem sehe. Falls es Territorialverhalten ist, macht er seinen Standpunkt trotz Unsicherheit (= das "Zirkuspferd") ja doch sehr sauber und deeskalierend (= Markieren, Kopfauflegen) deutlich, anstatt irgendwie drauf zu gehen.


    Es gibt eben Hundetypen, die total unvoreingenommen auf Fremdhunde zugehen und direkt in den freundlichen, ausgelassenen Kontakt gehen. Und dann gibt es halt etwas ernsthafte Hundetypen, die das fremde Gegenüber erstmal in Ruhe abchecken und ihnen wichtige Dinge klären wollen, bevor da - wenn überhaupt - ein ausgelassener Kontakt entstehen kann. Keins davon ist besser oder schlechter oder angenehmer oder unangenehmer für die beteiligten Hunde, solange (!) sie mit beidem umgehen können. Deine Maus hat das scheinbar mit Bravour gemacht, also sehe ich ehrlich nicht, wo du da hättest eingreifen sollen.

    Ich kenne einen Lagotto, den find ich super. Wobei das auch der einzige ist, den ich jemals kennengelernt habe, also ist jetzt nicht unbedingt aussagekräftig.


    Was ich zu diesem einen Hund aber sagen kann:


    Er ist super nett und umgänglich mit Mensch und Hund. Tendenzen, mal nach vorne zu gehen, habe ich bei ihm nie erlebt. Manchmal pöbelt er an der Leine, aber das ist eher so ein aufgeregtes Rumgehüpfe und kein ernsthaftes "Ich will dir jetzt an den Kragen!". Ansonsten sehr sensibel, freundlich und deeskalierend.


    Er hat richtig Lust, was zu arbeiten, ist super motivierbar, sportlich, versteht schnell und setzt Dinge genauso schnell um. Der ist schon ordentlich auf zack. Wenn man nen Hund sucht, der wirklich Bock hat, was zu machen, ist der echt super.


    Die Kehrseite: Ja, er neigt zum Hibbeln. Er ist ziemlich reizoffen, schnell on und steigert sich auch gerne mal in Dinge rein, wenn man nicht aufpasst. Und wird dann laut. Da muss man bei ihm schon immer ein Auge drauf haben und das dauerhaft gut lenken. Aber wenn man weiß, was man tut (die Halter sind erfahren), dann lässt sich das bei ihm ganz gut händeln.


    Achso und er ist halt ziemlich jagdaffin, aber das sollte bei der Rasse klar sein.


    Ich glaube, für so einen Hund muss man einfach der passende Typ Mensch sein. Und man muss halt genau diese Art Hund wirklich wollen.

    Wenn man eigentlich "nur" einen sportlich-aktiven, aufgeweckten Hund sucht, dann kann man von so einem Lagotto glaub schon schnell genervt und überfordert sein.

    Wenn man aber echt Lust auf so einen spritzigen, teilzeitneurotischen, gerne übermotivierten Hibbel hat (und weiß, wie man mit sowas umgeht), dann kann man mit dem glaub schon sehr glücklich werden. Die Halter sind's auf jeden Fall.


    Ich würde an eurer Stelle einfach versuchen, noch viel mehr Hunde der Rasse kennenzulernen. Erfahrungsberichte zu bestimmten Rassen sind im Internet immer schwierig, denn je nachdem was für Hunde man mag und was man gewohnt ist, bewertet man Verhalten ja auch ganz anders. Die Erfahrungsberichte zu den Rassen meines Mixes lesen sich z.B. auch oft, als wäre das der Teufel auf 4 Beinen. Für viele Menschen wäre er das wohl auch - aber ich mag genau den Typ Hund halt und bin trotz der ganzen negativen Erfahrungsberichte sehr glücklich mit ihm.


    Wichtig ist deshalb meiner Meinung nach weniger, was andere Leute für einen Eindruck der Rasse haben, sondern vielmehr ob ihr da wirklich Lust drauf habt und sowas mögt. Und da hilft nichts außer Kennenlernen und Erfahrungen sammeln.

    Je mehr ich mich aber damit beschäftige desto mehr kommt es mir vor als wäre das nicht zu schaffen

    Je nachdem, wie man selbst als Mensch tickt, kann zu viel theoretische Beschäftigung mit dem Thema auch kontraproduktiv sein.


    Es gibt zigtausend verfügbare Informationen, was man wie machen soll und was man auf keinen Fall so machen soll und was alles wichtig ist... Nur, der Punkt ist: Jedem ist etwas anderes davon wichtig. Und für jeden Hund ist etwas anderes davon wichtig.


    Wenn du versuchst, das alles umzusetzen, weil du es (verständlicherweise) unbedingt richtig machen willst, wird dich das wahnsinnig machen. Und es ist auch schlicht nicht möglich. Zum einen weil sich die Infos zum Teil einfach grundlegend widersprechen, zum anderen weil du eh nie alles richtig machen wirst.


    Meiner Meinung nach sind theoretische Infos sinnvoll, um einen groben Überblick darüber zu bekommen, auf was man ein Auge haben sollte, welche Themen ggf. entstehen können und wie man diese Themen, falls sie entstehen, angehen könnte. Aber das heißt noch lange nicht, dass auch alle Themen, die in Ratgebern etc. angesprochen werden, mit genau dem individuellen Hund wirklich so kommen werden!


    es ging nicht nur um das Thema des alleine bleibens sondern auch um welpen-, bzw. Hundeerziehung, Alltag mit Hund die Fehler die man machen kann usw.. [...] Ich versuche alles richtig zu machen und habe einfach das Gefühl dass das sehr schwierig ist

    Es gibt Hunde, die verzeihen Fehler in allen Bereichen sehr gut.

    Und es gibt Hunde, die verzeihen Fehler, egal in welchem Bereich, kaum.

    Ein ganz großer Teil aller Hunde wird aber irgendwo dazwischen liegen: Die verzeichnen Fehler in manchen Bereichen echt gut und Fehler in anderen Bereichen gar nicht gut. Welche Bereiche das betrifft, ist sehr rasseabhängig.


    Wenn ich z.B. bei einem Hund, der eh kein Problem mit dem Alleinbleiben hat, mal nen Fehler beim Thema Alleinbleiben mache, wird der das vermutlich gut verzeihen.

    Wenn ich aber bei nem Hund, der rassetypisch schon dazu neigt, schlecht allein bleiben zu können, Fehler beim Alleinbleiben mache, kann das ziemlich doofe Konsequenzen haben.


    Ähnliches gilt für den Umgang mit Wild, fremden Menschen, fremden Hunden usw.:

    Ein Hund, der vom Grundgerüst her total freundlich mit anderen Hunden und Menschen ist, wird wegen Fehlern dahingehend eher nicht massiv unverträglich, während ein Hund, der rassetypisch eh schon zu Unverträglichkeigen neigt, was das Thema angeht eher keine Fehler verzeiht.

    Ein Hund, der grundsätzlich total desinteressiert an Wild ist, wird vom falschen Anti-Jagd-Training eher kein Extremjäger - der rassetypisch eh total jagdgeile Hund halt ggf. schon.


    Es geht für mich also gar nicht so sehr darum, keine Fehler zu machen. Die machen wir alle, egal ob bereits hundeerfahren oder nicht. Wichtig ist eher, keine für diesen individuellen Hund besonders blöden Fehler zu machen.

    Ich habe den Eindruck, du wirfst da ein paar Sachen zusammen, die nicht oder nur sehr bedingt zusammengehören. Ich versuche mal, das alles ein bisschen aufzuschlüsseln.

    Echte Bindung zeigen Hunde frühestens im Alter von etwa 14 Wochen. Hat ein Hund bis zu dieser Zeit keine Erfahrungen mit dem Menschen machen können, wird er ein Leben lang diesem gegenüber eher ein Meideverhalten zeigen und damit keine Bindung an ihn entwickeln können.


    Was haltet ihr von der Aussage?

    In dem Zitat geht es um die Sozialisierungsphase. Das ist zweifellos nicht falsch, was da steht, aber lässt doch ein paar wichtige Informationen außer Acht.


    In der Sozialisierungsphase geht es primär darum, Sozialpartner als solche anzuerkennen und mit diesen zu kommunizieren.


    Eine Studie von Freedman aus den 60ern zeigt, dass keinerlei menschlicher Kontakt innerhalb dieser Phase durchaus dazu führen kann, dass der Hund den Mensch niemals als Sozialpartner ansehen wird. Und da ohne Sozialpartner auch keine Bindung entstehen kann, geht dann natürlich auch jegliche Chance, zu diesem Hund eine Bindung aufzubauen, flöten. Soweit ist das Zitat also vollkommen korrekt.


    Dazu muss man allerdings auch sagen, dass ein solcher Hund nicht nur keine Bindung aufbaut, sondern auch nicht mit dem Mensch kommuniziert. Also gar nicht. Null. Kommunikation findet nämlich nur mit Sozialpartnern statt.


    Wichtig zu erwähnen finde ich außerdem, dass laut Scott & Fuller (auch 60er meine ich) bereits ein einmaliger Kontakt von 40 Minuten zu einem Mensch während der Sozialisierungsphase ausreicht, damit ein Hund den Mensch als Sozialpartner verstehen kann. Nur weniger Kontakt zu Menschen als ein Hund, der hier beim guten Züchter groß geworden ist, ist also noch lange kein Grund.


    Bei Hunden, die aufgrund mangelnden menschlichen Kontakts in der Sozialisierungsphase tatsächlich keine Bindung aufbauen können, geht es also nicht um Hunde, die sich schwer damit tun, Vertrauen aufzubauen, oder die ein besonders geringes Interesse an der Zusammenarbeit mit dem Menschen haben, sondern um Hunde, deren Sozialverhalten tatsächlich schwer gestört ist. Vergleichbar wäre das wohl am ehesten noch mit der Reaktiven Bindungsstörung beim Mensch. So etwas ist in der Praxis (sowohl beim Mensch als auch beim Hund) aber doch wahnsinnig selten.


    Die unsichere Bindung


    Innerhalb dieser Bindungsform sieht der Hund seine Bezugsperson ebenfalls nicht als Gefahr. Seine Bezugsperson ist zwar vielleicht nett, aber aus Hundesicht naiv und unwissend, und sie ist keine Hilfe in brenzligen Situationen. Die Person dient sicherlich nicht als Vorbild. Der Hund lernt aus seiner Sicht für ihn sinnlose Handlungen. Obwohl der Hund Betreuung braucht, hat er oft das Gefühl, dass er seine Menschen betreuen muss. Der Mensch gibt ihm nicht ausreichend Sicherheit.

    Da sind wir dann schon wieder in einem ganz anderen Bereich: Hier geht es um Bindungstheorie, verschiedene Bindungsstile und die Qualität von Bindungen. Dafür muss zumindest mal die grundlegende Fähigkeit, eine Bindung einzugehen, vorhanden sein. Mit einer echten Bindungsstörung (siehe z.B. RBS) hat das nichts zu tun.


    Die Bindungstheorie bezieht sich ja ursprünglich auf die Auswirkungen von frühkindlichen Interaktionen mit den nächsten Bezugspersonen auf das spätere Bindungsverhalten. Üblicherweise wird hier also die frühe Interaktion zwischen Mutter/Vater und Kind unter die Lupe genommen. Übertragen auf den Hund sind wir hier also eher noch beim Thema Mutterhündin als beim frühen Kontakt mit dem Mensch.


    Tatsächlich ist es so, dass eine Mutterhündin, die sich z.B. nicht kümmert, nicht anwesend ist oder bei Fehlverhalten des Welpen total überreagiert, einen erheblichen Einfluss auf das spätere Sozialverhalten haben kann und damit eventuell auch eine unsichere Bindung an den späteren Halter begünstigen kann.


    Da als Mensch gegenzusteuern, kann tatsächlich herausfordernd sein, aber ist keineswegs unmöglich.


    Es gibt z.B. Situationen, wenn ich mich im Bett umdrehe (sie schläft neben dem Bett) dann steht sie von ihrem Schlafplatz auf. Wenn ich zu erst rausgehe oder zu erst zur Einfahrt rausgehe um die Lage zu checken, stresst sie das.

    Das hier (bzw. generell die Dinge, die du als mögliche Indikatoren für eine unsichere Bindung beschreibst) sind für mich so erstmal wenig aussagekräftig. Denn Fakt ist einfach: Hunde sind wahnsinnig vielfältig. Je nach Rasse und Hundetyp ist die Range an Normalverhalten so dermaßen unterschiedlich, dass man schlicht nicht von Verhalten x oder y auf eine gute oder schlechte Bindung schließen kann.


    Denk z.B. mal an die ganzen Terrier, deren Job es ist, eigenständig Entscheidungen zu treffen. Würde so ein Hund, sobald er eine sichere Bindung an seinen Halter hat, keine eigenen Entscheidungen mehr treffen, wäre der schlicht unbrauchbar.

    Oder die vielen Hüte-, Schäfer- und Wachhunde, die dafür gemacht sind, die Umwelt zu kontrollieren und abzuchecken und das, was ihnen wichtig ist, zu schützen. Wenn die bei einer sicheren Bindung zum Halter plötzlich nicht mehr kontrollieren und abchecken und schützen würden, hätten die Schäfer und Bauern ein echtes Problem.


    Je nach Genetik, Umwelt und persönlichen Erfahrungen des Hundes kann eine sichere Bindung deshalb ganz unterschiedlich aussehen.


    Ist das eher ein Zeitfaktor, oder gäbe es noch Hilfen womit man sie unterstützen kann?

    Um aus einer unsicheren Bindung heraus eine sichere Bindung aufzubauen, hilft vor allem ganz viel Zeit. Zeit, in der du deine Geduld, Konstanz und Verlässlichkeit unter Beweis stellst, einen klaren Rahmen und eine Erwartungssicherheit für den Hund schaffst und somit Raum für Vertrauen aufbaust.

    Wenn dein Hund grundsätzlich fähig ist, eine Bindung aufzubauen (und davon würde ich einfach mal ausgehen, weil wie gesagt, alles andere ist extrem selten), dann gestaltest du mit jeder Interaktion eure Bindung weiter. Vielleicht nur in Babysteps, aber es geht voran.


    Zuletzt noch ein kleiner ungebetener Ratschlag, ich hoffe, du nimmst mir das nicht krumm:


    Ich habe selbst einen Hund aus dem Tierschutz, der etwas... hm, ich nenne es mal "besonders" ist. Und ich war auch lange auf der Suche nach dem Grund für seine Andersartigkeit. Was hab ich gelesen und recherchiert und gemacht und getan... einfach, weil ich verstehen wollte, warum er so ist, wie er ist. Und wie ich ihm helfen kann.


    Aber letztendlich bringt das alles nichts, denn du wirst bei einer solchen Vorgeschichte nie erfahren, was genau deinen Hund letztendlich so gemacht hat, wie er jetzt ist. Diese Suche nach Erklärungen wird in so einem Fall nie einen wirklichen Abschluss finden.


    Versuch deshalb, die Vergangenheit hinter euch zu lassen. Wichtig ist, wo ihr jetzt steht und was (also welche Methode, welcher Umgang etc.) für euren Hund funktioniert. Sei kreativ, probiere aus, schau genau hin und beobachte, was klappt. Bei einem out-of-the-box-Hund kann es so nebenbei auch Sinn machen, mal out-of-the-box-Methoden zu erproben.

    Davon abgesehen zeigt ja allein dieser Thread hier, dass die Meinungen wie eine optimale Begegnung aussehen soll stark auseinander gehen. Man kann es nicht allen recht machen.

    Grundsätzlich gibt es natürlich super vielfältige Ansichten dazu, wie eine gute Hundebegegnung ablaufen sollte. Aber speziell in diesem Fall hier (also dem der TE) verstehe ich tatsächlich gar nicht, wie da so eine Diskussion entstehen konnte. Denn hier geht es ja ganz offensichtlich nicht um die Gestaltung einer optimalen Begegnungen unter Idealbedingungen, sondern darum, eine blöde Situation möglichst gut zu lösen.


    Wenn die TE die Wahl zwischen "mit pöbelndem Hund (+ Kinderwagen!) vorbeilaufen" und "mit am Halter orientierten Hund absitzen lassen" hat, dann kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass irgendein entgegenkommendes Gespann Option A bevorzugen würde. Echt nicht.


    In diesem Sinne finde ich auch mehrfache Hinweise darauf, dass das Absitzen für den Halter des anderen Hundes unangenehm sein kann, irgendwie unnötig. Ja klar ist's nicht optimal, klar kann das für das andere Gespann unangenehm sein - aber mir kann doch hier niemand erzählen, dass angepöbelt zu werden angenehmer ist?


    Die allermeisten verantwortungsbewussten und engagierten Halter von Pöbelhunden (und da zähle ich die TE nach dem, was sie schreibt, einfach mal dazu) wissen doch selbst, dass Begegnungen mit ihnen für andere Hunde und Halter total unangenehm sein können und sind deshalb redlich bemüht, eine Begegnung im Rahmen des ihnen Möglichen trotzdem für alle Parteien so angenehm wie möglich zu gestalten. Da noch draufzuhauen, indem man mehrfach darauf hinweist, dass das so aber noch nicht gut genug ist, finde ich für alle Seiten wenig zielführend.

    Wenn es für euch so die bislang beste Lösung ist, warum nicht?

    Klar ist das nicht ganz ideal, aber wenn die Alternative ist, dass der Hund mehr Stress hat und ihr ihn weniger gut unter Kontrolle habt, bleibt ja nicht viel anderes.


    Was euch halt bewusst sein muss, ist, dass das mehr Management als tatsächliches Training ist. Ob der Hund dadurch langfristig lernt, frontale Hundebegegnungen entspannt zu passieren, ist fraglich.

    Aber so wie sich das liest, geht es hier ja auch nur um die Ausnahmefälle, in denen ein Ausweichen und entsprechendes Training eben mal nicht möglich ist.

    Ich fände ein Geschirr mit Ring vorn persönlich schlauer. Dann wird der Hund "zu dir gedreht" sobald Spannung auf der Leine ist.

    Grundsätzlich: Ja, bin ich voll bei dir. Aber bei einem Hundetyp, der eh schon mehr oder weniger prädestiniert dafür ist, sich in spannungsgeladenen Situationen mal zum Halter umzudrehen, würde ich davon sicherheitshalber ganz großen Abstand nehmen.

    Was vielleicht noch ne Option wäre, so ihr den Hund damit kräftemäßig noch gut halten könnt: Ein Geschirr mit (stabiler!) Handschlaufe am Rücken.

    Ich bin ehrlich gesagt einfach noch nie auf die Idee gekommen, dem Hund draußen alles abzuziehen :lol:

    Freilauf heißt bei uns einfach abzuleinen, unabhängig davon, was gerade am Hund dran hängt.


    Nackigen Freilauf kenne ich nicht und tatsächlich habe ich meines Wissens nach hier auch noch nie einen Hund ohne alles im Freilauf getroffen.


    Wenn ich so drüber nachdenke: Klar könnte ich dem Hund sein Halsband im Freilauf abziehen. Aber mir persönlich erschließt sich der Sinn dahinter nicht.


    Für mich wäre es zum An- und Ableinen viel aufwändiger, erst am Halsband rumzumachen. Da klicke ich lieber kurz die Leine ein oder aus.

    Dass ihn das Halsband im Freilauf stört, bezweifele ich auch sehr, weil wenn es ihn im angeleinten Zustand nicht stört, warum sollte es dann im Freilauf plötzlich stören? Also ja, es gibt schon Halsbänder, die ihn stören, aber die kommen dann halt prinzipiell nicht an den Hund :ka:


    Abgesehen davon sehe ich, sollte der Hund im absoluten worst case doch mal entlaufen, bei meinem Hund tatsächlich eine größere Gefahr darin, wenn er kein Halsband trägt als wenn er eines trägt.

    Klar, eine gewisse Verletzungsgefahr geht in solchen Fällen vom Halsband aus - aber ohne Halsband wäre er von fremden Menschen never ever gefahrlos festzuhalten und zu sichern.


    Von dem her: Hier bleibt's auf jeden Fall beim angezogenen Freilauf. Wobei ich jetzt mal mehr drauf achten werde, ob's hier in der Gegend doch auch paar nackige Hunde gibt...