Beiträge von Schäferterrier

    Bei Problemen mit dem Alleinsein aufgrund von Kontrollverlust hat der Hund Stress, weil die Bezugspersonen nicht mehr da sind.

    Bei Problemen mit dem Alleinsein aufgrund "echter" Trennungsangst hat der Hund eher Stress, weil niemand mehr da ist. Das ist meiner Erfahrung nach der entscheidende Unterschied, an dem man die Motivation des Hundes erkennen kann. Wenn Hund also Stress hat, wenn ihr als Bezugspersonen euch entfernt, obwohl noch jemand anders da ist, würde ich tatsächlich von Kontrollverlust ausgehen. Wenn Hund sich aber entspannt fremdbetreuen lässt und nur Stress hat, wenn er ganz allein ist, würde ich von einer Angst vor dem Alleinsein ausgehen. Aber, ganz wichtiger Punkt: Es kann natürlich sein, dass ein Hund aufgrund der ständigen Angst, allein gelassen zu werden, irgendwann Kontrollverhalten entwickelt und zur Klette wird.


    So oder so hat der Hund aber bei allen Varianten, wegen denen das Alleinbleiben nicht klappt, großen Stress. Und das würde ich definitiv nicht ignorieren und aussitzen, weil Hund dabei ja maximal lernt, dass Bellen nichts bringt - gestresst ist er aber trotzdem.


    Du sagst, eure Hündin bellt schon bei 20 Sekunden Abwesenheit. Anstatt sie erst bellen zu lassen und dann reinzukommen, wenn sie aufgehört hat, würde ich viel, viel früher ansetzen. Und zwar in dem Moment, wo sie noch entspannt ist und eben nicht bellt. Und wenn es nur ein, zwei oder drei Sekunden sind, die sie dann "allein" ist. Wichtig ist nämlich erstmal, dass sie lernt: "Es ist nicht schlimm, wenn meine Menschen weg sind, die kommen eh sofort wieder." Und wenn das als Basis sitzt, dann kann man die Zeiten ganz langsam nach und nach ausdehnen.


    Parallel würde ich übrigens daran arbeiten, die Dame daheim von mir weg schicken zu können. Ohne auf die Decke schicken oder bringen, ohne Kindergitter, anleinen und was es noch so gibt. Einfach mal eigene räumliche Grenzen setzen und quasi hundgerecht sagen "Hey, ich will dich grad nicht an meiner Ferse kleben haben, mach was anderes." Wenn man das einmal gescheit körpersprachlich vermittelt kriegt, verstehen die das in der Regel ganz schnell. Und gerade bei einem kleinen Schatten im Haus ist das echt Gold wert.

    und wie genau korrigiert Ihr bei schnappen, anspringen, überdrehen, … ?

    Beim Überdrehen korrigiere ich sowieso nicht großartig rum (außer Hund steigert sich unnötig rein).

    Mutwilliges Schnappen korrigiere ich wie alles, was ich korrigiere, je nach Hund und Situation verbal, taktil, akustisch und/oder körpersprachlich. Das "genau" zu beschreiben, haut nicht hin, weil es einfach von so unglaublich vielen Faktoren abhängig ist, dass es dafür keine Anleitung gibt. Richtwert ist hier nur: Der Druck wird sofort rausgenommen, wenn Hund sich zurück nimmt.

    Man muss nicht wegen jeder Kleinigkeit zu einem sog. Hundetrainer. Die meisten kochen auch nur mit Wasser und nur Ausgewählte haben wirklich besondere Kenntnisse die sie auch vermitteln können.

    Ich bin ja ebenfalls ein ganz großer Fan von Bauchgefühl und meine Erfahrungen mit Trainern sind noch dazu auch eher bescheiden. Aber gerade bei aversiven Korrekturen kann man einfach wahnsinnig viel falsch machen: Das Timing passt nicht, die Intensität passt nicht, die Dauer passt nicht, beim Schnauzgriff zusätzlich: der Griff passt schlicht nicht. Einfach nur Hand ums Maul drücken ist halt nicht, wenn man's richtig machen will. Und wie willst du dir da die richtige Technik als Anfänger selbst beibringen? Wenn man nicht wirklich versiert darin ist, die Körpersprache des eigenen Hundes zu lesen, dann geht das nach hinten los. Und genau dafür braucht man dann halt doch einen Trainer.

    Ich nutze den Schnauzgriff übrigens aus diversen Gründen nicht, mit ein Hauptgrund ist aber, dass ich die Anwendung nochmal weitaus schwieriger finde als andere Korrekturen.

    Zum Thema Trainer: Ich denke, ich war so automatisch davon ausgegangen einen Trainer aufsuchen zu müssen, weil es teilweise so auch suggeriert wird, dass das der einzig richtige Weg ist..? Dass es auch anders geht, hatte ich irgendwie gar nicht auf dem Schirm.

    Der einzig richtige Weg ist es auf keinen Fall. Wenn alles rund läuft, brauchst du nicht zwingend einen Trainer. Aber gerade in der Anfangszeit mit dem ersten Hund kommen in der Regel viele kleine Fragen und Unsicherheiten auf ("Was mach ich wenn...?", "Ist das normal?", "Interpretiere ich das richtig?"), bei denen man froh ist, wenn man jemanden fragen kann, der Ahnung hat. Das kann der Züchter sein, das können auch erfahrene Bekannte sein, das kann das Forum hier sein - oder eben ein Trainer. Letztendlich kommt es also auch darauf an, wie gut dein Netzwerk ist.

    Ich habe hier zum Beispiel eben wegen einem ziemlich guten Netzwerk an erfahrenen Leuten ganz lange gar keinen Trainer in Anspruch genommen. Zwischendurch in der Pubertät habe ich mal kurz zwei Trainer ausprobiert, weil ich nicht weiter wusste, die haben unsere Situation allerdings eher verschlimmbessert und letztendlich hatte ich allein mehr Erfolg :tropf: Also kurz: Es kann sinnvoll sein, sich einen Trainer an die Hand zu holen, wenn man unsicher ist, brauchen tut man es aber, solange man selbst weiß, was man tut, eigentlich nicht.

    Wie hat die Menschheit früher nur ohne Trainer und Coaches überlebt?

    Aber sei es drum. Wenn man unbedingt meint, einen Trainer zu brauchen, muss man doch auch erstmal wissen, was schiefgeht. Kann der Hund nicht alleine bleiben, hat er ein Artgenossenproblem, oder oder oder. Dann kann nach spezifischen Trainern gesucht werden.

    Und auf Empfehlungen würde ich nicht sehr viel geben, denn was für den einen passt, muss nicht für den anderen passen.

    Klar braucht man nicht zwingend einen Trainer. Aber gerade beim ersten Hund macht es meiner Meinung nach schon Sinn, sich im Vorfeld verschiedene potentielle Anlaufstellen herauszusuchen, falls man mal Fragen hat. Gerade dann, wenn man wie der/die TE jetzt schon etwas verunsichert ob der ganzen Theorie-Ratschläge ist. Da geht es ja nicht darum, sich jetzt schon auf genau diesen einen Trainer festzulegen, sondern einfach darum, im Kopf zu haben, welche Trainer in der Gegend denn möglicherweise in Frage kommen könnten. Potentielle Anlaufstellen zu kennen - ganz unabhängig davon, ob man sie letztendlich braucht oder nicht - gibt einfach Sicherheit und Gelassenheit.

    Mein wichtigstes Learning bisher war tatsächlich, von dem Gedanken wegzukommen, dass man keine Fehler machen darf.

    Das Ding ist, du wirst immer Fehler machen. Egal wie gut du dich vorbereitet hast, egal wie viel Erfahrung du hast, selbst wenn es dein 10. Hund wäre, würdest du trotzdem nicht alles richtig machen. Jeder Hund ist anders, tickt anders, lernt anders, da bleibt es gar nicht aus, dass man immer mal wieder nach dem Try and Error Prinzip fährt und erstmal auf die Schnauze fliegt. Aber, und das ist die gute Nachricht: Das ist gar nicht schlimm. Das gehört halt dazu und nur weil man den ein oder anderen Fehler macht, heißt das nicht, dass man den Hund damit unwiderruflich verkorkst. Ganz im Gegenteil, wenn ich mich hier in der Nachbarschaft so umschaue, bin ich immer wieder überrascht, mit wie wenig Ahnung manche Leute es schaffen, trotzdem tolle, unkomplizierte Hunde zu haben. Vorausgesetzt, die Rasse passt.


    Ich würde deshalb gar nicht so wahnsinnig viel auf Vorbereitung geben. So ein bisschen Grundlagenwissen ist nie schlecht, aber mir hat die ganze Theorie, die ich im Vorfeld aufgesaugt hatte, zum Großteil überhaupt nichts gebracht. Das allermeiste wirst du sowieso aus der Situation und deinem zukünftigen Hund heraus lernen. Was du natürlich im Vorfeld machen kannst:

    - Dich nach Trainer-Empfehlungen umhören (weil es entspannter ist, wenn man schon weiß, wohin man sich wenden kann, wenn doch mal was schief geht und nicht erst suchen muss, wenn die Hütte schon brennt)

    - Dich mit den Basics der hundlichen Körpersprache auseinandersetzen

    - Dich über geeignetes Zubehör für die erste Zeit informieren (gutes Futter, Leinen, Geschirr, Näpfe, Bürsten usw.)

    Jetzt will ich die Nebenwirkungen aber natürlich auch nicht klein reden (um Gottes willen! Nicht falsch verstehen) und bin auf der Suche nach nem guten wirksamen aber vergleichsweise "schonendem" Mittel (jaja die eierlegende Wollmilchsau)

    Ich würde mich in eurem Fall vielleicht erstmal nach pflanzlichen Abwehrprodukten umsehen. Da gibt es inzwischen einige Halsbänder und Sprays, die die Viecher durch Duftstoffe, ätherische Öle o.Ä. abwehren, ohne sie direkt zu vergiften. Ich hatte mal das Halsband von Bogaprotect und das Spray von LilaLovesIt ausprobiert. Bei uns half zwar letztendlich beides nicht viel, hier geht echt nur Serestro, aber wenn Ruby eh nicht so anfällig für Zecken & Co. ist, könnte ich mir das als schonendere Alternative ganz gut vorstellen.

    Einziger Nachteil: Die Dinger riechen teils echt stark, das kann manche Hunde (und Halter :hust: ) stören.

    Ich kenn das Meiden nach doofen Erfahrungen so ähnlich von meinem Hund hier. Wenn der einmal eine einzige doofe Erfahrung gemacht hat, braucht das mitunter sehr, sehr lange, bis er das wieder raus hat. Und mit was er das verknüpft (Menschen, Hunde, Situationen, Uhrzeiten, Körperhaltungen, Gegenstände usw.), ist hier auch sehr vielfältig. Der Hund hat es schon geschafft, 2 Wochen lang sein eigenes Frühstück zu meiden, nachdem er einmal (!) nach dem Frühstück Augentropfen bekommen hat :muede: und ja, der hat auch schon mich gemieden, nachdem ich was an seinem Körper rumhantieren musste, was er doof fand. Gut, ist auch ein Tierschutztier ohne jegliches Grundvertrauen in Menschen, aber gerade bei so blöden Vorfällen in prägenden Entwicklungsphasen wie der Pubertät kann ich mir das auch bei einem gut aufgezogenen Junghund mit einer eigentlich guten Bindung zu seinen Haltern vorstellen, dass da erstmal kurzzeitig das Vertrauen etwas angeknackst ist.


    Was ich tun würde:

    Es drinnen ignorieren. Kein Gewese drum machen, kein Bemitleiden, keine besondere Aufmerksamkeit schenken, nicht locken, nicht ansprechen - schlicht und ergreifend nichts (Ungewöhnliches) tun. Zumindest habe ich bei meinem die Erfahrung gemacht, dass jegliche zusätzliche Aufmerksamkeit erst recht als "da stimmt was nicht, da muss was im Busch sein" verstanden wurde, was das Meiden natürlich nochmal verstärkt hat. Also einfach ganz normal den Alltag leben wie ihr es immer gemacht habt, dann wird euer Hund schon früher oder später wieder auf euch zukommen.

    Was das Auf-die-Decke-schicken angeht, würde allerdings auch ich etwas Druck rausnehmen. Ein beunruhigter Hund (und das ist er halt gerade in eurer Gegenwart) kann einfach nicht so gut Kommandos umsetzen und erst recht nicht gemütlich auf seinem Platz liegen bleiben. Oder könntest du dich entspannt ins Bett legen und dösen, während im Zimmer nebenan jemand rumläuft, der dich vorgestern plötzlich aus dem Nichts überfallen hat? Nee, da hättest du den potentiellen "Feind" sicher auch gerne im Blick. Gib eurem Hund die Zeit, bis er wieder Vertrauen aufgebaut hat - dann klappt das mit dem Deckentraining bestimmt auch wieder viel besser.


    Um das etwas zu beschleunigen, würde ich vielleicht zusätzlich draußen auf den Spaziergängen Vertrauen aufbauen. Macht Spiele, erlebt gemeinsam tolle Dinge, Hauptsache Hund hat Freude an der Aktivität mit euch und es passiert ganz viel Schönes mit euch zusammen.


    Um sowas zukünftig zu vermeiden, würde ich außerdem jegliches Anfassen für aus Hundesicht doofer Dinge zukünftig immer ankündigen. Ich sage zum Beispiel immer "Achtung", bevor ich irgendwas am Hund rumhantiere. Führt zwar einerseits dazu, dass Hund, sobald ich "Achtung" sage, maximal unentspannt ist, aber andererseits hat er dann wirklich nur noch Angst, wenn ich "Achtung" sage. Das ist zwar auch nicht optimal, aber mir persönlich lieber als ein Hund, der mich wochenlang meidet, weil er nie weiß, wann der nächste Überfall kommt.