Beiträge von Schäferterrier

    Stubenreinheit braucht - genauso wie Gehorsam unter Ablenkung - einfach Zeit. Klar gibt es Hunde, die haben das schneller raus, andere brauchen dafür nunmal länger.

    Ich würde auch dazu raten, grundsätzlich die Erwartungen runter zu schrauben. Rückruf ohne Ablenkung weiter festigen (weil sonst verhaut ihr euch den ganz schnell) und bei der Stubenreinheit geduldig bleiben und besser beobachten. Mein Hund legt sich, wenn er muss, zum Beispiel einfach in irgendeine Ecke und starrt mich an. Nix da suchen, zur Tür rennen, unruhig rumwuseln. Da muss man schon ganz genau hinschauen, die Signale erkennen und deuten lernen.


    Wobei das, was du beschreibst (Pinkeln direkt nach dem Gassi, hochdrehen und beißen, kaum Fortschritte bei Außenreizen) für mich all in all tendenziell danach klingt, als wäre der Hund draußen gnadenlos mit seiner Umwelt überfordert. Deshalb auch von mir die Frage: Wie hat der Hund davor gelebt? Und wie gut wurde er dort auf Umweltreize, die ihm jetzt begegnen, vorbereitet?

    Wenn für ihn draußen alles neu und aufregend bis beängstigend ist, wundert es mich nicht, dass er sich draußen (noch) nicht traut, in Ruhe seine Geschäfte zu erledigen oder dass es ihm nach 20 Minuten Gassi das Hirn weghaut oder dass er Signale nicht befolgen kann.

    Ist das eine realistische Alternative, die man in Betracht ziehen sollte, wenn man überlegt, sich einen Hund zu holen?

    In meinen Augen: Nein. Weil es dann einfach letztendlich nicht dein Hund ist, der Hund gehört weiterhin dem Tierheim und damit hat dieses auch weiterhin die Entscheidungsbefugnis über das Tier. Du bist in so einem Fall "nur" jemand, der ehrenamtlich seine Zeit und sein Geld anbietet, um einen Hund vom Tierheim Zuhause zu betreuen. Damit einhergehend entscheidet auch das Tierheim, was mit dem Hund medizinisch gemacht wird oder nicht. Die meisten TH haben dafür übrigens eigene Vertragstierärzte, die den Pflegling weiter behandeln - zu denen musst du dann halt auch gehen. Und die entscheiden dann gemeinsam mit dem TH, was gemacht wird.

    Wenn du das gerne möchtest, so einen Hund zu betreuen, ohne eine großartige Entscheidungsgewalt zu haben, ist das eine tolle Sache. Wenn du aber eigentlich einen eigenen Hund möchtest, würde ich davon die Finger lassen.

    Andererseits sind die Tierheime voll und gerade für solche Kandidaten, die völlig unproblematisch, aber nun man ein gewisses Alter haben, ist das ja auch eher vorteilhaft.

    Ich kenne es von den hiesigen Tierheimen so, dass nur für diejenigen Tiere eine Dauerpflegestelle gesucht wird, die (aufgrund von Alter, Handicap oder beidem) einem erheblichen Betreuungsaufwand bedürfen, den das TH selbst eben vor Ort kaum leisten kann. Mag sein, dass das andere TH anders regeln und recht schnell nach Dauerpflegestellen suchen, aber ich würde mal prinzipiell davon ausgehen, dass ein Dauerpflegling einiges mehr an Zeit und Mühe bedarf als viele andere Hunde.

    Wie ist das denn, hat man dann quasi einen Hund "umsonst" (etwas überspitzt gesagt).

    Hier läuft das so, dass die Pflegestelle alle alltäglichen Dinge selbst finanziert: Futter, Spielzeug, Halsband, Geschirr, Körbchen, Freizeitaktivitäten, usw. Die größeren Dinge wie TA-Kosten werden aber normalerweise vom TH übernommen.

    Und was passiert eigentlich mit Hunden, die man zur Pflege hat, die aber nie vermittelt werden? Behält man die dann "einfach" auf Kosten des Vereins? Kriegt ja auch nicht jeder gestemmt, mehrere Hunde zu finanzieren

    Idealerweise überlegt man sich das, bevor man sich als Pflegestelle anbietet - eben weil es das TH und den Hund ent- und nicht belasten soll. Wenn man (insbesondere eben bei einem Alten und gehandicapten Kandidaten) nicht garantieren kann, dass man diesen bis an sein Lebensende versorgt bekommt, würde ich von der Idee, Pflegestelle zu werden, absehen. Weder für das TH noch für den Hund ist es schön, nach 2 oder 3 Jahren Pflegestelle im hohen Alter nochmal zurück ins Tierheim zu müssen, weil die Pflegestelle es doch nicht schafft.


    Ich finde es wirklich schön, wenn Hunde durch eine Dauerpflegestelle die Chance auf ein schönes Restleben außerhalb des Tierheims bekommen. Aber der Grundgedanke dahinter sollte nicht "Ich will einen Hund, aber mit weniger Verantwortung und Kosten" sein, sondern "Ich will ehrenamtlich meine Zeit und mein Geld anbieten, um einem Tier in Not zu helfen".

    Zeigt der Hund aber nur tiertypisches normales Verhalten und wird lediglich nicht gut und sicher geführt, dann sollte hier die Sachkunde und Eignung des Halters im Fokus stehen.

    Da bin ich absolut bei dir. Von allen Hunden mit Einstufung, die ich in meiner Zeit im TH kennen gelernt habe, würde ich in genau einem einzigen Fall tatsächlich den Hund selbst als "gefährlichen Hund" bezeichnen. Alles andere waren (zum Teil auch noch haarsträubend dämliche) Handlingfehler.


    Zumal Auflagen zumindest hier halt auch nicht "Joa dann zieh ich halt nen Maulkorb drauf" bedeutet. Das zieht einen ganzen Rattenschwanz nach sich, den letztendlich genau einer ausbaden darf: Der Hund. Der darf hier in der Gegend nach entsprechenden Vorfällen in der Regel nicht beim bisherigen Halter bleiben, heißt: Er kommt ins Tierheim und wird von dort aus kaum mehr weiter zu vermitteln sein. Kaum jemand reißt sich um einen als gefährlich eingestuften Hund, und selbst wenn sich jemand findet, muss die Person erstmal ein "berechtigtes Interesse" zur Haltung nachweisen, eine maximal ausbruchssichere Haltung garantieren, einen Sachkundenachweis machen, ein astreines Führungszeugnis nachweisen, ne Haftpflicht finden, die einen als gefährlich eingestuften Hund für halbwegs akzeptable Preise aufnimmt usw. Und wenn der Antrag dann tatsächlich bewilligt wird - joa, dann fristet der Hund trotzdem ein Leben mit Maulkorb an der 2 Meter Leine. Und badet damit für sein restliches Leben das aus, was viel zu oft allein der Mensch vermurkst hat.

    Hund fast nur aus der Hand füttern und von Anfang an fürs Futter "arbeiten" lassen

    Würde ich nicht machen. Nahrung ist ein Grundbedürfnis und sollte deshalb meiner Meinung nach nicht an Bedingungen geknüpft werden. Es gibt doch in der Regel ganz tolle Leckerlies, mit denen man auch einen satten Hund motivieren kann. Und gerade die Bullys, die ich kenne, sind eh sehr verfressen und da dementsprechend leicht zu motivieren.


    Abgesehen davon würde ich die Kleine erstmal ankommen lassen. Neue Menschen, neues Zuhause, neue Routinen, neue Gassistrecken, und das alles auch noch im größten Weihnachts-Trubel - das ist sowieso schon ganz schön viel zu verdauen. Da jetzt direkt mit einer ganzen Palette Erziehungsmaßnahmen, neuem Namen usw. anzufangen halte ich für wirklich ungünstig. Wichtig ist doch erstmal, dass sie euch und ihr sie kennenlernt, dass sie sich gut einlebt und nach und nach herausfindet, wie es bei euch läuft. Grundregeln des Zusammenlebens (falls sie nicht aufs Sofa soll oder so) könnt ihr dabei natürlich ruhig schon etablieren, alles weitere (Rückruf, Leinenführigkeit, Name, Beschäftigung etc.) würde ich vorerst zurückstellen.


    Und prinzipiell zum neuen Namen: Wenn sie eh nicht erzogen ist, hört sie dann überhaupt auf ihren jetzigen Namen? So oder so würde ich es tatsächlich aufbauen wie beim Welpen: Hund schaut euch an - Name sagen - Leckerlie/Spiel/was Tolles passiert. Dann irgendwann Name sagen ohne dass Hund euch anschaut - Hund schaut zu euch - Leckerlie/Spiel/was Tolles passiert. Und bis dahin entweder weiter den Namen nutzen, auf den sie eh nicht hört oder es ganz vermeiden, sie beim Namen zu nennen.

    Ich glaube, du machst da gar nichts falsch. In der Pubertät ist das sowieso normal weil Aufmerksamkeitsspanne, Generalisieren, Grenzen testen und so und je nach Hundetyp (also falls du nen Terrier hast :pfeif:) bleibt das sogar in gewissen Teilen so.


    Meiner zumindest lebt dafür, täglich aufs neue auszutesten, ob "raus da" auch wirklich "jetzt sofort und ohne Umwege mit allen 4 Pfoten plus Nase raus da" heißt und ob das dann auch wirklich noch 5, 10 oder 15 Meter weiter gilt. Ich nehme es inzwischen mit Humor und erfreue mich an der Kreativität meines Hundes, wenn es darum geht, Regeln neu zu definieren.

    Letztens hatten wir erst die Situation, dass Herr Hund an eine Ziegelsteinmauer markieren wollte. Ich: "Nein, weiter." Hund schaut mich an, lässt das Bein sinken, läuft brav einen Schritt weiter wie er soll - und während ich ihn noch lobe, markiert er den nächsten Ziegelstein in der Reihe. Weil, woher soll der arme Hund auch wissen, dass das "Nein" für die ganze Mauer und nicht nur für den einen Ziegelstein gilt? :nicken: Wir sind inzwischen sogar so weit, dass der Herr mich nach solchen Aktionen ganz stolz anschaut, weil er - mal wieder - ein Schlupfloch gefunden hat.


    Du siehst, es geht nicht nur dir so. Was sich hier als Erste Hilfe Maßnahme bewährt hat:

    - besser Vorsorgen als Nachsorgen (Schleppleine dran, verbieten und verhindern, bevor er wo rein läuft, wo er nicht rein soll)

    - es mit Humor nehmen

    - geduldig bleiben

    - elendig konsequent bleiben (weil, wenn Hund es 5x probiert und dann darf er doch, probiert er es das nächste Mal halt 6, 7 oder 8 mal)


    Je nach Hund kann es auch sein, dass da bereits eine Verhaltenskette gebildet wurde. Die müssen ja nicht zwangsläufig nur durch Lob und Leckerlies entstehen, manchen Hunden reicht da auch einfach die menschliche Aufmerksamkeit als Belohnung. Nur so als Gedankenanregung...

    Von den Anforderungen her könnte ein Labrador schon passen, ja. Wichtig finde ich aber, neben den natürlichen Veranlagungen des Hundes (Jagd-, Wach- und Schutzverhalten) auch zu überlegen, für welche Art Hund ihr euch charakterlich begeistern könnt.

    Soll der Hund gerne mit euch zusammenarbeiten oder - nett ausgedrückt - eher eigene kreative Ideen mit einbringen?

    Soll der Hund leicht zu motivieren sein (heißt meist auch schnell hochfahren) oder eher der gemütliche, in sich ruhende Typ sein?

    Soll der Hund eher sanft und sensibel sein oder lieber robust und nicht so leicht zu beeindrucken?

    Soll der Hund bei Begegnungen eher distanziert und abwartend oder freundlich und aufgeschlossen sein?

    Je nachdem, für welchen Hundetyp ihr euch da begeistern könnt, kann der Labrador entweder super passen oder halt so gar nicht. Weil ein Hund besteht ja nicht nur aus dem rassetypischen Jagd-, Wach- und Schutzverhalten, sondern auch aus rassetypischen Charakterzügen, die das Zusammenleben, die Kommunikation und Erziehung im Alltag maßgeblich beeinflussen.

    Stutzig macht mich da "mehrfach" gebissen. Einmal - ohne Frage - im Eifer des Gefechtes den falschen erwischt. Bei mehrfach frage ich mich schon, wie das kommt.

    Finde ich je nach Hundetyp nicht so ungewöhnlich. Manche Hunde neigen dazu, den eigenen Halter als Blitzableiter zu benutzen, wieder andere maßregeln den Halter, wenn sie von eben diesem davon abgehalten werden, an ihr eigentliches Ziel zu gelangen. Wenn da durch den vorangegangenen Streit der Hunde eh schon ordentlich Energie drin war, wundert mich das nicht.


    Könntest du das eventuell noch genauer beschreiben?

    Ich kenne mich mit dem Gos d'Atura nicht so aus, deshalb finde ich es schwierig, das zu vergleichen.

    Wenn du dir aber anschaust, wozu der Bergamasker ursprünglich verwendet wurde, wird vielleicht deutlicher, was ich meine: Die wurden ja sowohl zum Treiben als auch zum Schutz von Herden eingesetzt. Heißt, die mussten nicht nur wie der typische Hütehund ihre Herde im Griff haben, sondern auch auf einem recht weitläufigen Gelände potentielle Gefahren zuverlässig von ihrer Herde fernhalten. Das bedarf einem starken Territorial- und Schutzverhalten und der Eigenschaft, auch massiver Gegenwehr durch Raubtiere etc. standhalten zu können. Eine Kombination, die zu einem Hund führt, der sein Territorium und seine Menschen sehr kompromisslos mit allen Mitteln verteidigt, wenn er es für nötig hält. In diesem Sinne ist der Bergamasker also, wie pinkelpirscher schon sagte, ein Herdenschutzhund mitsamt der typischen Herdenschutzhund-Eigenschaften. Und das macht es

    solchen Hunden hierzulande schwer. Die dichte Bebauung und die hohe Menschen- und Hundedichte widersprechen einfach denen ihrer Genetik. Das führt dann schnell mal zu Problemen, die man einfach umgehen könnte, wenn man sich eine Rasse aussucht, die zu dem Leben hierzulande besser passt, anstatt einen Hund hierher zu verpflanzen, der aufgrund seiner noch sehr ursprünglichen Eigenschaften einfach nicht für das Leben als Familienhund in halbwegs bebautem Gebiet, mit Sonntagsspaziergängen, Hundefreunden und Restaurantbesuchen gemacht ist.