Hallo zusammen,
es geht um ein Verhalten meines Hundes mir gegenüber, über das ich mir schon geraumer Zeit immer mal wieder Gedanken mache, und für das ich gerne eine Erklärung hätte, damit ich weiß, wie ich das in unserem Verhältnis einzuordnen habe.
Eine Google-Suche ergab, dass mein Anliegen in verschiedenen ähnlichen Formen schon öfter gefragt wurde, aber mein Problem nicht wirklich widerspiegelt, weshalb ich mich an euch wende, mit der Hoffnung, hier eine schlüssige Antwort zu erhalten. Für alle Antworten ein herzliches Dankeschön schon einmal vorab.
Ich will versuchen, meine Situation so genau wie möglich zu beschreiben (Rückfragen beantworte ich sehr gerne):
Ich habe eine Langhaar-Collie Hündin, die etwas über 19 1/2 Monate alt ist und seit knapp 16 Monaten bei mir lebt. Als ich sie bekam, war sie 15 Wochen alt. Sie ist mein erster Hund.
Ich lebe in einem Singlehaushalt, aber meine Hündin und ich sind praktisch den gesamten Tag zusammen, da sie mit mir ins Büro kommt. Sie ist also bis auf wenige Ausnahmen - wenn ich bspw. einkaufen gehe oder zum Arzt muss - nie alleine. Alleine sein ist für sie auch kein Problem. Sie ist entspannt und schläft meist, wenn ich nicht da bin. Wenn ich dann nach Hause komme, kommt sie ganz entspannt aus dem Zimmer, in dem sie gerade war, schaut nach mir oder guckt mir beim Auspacken des Einkaufs zu und geht dann wieder. Und das alles ohne Schwanzwedeln, Rumhüpfen, Bellen oder andere Aufgeregtheiten. Das für sich genommen ist super … ABER und hier ist mein Problem: Sie freut sich praktisch nie - zumindest nicht sichtlich - wenn sie mich sieht. Egal ob ich vom kurzen Einkauf wiederkomme, vom etwas längerem Arztbesuch oder generell, wenn ich mal drei bis vier Stunden weg war (länger ist sie noch nicht alleine gewesen). Allerdings auch nicht, wenn sie mal drei Tage weg war. Sie ist immer völlig unaufgeregt und der Schwanz bewegt sich kein Stück.
Sie war bisher zweimal von zu Hause weg. Einmal für zwei Tage und das andere Mal für drei Tage. Beide Male bei meiner Schwester und meinem Schwager. Wenn Sie dann wiederkam, ist sie jedes Mal an mir vorbei, als wäre sie gar nicht weg gewesen. Keinerlei Zeichen von Wiedersehensfreude. Völlige Neutralität.
Nika, so heißt meine Hündin, ist Collie typisch Fremden gegenüber freundlich, aber distanziert und auch bei Menschen, die sie kennt, zurückhaltend, wenn sie ihnen begegnet. Es gibt im Grunde nur zwei Ausnahmen: Die eine Person ist eine Kollegin von mir, bei der sie sich freut, wenn sie sie sieht. Zu ihr läuft sie immer schwanzwedelnd und lässt sich ausgiebig streicheln. Die andere Person ist mein Schwager. Da flippt sie dann allerdings komplett aus und ist vor Freude völlig aus dem Häuschen.
Jetzt ist das an sich ja OK und erst ein Mal nichts Ungewöhnliches, da sie ihn nicht oft sieht. Wenn ich allerdings mal übers Wochenende bei meiner Schwester bin, ist mir aufgefallen, dass sich meine Hündin jedes Mal freut, wenn sie meinen Schwager sieht. Also, wenn er morgens die Treppe runterkommt oder wenn er unterwegs war und die Haustür reinkommt. Sie flippt dann zwar nicht aus, aber freut sich sichtlich.
Mir ist bewusst, dass sich Hunde ihre Lieblingsmenschen selbst aussuchen und mein Schwager (wohl) ihr Favorit ist. Das ist OK und nichts, dass mir den nächtlichen Schlaf raubt. Was mir aber immer wieder zu denken gibt, ist eben die Tatsache, dass mein Hund mir gegenüber bei Begegnungen praktisch immer vollkommen neutral ist.
Nichtsdestotrotz haben mein Hund und ich ein (hoffe ich) gutes Verhältnis. Sie hält sich fast immer bei mir auf. Zu Hause liegt sie meist unter meinem Schreibtisch, hinter meinem Stuhl oder halt einfach im Zimmer, wenn ich am Arbeiten bin. Gehe ich ins Wohnzimmer, dauert es nicht lange, bis sie auch dorthin kommt. Gehe ich abends schlafen, folgt sie mir automatisch und legt sich in ihr Hundebett und schläft bei mir im Zimmer.
Draußen gehen wir fast ausschließlich ohne Leine (außer an Orten mit Leinenpflicht!). Sie hört aufs Wort und der Rückruf klappt in jeder Situation (fast) perfekt. Wir sind unter Woche ca. zwei bis drei Stunden draußen. An freien Tagen oder Wochenenden sind es vier bis sechs Stunden und rund fünfzehn bis zwanzig Kilometer, die wir dann am Tag über Felder oder durch den Wald gehen. Wir unternehmen also recht viel miteinander.
Sie ist allerdings ein sehr wenig verspielter Hund. Bälle, Frisbee, Stöcke, Reizangel etc. interessieren sie kaum bis gar nicht und wenn dann nur sehr kurz. Ab und an machen wir mal verhaltene Zerrspiele. Auf unseren Spaziergängen spielen wir immer mal wieder für kurze Momente. Aber alles meist sehr verhalten. Ab und an bekommt sie ihre verrückten fünf Minuten, dann spielt sie etwas wilder und rennt dann wie irre übers Feld und wieder zu mir zurück, das dann zwei, drei Mal. Aber das ist selten.
Auch beim Training war es teils merkwürdig und wohl etwas untypisch (wobei das, wie eingangs erwähnt, mein erster Hund ist und ich möglicherweise falsch liege, da ich keine Hundeschule besucht habe): Als ich mit ihr anfing, hatte ich es mit Leckerlis versucht, bis ich feststellen musste, dass sie neben einem sehr geringen Spieltrieb auch nicht wirklich futtergetrieben ist und Leckerlis, egal wie gut, ihr völlig Schnuppe waren, wenn etwas interessant war oder sie zu lange drauf warten musste. Auf Lob reagierte sie auch nicht - dachte ich zuerst, da sie keine sichtbare Reaktion zeigte. Sie sah mich bisweilen auch nicht mal an, wenn ich sie lobte. Bis ich später merkte, dass Lob am allerbesten funktioniert, auch wenn man es ihr nicht ansieht (wenn man sie nicht kennt). Um zu verdeutlichen, wie gut Lob funktioniert: Meine Hündin jagt gerne Hasen, Katzen, Rehe und Tauben hinterher. Am liebsten aber Hasen und Rehe. Wenn Sie einen Hasen oder ein Reh sieht, dann ist Hinterherrennen angesagt, und zwar was der Motor hergibt. Mittlerweile kann ich sie jedoch aus dem Lauf stoppen und abrufen, wenn sie Wild, Katzen oder Tauben hinterhergeht - und das ohne Leckerlis, nur mit sehr viel Übung an der Schleppleine und viel Lob, das ihr zwar keine sichtbare Regung abringt, aber funktioniert.
Warum schreibe ich das? Um zu verdeutlichen, dass mir das Verhalten meines Hundes mir gegenüber bisweilen Rätsel aufgibt, die ich nicht entschlüsseln kann. Sie freut sich sichtbar bei (wenigen) anderen Personen, wenn sie ihr begegnen. Bei meinem Schwager ganz besonders. Mir gegenüber ist sie (bisher) bei jeder Begegnung, auch wenn sie mehrere Tage von mir getrennt war, immer völlig neutral, ohne das kleinste sichtbare freudige Verhalten. Lob von mir entlockt ihr auch keine sichtliche Reaktion. Auf der anderen Seite folgt sie mir überall hin, geht mit mir ohne Leine und hört aufs Wort.
Ich stelle mir oft die Frage: Warum ist meine Hündin mir gegenüber (scheinbar) generell so reserviert? Warum reagiert sie - selbst nach mehrtägiger Abwesenheit komplett neutral, wenn sie mich wiedersieht?
Nicht falsch verstehen, ich bin nicht enttäuscht, dass meine Hündin mir nicht so begegnet, wie sie es bspw. bei meinem Schwager macht. Es ist halt so. Ich würde aber gerne verstehen, warum sich meine Hündin mir gegenüber so verhält, wie sie sich verhält.
Grüße Michael