Guten Morgen zusammen,
ich bin neu hier und lese schon seit Wochen aktiv mit und möchte mich nun auch mal mit unseren Baustellen an euch wenden, in der Hoffnung, dass ihr uns weiterhelfen könnt.
Wir haben vor 4 Wochen einen mittlerweile 10-Monate alten Rüden aus dem Tierschutz übernommen. Er war vorher schon einige Wochen in Deutschland auf einer Pflegestelle, jedoch hat er davor soweit wir wissen noch nicht sehr viele Erfahrungen sammeln dürfen, allerdings auch scheinbar keine schlechten, da er sehr unerschrocken und neugierig ist.
Eigentlich ein toller Hund, mir kommen aber Zweifel auf, ob er bei uns vielleicht in den falschen Händen sein könnte.
Zu unseren Problemen:
- er stalkt insbesondere mich extrem, macht auch jedes mal Theater wenn ich komme und gehe und klebt wie eine Klette an mir. Bei meinem Partner ist das nicht so. Es gab anfangs sogar Gebell und Geheule, obwohl er daheim war ihm blieb und nur ich weg war, er also gar nicht alleine war. Inzwischen funktioniert das weitestgehend, ich muss aber immer noch heimlich das Haus verlassen, sonst sucht er mich und bellt auch doch nochmal ein wenig, beruhigt sich dann aber auch schnell wieder.
Das Verhältnis zwischen den beiden ist sonst super, sie spielen und machen viel zusammen, aber er ist halt "nicht die Mama" 
- alleine bleiben funktioniert generell schlecht bis gar nicht. Wir haben von Anfang an versucht, es zu normalisieren, dass er z.B. nicht mit ins Badezimmer darf (gab anfangs auch Gebell vor der Türe, klappt inzwischen aber er liegt davor und wartet) und er dürfte auch z.B. nie mit in den Keller. Aber darüber hinaus kamen wir irgendwie nicht.
Wir können also nicht mal kurz einkaufen gehen oder auch nur entspannt den Raum verlassen. Bei mir ist das natürlich noch deutlich kritischer als bei meinem Partner. Der kann das, zumindest um mal kurz duschen zu gehen.
Bei mir versucht er direkt hinterher zu kommen, hält es nur ein paar Minuten aus und steigert sich dann nach und nach richtig rein. Das Gebell wird immer stärker, er heult und jault wie ein Wolf und ist super unruhig.
Wir lassen ihn bisher immer in der Wohnküche, das ist auch sein Hauptaufenthaltsraum.
Natürlich haben wir sämtliche Tipps die wir im Internet gefunden haben versucht zu beherzigen: nur Minutennweise steigern, positiv abschließen, Kong zur Beschäftigung, Kauspielzeug, nicht übermäßig belohnen wenn man rein kommt, nicht beim Bellen rein kommen... Aber irgendwie fruchtet einfach nichts so richtig und ich habe das Gefühl, dass wir keine Fortschritte machen.
Kauspielzeug oder Beschäftigung verlagert das Problem eigentlich nur, dann macht er 5 Minuten später Randale, aber es scheint ihn nicht zu beruhigen.
- hinzu kommt auch noch, dass er stark zum Stresspinkeln neigt. Wir waren deshalb schon beim Tierarzt, weil ich schon dachte, dass er eventuell eine Blasenentzündung hat, weil es teilweise so extrem war und er mehrmals am Tag unsauber war. Es scheint aber wirklich nur am "Stress" zu liegen.
Wenn wir nichts machen und für ihn nichts besonderes passiert, dann gibts auch kein Malheur.
"Stress" kann allerlei sein. Hundebegegnungen, Menschenbegnungen, Besuch, wenn er mal ausnahmsweise zur Mama von meinem Partner muss weil wir beide ins Büro müssen... Die Stressfaktoren für ihn sind vielseitig und auch einfach nicht immer vermeidbar, allerdings auch nicht kalkulierbar. Denn was heute ein Trigger ist, muss morgen keiner sein.
Stresspinkeln ist auch immer mit vermehrtem trinken verbunden. Oft passiert es auch kurze Zeit nachdem wir mit ihm draußen waren und wir lassen ihn wirklich schon viel raus, da wir sehr vorsichtig geworden sind. Ich frage mich manchmal, wo so ein kleiner Hund so viel Flüssigkeit überhaupt unterbringt.
-Umweltreize erschlagen ihn noch so stark, dass er sich davon so total ablenken lässt, dass er gar nicht mehr ansprechbar ist.
Ich bin extrem unsicher, wie viel "zu viel" ist und wie viel aber "nötig" ist, um ihn zu desensibilisieren.
Aktuell gehen wir jeden Tag gezielt auf eine Wiese, also da gibts sonst nix, ist einfach nur ein Wiesenstreifen und drum herum ist nix, keine Menschen, keinen Tiere, nix.
Dort wird aber so aktiv geschnüffelt, er reißt irgendwelches Gestrüpp oder Gras aus dem Boden (vermutlich Übersprungshandlungen), dass er gar nix mehr um sich herum mitkriegt und nicht ansprechbar ist.
Zuhause ist er eigentlich sehr aufmerksam.
Ich erhoffe mir von den täglichen Besuchen mittelfristig eine Desensibilisierung.
Ich denke, dass man die Probleme im Kern angehen muss, also wahrscheinlich erstmal das stalken in den Griff kriegen muss, aber das ist wirklich leichter gesagt als getan.
Ich fühle mich ehrlicherweise etwas überfordert, insbesondere davon, dass man so ans Haus gefesselt ist.
Als wir ihn übernommen haben hat man uns gesagt, dass er bereits einige Stunden allein bleiben kann und das war für uns auch ein Faktor, der sehr wichtig ist, da wir beide berufstätig sind und naturgemäß eben auch mal aus dem Haus müssen und nicht 100% im Homeoffice arbeiten können.
Jetzt haben wir aber die Situation, dass wir einen Hund haben, den wir gar nicht allein lassen können und auch nicht weg geben können, weil er dann alles voll pinkelt.
Unser Plan B ist uns aufgrund des pinkelns schon abgesprungen, dort möchte man ihn nicht mehr haben. Wir suchen aktuell verzweifelt eine Huta aber sind bisher noch nicht fündig geworden, weil alle bisher angefragt schon voll belegt sind.
Er kommt Zuhause komplett zur Ruhe und schläft tief und fest (schnarcht sogar regelmäßig), solange jemand bei ihm ist und mit ihm z.B. ruhig auf dem Sofa sitzt (er darf nicht aufs Sofa).
Wir können aber ja nicht den ganzen Tag auf dem Sofa herum sitzen. Sobald wir aktiv im Haus etwas tun, rennt er nur hinterher und legt sich gar nicht mehr ab oder kommt zur Ruhe.
Ich fange schon an mich zu fragen, ob er nicht besser bei Menschen aufgehoben wäre, die 100% im HO sind oder schon nicht mehr berufstätig und sich einfach 100% oder Zeit nur um ihn kümmern und wo er auch nie allein sein muss.
Ich hoffe wirklich, dass ihr hier Tipps und Rat für uns habt, da ich langsam wirklich nicht mehr weiter weiss.
Ganz liebe Grüße
Vycami