Hallo zusammen!
Vor heute auf den Tag 3 Wochen habe ich eine Hündin zu mir geholt, die aus ihrer Familie "geworfen" wurde. Sie taut nun langsam auf und offenbart mir einige Baustellen. Insgesamt ist sie ein braver Hund, doch sie hat einige Ecken und Kanten, um die es mir hier geht.
Sie ist 7 Jahre alt und hat leider viele schlechte Erfahrungen gesammelt. Sie ist ziemlich zerbrechlich. Bei einem falschen Blick, einem Wort in falscher Stimmlage, einer bestimmten Bewegung, klappt sie zusammen wie ein Zelt im Wind.
Bindung hat sie schnell zu mir aufgebaut. Ich habe zuerst einmal nicht viel von ihr verlangt und mich nur eingeschmeichelt, ihr Freiheit gelassen und doch von Anfang an klare Grenzen abgesteckt.
Dennoch bin ich zurzeit überfordert. Ich weiß nicht, wo und wie ich bei ihr anfangen soll, etwas wieder gut zu machen. Im Grunde hat sie viele kleine Problemchen und ein paar wenige große Baustellen, eigentlich nichts wirklich Katastrophales, aber mir fehlt die Erfahrung und Gelassenheit, einen eindeutigen und geradlinigen Weg hindurch zu finden/planen. Ich könnte es mir natürlich einfach machen und den Hund so lassen, wie er ist, immerhin ist sie schon 7 Jahre alt. Aber das möchte ich nicht. Ich möchte mit ihr glücklich werden und ermöglichen, dass sie meine Zufriedenheit spürt und ebenso glücklich sein kann. Dabei geht es mir nicht darum, sie zu einem vollkommen anderen Hund umzustricken. Ich möchte sie in ihrem Wesen akzeptieren. Gleichzeitig möchte ich aber auch sicerstellen, dass sie für niemanden eine Bedrohung ist und vor allem, dass sie sich sicher und wohl fühlen kann, wenn sie bei mir ist.
Daher wäre es schön, wenn ihr meine Denkansätze "reviewen" würdet und mir sagt, wo ich Fehler mache bzw. was ich besser machen könnte. Ich weiß, dass es schwer ist, wenn man mich und den Hund nicht kennt.
Aaaaalso.... folgendes sind die Baustellen.
1. Sie muss das Lernen lernen und ich muss lernen, meine Erwartungen runter zu schrauben. Ivy ist jung und lernt rasend schnell. Bei Luna kommt der Terrierdickschädel erschwerend zum Alter hinzu.
-> Ich konditioniere sie zurzeit auf den Klicker. Wenn sie kapiert, dass sie sich vor dem Klicken nicht erschrecken muss, werde ich ja sehen, wie sie damit umgehen kann. Ich benutze einen Klicker, bei dem ich die Lautstärke verstellen kann und benutze ihn auf der leisesten Stufe. Sie zuckt ab und an noch leicht zusammen, bleibt aber vor mir sitzen.
2. Sie hat kein Vertrauen in die Menschen. In einem Moment kommt sie schwanzwedelnd an, beim nächsten Ruf kann sie aber schon zögernd Abstand suchen, als erwarte sie Prügel. :|
-> Daher wird es vorerst immer eine Belohnung in Form eines Leckerchens geben, wenn sie zu mir kommt. Nun frage ich mich, ob ich draußen auch das Bällchen zur Belohnung werfen könnte? Sie ist der absolute Balljunkie. Wochenends wird es das Futter aus der Tube geben, immer dann, wenn sie zu mir zurück kommt - entweder von sich aus, oder wenn ich sie rufe. Die Gefahr, dass sie zu viel Abstand hält oder wegläuft, besteht übrigens nicht, sie bleibt immer im Radius von 5 Metern bei mir.
3. Sie hat Jagdtrieb. Ich möchte diesen gerne umlenken und Dummytraining machen. Das liegt aber noch in weiter Ferne.
-> Wir müssen an ihrem Gehorsam feilen und einige Grundkommandos einüben. Bislang kennt sie nur Sitz. Sie bleibt allerdings nicht sitzen, wenn ich mich entferne. Selbst, wenn ich nur das Gewicht von einem aufs andere Bein verlagere, rutscht sie mit ihrem Popo schon nach. Wo wir wieder beim ersten Punkt wären.
Bis dahin gilt Schleppleine im offenen Gelände und Aufpassen bei Fahrrädern und Joggern im Alltag. Könnt ihr mir da etwas empfehlen, wie ich mich in Momenten, in denen sie Radfahrern oder so nachsetzt, verhalten muss?
4. Sie ist einem Terrier gemäß sehr quirlig und unbeständig. Ich habe keine Ahnung, ob und wenn ja wie ich etwas mehr Ruhe in sie bekomme, ohne dass sie irgendwelche Kommandos befolgen müsste. Any tips? Impulskontrolle ist mir ein ganz wichtiger Begriff, aber ich habe keine Ahnung, wie ich das bei ihr umsetzen kann.
In der Wohnung ist sie ruhig. Anfangs ließ sie stark den Kontrollfreak raushängen, aber das habe ich schon gut abgebremst.
5. Sie hat Verlustängste. Geht es ums Alleinebleiben oder ums Rudel - sie wird kirre. Gestern waren wir mit einer großen Gruppe im Restaurant und hinterher spazieren. Dabei war sie unglaublich unruhig und hat ständig darauf geachtet, dass keiner verloren geht. Dabei hat sie an der Leine gezogen, ist von vorne nach hinten gelaufen etc pp. Ich habe sie ignoriert und bin ungerührt weitergelaufen, habe dabei die Leine normal kurz gehalten.
Das Alleinesein üben wir langsam. Vorerst ist alles danach ausgerichtet, dass sie nicht alleine bleiben muss. Da ich berufstätig bin, ist sie tagsüber beim Hundesitter untergebracht, der entsprechend informiert ist. In Zukunft möchte ich sie aber auch mal stundenweise alleine lassen können.
-> Das Training sieht nun so aus: Da Maja und Ivy bis 2.1. bei mir zu Besuch sind, haben wir erst einmal geübt, Luna mit Ivy allein zu lassen. Das klappt, wenn wir die beiden in ein Zimmer sperren (machen wir wegen den Katzen sowieso so), ein Radio in diesem Zimmer laufen lassen, ein zweites Radio in einem anderen Zimmer anstellen und die Wohnung auf Zehenspitzen verlassen.
Dort wird mein Einzeltraining mit Luna anknüpfen. Für sie ist die Haustür ein rotes Tuch. Sie wurde 7 Jahre lang darauf konditioniert, dass die Tür für Verlust des Rudels steht, daher werde ich vermeiden, dass sie mich durch die Tür hinausgehen sieht und es möglichst auch nicht hört. Das Radio wird mich dabei vorerst unterstützen müssen. Außerdem wird es das Futter nur geben, wenn sie allein in einem Raum ist. Ich werde auch versuchen, dabei mal aus der Wohnung zu gehen.
Hättet ihr noch Tipps für mich?
6. Sie kennt weder das Autofahren noch die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel, aber da haben wir mithilfe der positiven Bestärkung bei gewünschtem Verhalten und konsequentem Umsetzung eines Alternativverhaltens bei unerwünschtem Verhalten schon tolle Erfolge erzielt.
Mehr fällt mir erst einmal nicht ein. Nur noch etwas zu mir: Ich bin ein Mensch, der schnell nervös wird. Bei einem Hund, der eher ruhig und beständig ist, wie Ivy, habe ich gelernt Ruhe zu bewahren. Luna ist jedoch das komplette Gegenteil von Ivy und ich stoße andauernd an meine Grenzen, wenn es darum geht, ihr ruhig etwas klar zu machen. Dann werde ich genauso impulsiv, wie sie es ist.
Ich weiß, dass ich daran arbeiten muss und das werde ich auch tun. Ich wollte es nur sagen, damit ihr mich auch etwas einschätzen könnt. Mein Ziel ist es, Luna liebevoll und sanft umzuerziehen, damit sie mir in jeder Situation Vertrauen kann.
Wenn ihr diesbezüglich Tipps habt, dann auch damit gerne her! Ich wäre euch dankbar!