Irgendwie habe ich gedacht: Da erzählt jemand Leikas Geschichte....
Wir haben Leika mit 4 Jahren von Privatleuten übernommen. Sie hatte dort nichts anderes zu tun als aus ihrem auf einer Erhöhung gebauten Zwinger alles anzubellen, was sich bewegt. Ab und zu durfte sie im Garten "spielen",das heisst, einen Ball durch die Gegend jagen.
Sie kannte weder Spaziergänge noch das Leben in einer Wohnung. In der ersten Zeit kam sie nachts an unser Bett, um nachzusehen, ob wir noch da sind.Wir haben das fehlinterpretiert und sind dann mit ihr rausgegangen, bis wir feststellten: Nein, die muss nicht, die schaut nur, ob es wahr ist, dass sie bei ihren Menschen ist.
Sie hat sehr schnell gelernt, dass spazieren gehen toll ist. Wir haben Glück mit unserer ersten Trainerin gehabt. Sie hat uns gleich beim ersten Termin gezeigt, wie wir den Spaziergang für Leika interessant machen können und sie von Läufern und Radfahrern ablenken können. Das hiess: Leckerchen verstecken, z. B. an Baumrinden, im Laub usw.
Leckerchen verstecken war auch in der Wohnung zu Anfang die Beschäftigung der Wahl.
Wir hatten zuerst auch die ach so tolle Flexileine, natürlich mit Gurtband. Bis zu dem Tag, an dem sie mir die Leine aus der Hand riess, weil sie zu einem anderen Hund wollte. Zum Glück war dieser Ruck so gross, dass die Feder kaputtging und ihr der Kasten nicht an den Kopf geflogen ist. Seitdem habe ich nie wieder eine Flexileine benutzt und mich mit der Schleppleine angefreundet. Nach gut 2 Monaten konnten wir mit kontrolliertem Freilauf (zu zweit unterwegs, sehr abgelegenes Gelände ohne Ablenkung) beginnen. Nach 3 Monaten waren wir dann zum ersten Mal mit einer Gruppe von Leuten aus dem Dogforum unterwegs - und das hat uns dann sehr viel weiter gebracht, denn es war toll, von vielen entspannten Hundehaltern Unterstützung zu erhalten.
Ganz hat Leika ihre "Macken" (alles anbellen, was sich bewegt oder gruselig ist) nie abgelegt. Aber es wurde besser und besser.
Zu Anfang habe ich Leika, wenn sie bei mir alleine war, immer Märchen erzählt, um sie an meine Stimme zu gewöhnen. Ich habe festgestellt, wie sie auf Musik reagiert (Gitarremusik mochte sie nicht, Slowfox, Tango, Langsamen Walzer hat sie geliebt, auch gefällige Swingmusik und leichte Klassik.... )
Wir haben gelernt, dass sie auch Ruhe und Rückzug braucht, wir mussten uns zwar anfangs oft bremsen, sie nicht immer zu streicheln, wenn sie irgendwo lag, aber das lernt man. Sie kam dann bald von selbst und hat unsere Nähe gesucht. Bei uns durfte sie - solange sie es geschafft hat, hochzukommen - auch im Bett schlafen. Die Nähe schien ihr Sicherheit zu geben.
Es ist am Anfang ein schwerer Weg, einen "verkorksten" Hund in die richtigen Bahnen zu lenken. Es ist ein Weg der winzig kleinen Schritte, die leider hin und wieder auch mal wieder rückwärts gehen.
Stellt euch vor, Tama sei ein Welpe. Er muss alles neu lernen - und das in einer absolut neuen, fremden Umgebung. Für euch heisst das: Geduld, Geduld, Geduld - nicht viel erwarten und sich über kleine Fortschritte freuen.
Vielleicht sind ja Foris bei euch in der Nähe, mit denen ihr persönlichen Kontakt aufnehmen könnt - auch um dann irgendwann den Kontakt mit anderen Menschen und Hunden zu üben. Bei uns hat das im Endeffekt mehr bewirkt als die Trainer.
Leika war auch unser erster Hund - und heute wissen wir, dass wir vieles falsch aber auch eine ganze Menge richtig mit ihr gemacht haben.
Viel Spass mit eurem neuen Hausgenossen - auch wenn der richtige Spass vermutlich noch eine Zeitlang auf sich warten lässt. Aber nicht aufgeben - das wird schon!
Gruss
Gudrun