Hallo Anastasia,
in vielen Dingen kann ich den anderen zustimmen. Nach so kurzer Zeit sollte man keinen Hund mit einem Kind alleine lassen. Das erfordert sehr viel Zeit und ein gesundes Mensch-Hund-Verhältnis nicht nur zwischen dir und dem Neuankömmling, sondern besonders zwischen Kind und Hund. Und das ist eine Sache, die mitunter sehr schwierig hinzubekommen ist, gerade wenn man einen Hund aus einem fremden Land hat, der wahrscheinlich vorher auf der Straße gelebt hat.
Wichtig für euren Neuankömmling ist meiner Meinung nach eine ganz klare Struktur. Hunde sind Rudelwesen. Sie ordnen sich unter oder versuchen, Chef zu spielen. Unterordnen wird sich Euer Hund erst dann, wenn er Vertrauen zu Euch hat. Das kann manchmal sehr schnell gehen oder auch mal länger dauern. Wichtig ist, dass Ihr ihn in Ruhe lasst. (Hiermit meine ich selbstverständlich nicht, dass er machen und tun kann was er will, Grenzen sollten vom ersten Tag an bestehen!).
Laufe niemals (NIEMALS!) deinem Hund hinterher. Ihr wollt ja ein Team werden und wenn ein Wolf dem anderen hinterherläuft so ist das ganz klar eine Drohgebärde. Lasst ihn in Ruhe. Hat er einen Platz, an dem er sich gerne aufhält und ihr es auch toleriert? Das wäre prima, denn sollte er sich an einer Stelle in der Wohnung/Haus gerne und oft aufhalten so könntet ihr damit anfangen, an diese Stelle ungewaschene (also am besten nachts getragene) T-Shirts oder ähnliches von euch hinzulegen. So verknüpft der Hund einen angenehmen Platz mit eurem Geruch.
Geht niemals auf den Hund zu. Den Tipp weiter oben, einfach mal ein Leckerli fallen zu lassen finde ich großartig. Aber ganz wichtig: guck ihm nicht in die Augen! Versuche nicht, ihn anzufassen. Er soll von sich aus kommen und ihr müsst euch interessant machen. Interessant für einen Hund ist meistens das, was er nicht haben kann.
Wenn Euer Hund im gleichen Zimmer ist versuch doch mal, seitlich oder rückwärts (!!!) auf ihn zuzugehen. Geh in die Hocke oder knie dich hin mit dem Rücken zu ihm. Dabei hast du eine Hand leicht zu einer Art "Tatze" gekrümmt hinter dem Rücken(nicht ausstrecken, ganz entspannt). Fast jeder Hund reagiert darauf und kommt, um zu gucken. Wenn du dann noch was leckeres zwischen den Händen hast umso besser. Aber guck ihn nicht an! Vielleicht kommt er bei den ersten Versuchen nicht (würde mich aber wundern, diese Taktik benutze ich bei allen ängstlichen Hunden bei uns auf dem Platz und zu 95% klappt das auch).
Den Hund immer schön ignorieren und nicht anschreien. Ihr wollt eine Bindung zu ihm aufbauen, dabei ist Geschrei sehr kontraproduktiv.
Wenn sich Euer Hund morgens Rute wedelnd freut, Euch zu sehen ist das schon ein ganz großer Schritt. Aber auch hierbei solltet ihr ihn total ignorieren. Und ich meine völlig! Denn je mehr ihr ihn ignoriert desto interessanter werdet ihr für ihn. Er muss Vertrauen zu Euch fassen können und das heißt erst mal, dass von Euch aus gar nichts schlimmes ausgeht, ganz im Gegenteil, ihr kümmert euch erst mal gar nicht.
Den meisten Menschen fällt das sehr schwer, denn man freut sich ja, wenn der Hund endlich zu einem kommt. Aber in den ersten Wochen solltet ihr genau dann sehr konsequent sein und nicht reagieren. Ihr werdet (hoffentlich) feststellen, dass die Abstände immer kürzer werden, in denen der Hund auf euch achtet. Dann später ist es an der Zeit, dem neuen Familienmitglied Aufmerksamkeit zu schenken, aber nicht wenn er es möchte, sondern später. Der Hund möchte was von Euch, ignoriert es. Sobald er von euch ablässt leise rufen und wenn er kommt einen kleinen Regentanz (bildlich gemeint versteht sich) aufführen und überschwenglich freuen.
Dies alles ist kein Patentrezept - wie nie bei Hunden - aber ein Versuch ist es allemal wert. Die Kinder bitte nicht allein mit dem Hund lassen, das geht gerade in der Anfangsphase nicht. Natürlich müsst ihr trotz allem Grenzen setzen. Soll der Hund nicht in die Küche (als Beispiel) so reicht es für den Anfang völlig, ihn immer wieder vorsichtig aber bestimmt (ohne angucken) aus der Küche zu führen. Ganz ohne Kommentar oder ähnliches.
Und noch eins: beugt euch nicht über den Hund, ganz besonders nicht, wenn er was falsch gemacht hat. Das ist für den Hund denkbar unangenehm und sehr angsteinflößend. Also immer schön in die Hocke gehen wenn es sein muss (ist auch gesünder für des Menschen Rücken )
Ich wünsche euch ganz viel Glück und hoffentlich sehr viel Spaß mit dem neuen Familienmitglied. Das packt ihr schon, nur nicht aufgeben! Das wäre falsch. Lasst euch Zeit zum Beschnuppern.
Alles Liebe
Cassia