Moin,
na dann will ich auch mal bei diesem meist sehr emotionalen Thema mitmischen.
Ich finde ich Bezeichnung 'Kampfhund' ebenfalls für falsch. Aus den hier schon genannten Gründen. Es gab wohl Hunderassen, die speziell für den Kampf (gegeneinander oder gegen Menschen) gezüchtet wurden wurden, aber das hat mit der heutigen Bezeichnung 'Kampfhund' so gut wie nichts mehr zu tun.
Heute wird das wohl eher für Rassen mit einem bestimmten Äußeren verwendet.
Auch ich ziehe die Bezeichnung 'Listenhunde' vor, weil damit wenigstens kalr ist, was gemeint ist, nämlich die Hunde, die in einem Bundesland auf einer Liste als gefährlich genannt sind.
Das nächste Problem ist, dass diese Listen mit der Realität meist wenig zu tun haben. Denn wenn diese Listen stimmen würden, dann müssten ja die dort genannten Hunderassen in der Beißstatistik gemäß ihrer prozentualen Verbreitung als auffällig auftauchen. Manche dieser Rassen tun das, andere nicht. Einige Rassen, die nicht auf der Liste stehen, sind aber teilweise ebenfalls sehr auffällig in der Beißstatistik.
Die wohl in Bezug auf 'Kampfhunde' sehr unverdächtige, weil klar pro Sokas eingestellte website maulkorbzwang hat mal die Statistiken der Länder sehr schön zusammen gefasst:
(ansonsten finde ich diese website nicht so prickelnd, da sie meiner Ansicht nach eher in die andere Richtung polemisiert, aber die Statistikseite ist gut)
http://www.maulkorbzwang.de/Br…efaehrliche_Hunde_BRD.htm
Ich empfehle insbesondere die Statistik 2003 und 2004 von NRW, die ich für sehr differenziert und recht gut gemacht halte.
Interessanter für mich wäre vielmehr eine Halterstatistik, wenn es so etwas gäbe. Ich glaube nämlich, dass die Beißhäufigkeit viel mehr vom Halter als von der Rasse abhängt. Nur wird das schwierig zu unterscheiden sein, da sich eine spezielle Halterklientel eben auf bestimmte Rassen stürzt und dann ist es auch kein Wunder, wenn diese Rassen dann auffällig werden.
Ich persönlich bin davon überzeugt, dass sich Hunderassen in der Gefährlichkeit unterscheiden. Das eine ist zunächst einmal die Unterscheidung nach den körperlichen Möglichkeiten. Ich wurde mal von einem Yorkie angegriffen. Er kam mit seinen Zähnchen nicht durch die Jeans. Das Verhalten ist zwar nicht in Ordnung, aber eben ein Unterschied in den tatsächlichen Folgen, als wenn z.B. ein Mastiff dasselbe Verhalten zeigt.
Ich glaube auch, dass die Aggressivität durch Züchtung bei manchen Rassen verstärkt wurde. Man kann das züchten, genauso wie Jagdtrieb usw.
Wenn ich mir anschaue, worauf bei der Zuchtzulassung insbesondere im jagdlichen Bereich geachtet wird. Offensichtlich ist man der Überzeugung, dass ein Hund, der knautscht, dieses evtl. vererbt. Knautscher werden ausgeschlossen von der Zucht. Mangelnder Jagdtrieb führt genauso zum Ausschluss.
Wenn man schon so kleinteilige Verhaltensweisen durch Züchtung verstärken oder abschwächen kann, dann ja wohl erst Recht etwas so übergeordnetes wie Aggressivität.
Insofern halte ich Hunderassen für unterschiedlich gefährlich.
Aber das sagt überhaupt nichts über die individuelle Gefährlichkeit eines Hundes aus.
Für mich ist der Einschluss des Züchters bei der Zucht und Sozialisation und der Einfluss des Halters sehr viel höher als der genetische Einfluss einer Rasselinie.
Und selbst bei den in den Beißstatistiken auffälligsten Rassen sind wahrscheinlich 90% der Hunde unauffällig und friedlich.
Insofern halte ich wenig von diesen Listen.
Ich halte es für wesentlich besser, wenn es eine staatliche Kontrolle der Zucht (und Einfuhr) von Hunden geben würde und Züchtern, die schlecht oder gar auf Aggressivität züchten, rigoros das Handwerk gelegt wird.
Auch ist es selbstverständlich, das jeder, der ein Auto fährt, einen Führerschein macht. Auch ein Hund kann jemand anderen gefährden und es geht auch um das Wohlbefinden des Hundes selbst. Insofern bin ich strikt für einen Zwang zu einer Halterschulung bei Anschaffung eines Hundes. Wie man das macht, darüber kann man diskutieren, aber jeder Halter sollte gewisse Grundkenntnisse nachweisen müssen. Gute Hundehalter eignen sich das Wissen sowieso an.
Tschüss
Jörg
PS: Eine kleine Geschichte:
Unser Hund ist ein Flat und als Retriever gilt er nun wirklich nicht als 'Kampfhund'. Aber ein Flat ist recht groß und dunkel von der Fellfarbe (also für viele gefährlich)
Wir gingen die Hauptstraße in Westerland herunter. Unseren dunklen Flat ander Leine. Manche Mütter nahmen ihre Kinder lieber auf dem Arm, manche Menschen wichen aus, so mancher merkwürdiger Blick traf us (Hundehalter großer dunkler Hunde werden wissen, was ich meine).
Rückweg gleiche Straße: Unser Flat trug jetzt unsere Zeitung im Maul (findet er klasse). Der selbe Hund war auf einmal für alle lieb und süß, Kinder wollten ihn streicheln, die Blicke fast aller waren amüsiert und freundlich.
Daran sieht man mal deutlich, wie subjektiv die Einschätzung 'gefährlicher Hund' in der Umwelt ist