Beiträge von cjalas

    eigentlich würde ich das an deiner stelle mit freude zur kenntnis nehmen. dein kleiner hund hat die situation als völlig normal eingestuft. du warst weg, er war in der zeit geborgen, du bist wieder da - alles normal und gut. deswegen hätte ich den hund auch gar nicht erst großartig begrüßt an deiner stelle. damit kannst du pech haben und erreichen, dass dein hund es nicht normal findet, wenn du mal weg musst.
    so wie der welpe reagiert hat, ist echt klasse - keine angst, kein gejammer. mit beleidigt sein hat das meiner meinung nach überhaupt nichts zu tun, weil das eine sehr menschliche empfindung ist.


    gruß cjalas

    Zitat

    Dabei muß man dann auch noch berücksichtigen, dass Wissenschaftler und damit auch Verhaltensforscher auch irren können oder es eben noch nicht besser wissen.


    Ein weiterer Bruch kann entstehen wenn aus wissenschaftlichen Grundlagen Erziehungsmethoden entwickelt werden. Es gibt ja auch Praktiker, die aus der Wissenschaft nur dass Ableiten was ihnen gerade lieb ist.


    unbestritten. aber übersprungshandlungen sind ein ziemlich gut erforschtes thema und über das bestehen und die entstehung besteht, soweit ich das verfolgt habe, ziemliche einigkeit. was man daraus macht, ist eine andere sache. das wollte ich eigentlich erst mal ganz wertfrei in den raum stellen. einschränkend zu oben muss ich auch noch sagen, dass es sehr wohl übersprungshandlungen gibt, die ich sofort und energisch unterbinden würde bei meinen hunden - nämlich sämtliche, die sich gegen ein anderes lebewesen richten.
    ansonsten halte ich sie nicht zwangsläufig für ein zeichen von überforderung. wenn dein hund sich kratzt, weil er nicht weiter an der leine nach vorne ziehen darf, heißt das zwar, dass er streß hat (den er beim an der leine ziehen mit sicherheit auch hat durch den druck der leine auf halsband oder geschirr). es heißt aber auch, dass er sich durch das einstellen des ziehens und das sichkratzen mit der situation auseinander setzt - irgendwas stimmt nicht. und daraus kann auch was positive entstehen. das liegt dann an dir.
    abgesehen davon halte ich es für ausgeschlossen, streß immer zu vermeiden. das geht im alltäglichen leben einfach nicht, weder für den hund noch für mich als menschen.


    gruß und gute nacht für heute
    gjal

    Finnchen:

    Zitat

    Könnte es darüber hinaus nicht auch sein, dass es Kommunikationssignale gibt, die wir gar nicht wahrnehmen können...


    da gehe ich schon von aus. wahrnehmungen sind durchaus träge, und wenn signale sehr fein sind, kann man sie vielleicht auch nicht wahrnehmen. aber oft hilft da dann wohl die gesamtsituation, die sich aus vielen einzelnen signalen ergibt.


    Zitat

    Achja... hattest Du bestimmt überlesen, weil ich es noch eingefügt hatte:


    Ist eine Übersprungshandlung Ausdruck von Streß?


    ups...glatt überlesen :roll:
    ja, das ist ein ausdruck von streß. deshalb werden übersprungshandlungen ersatzhandlungen oder auch entlastungshandlungen genannt. es ist ja jedem bekannt, dass man im leben nicht immer alles haben kann, was man möchte. das geht einem hund natürlich auch so. und der frust muss dann irgendwie raus.
    stell dir folgende situation vor: du hast dem hund signalisiert, dass es raus geht zum toben. du hast schon die türklinke in der hand, in dem moment klingelt das telefon und du gehst noch mal zurück. mein großer hund setzt sich dann vor die tür und kratzt sich, als hätte man einen sack flöhe über ihr ausgeschüttet. sie hat dann kurz frust (würde ich durchaus auch als streß einstufen, geduld und warten sind auch mit 14 jahren noch nicht ihre größte stärke, das fordert ihr viel beherrschung ab) und muss sich abreagieren. hat sie sich so abreagiert, ist sie wieder ganz normal, sie versucht dann zwar ein bisschen zu drängeln, aber sie wartet ab. mein kleiner hund reagiert in der situation ganz anders, die würde sich nie vor die tür setzen und sich kratzen, die fängt an, geschäftig durch die wohnung zu laufen. das sieht aus wie eine art patroulliengang. hat sie den erledigt, legt sie sich zu mir und wartet geduldig, dass es losgeht.
    streßabbau oder frustabbau dient der gesunderhaltung der psyche. je mehr übersprungshandlungen ein lebewesen parat hat, um so leichter kann es mit streß umgehen. unterbinden sollte man sie möglichst nicht oder nur mit gebotener vorsicht.


    @suoma:

    Zitat

    cjalas hat Folgendes geschrieben:
    hundesignale sind sicher nicht immer eindeutig


    Mit Sicherheit doch. Aber, wie Finnchen schon anmerkte, es gibt Kommunikationssignale, die wir kaum bis gar nicht wahrnehmen, da dieses Wahrnehmen etwas mit der Hundeerfahrung zu tun hat, die man im Laufe der Zeit sammeln durfte.


    hm - in verhaltensbücher gibt es seitenweise ausführungen über ambivalentes verhalten. also das aussenden zweier sich widersprechender signale. da ist also interpretation angesagt. wo man interpretieren muss, ist meiner meinung nach eindeutigkeit ausgeschlossen. ich gebe dir allerdings in soweit recht, dass auch hinter einer ambivalenten aussage eine eindeutige aussage steckt. nur ist die halt schwerer zu finden. je erfahrener man ist, umso besser wird das gelingen. von daher denke ich, sind wir da schon auf einer linie.

    hundesignale sind sicher nicht immer eindeutig, auch hunde kennen ambivalentes verhalten. dieses richtig zu interpretieren ist sicher mit am schwersten.
    dann kommt für den menschen erschwerend hinzu, dass signale manchmal von sehr kurzer dauer sind und so schnell kaum wahrgenommen werden oder so minimal sind, dass man sie übersieht. man kann sich zwar antrainieren, aber man übersieht trotzdem schnell was. nicht zu vergessen bei dem ganzen problem ist ja, dass der mensch vorwiegend über seine stimme zu kommunizieren versucht, der hund aber über den körper. durch das sprechen ist dem mensch im laufe der zeit leider ein bisschen die beobachtungsgabe abhanden gekommen. dem einen mehr dem anderen weniger. gute hundetrainer und tiertrainer überhaupt haben sich deutlich mehr von dieser gabe bewahrt. schlummern tut sie in jedem, leider wird sie oft verdrängt.

    Zitat

    den exakten Zeitpunkt zu treffen und überhaupt die Köpersignale des Hundes und die, die man selber aussendet, genau verstanden zu haben und damit umgehen können.


    da gehe ich auch noch einen schritt weiter. als ob es nicht schon schwer genug wäre, die signale des hundes richtig zu erkennen und zu deuten - was ist mit den eigenen signalen, die der mensch aussendet.
    in meiner ausbildung habe ich mal gelernt: man kann nicht nicht kommunizieren. dieser satz hat auch seine gültigkeit gegenüber dem hund. aus dem agility weiß ich, dass man mit der stimme sagen kann, was man will - wenn der körper des menschen dem hund was anderes sagt, macht der hund (zumindest wenn er lustvoll und voll im trieb arbeitet) immer das, was der körper ihm sagt. wir haben viele viele stunden mit der analyse von videos verbracht, warum was schief gegangen ist und anderes scheints von alleine geklappt hat. eigentlich war die antwort immer ganz einfach: der mensch funktioniert nicht, der hund sehr wohl.
    leider hat der mensch häufig sehr wenig gefühl dafür, was er mit seinem körper sagt. und dann nutzt es nur sehr bedingt etwas, die hundesignale richtig zu deuten. es sei denn man deutet dahin gehend, dass der eigene körper anders sprechen muss.

    @ finnchen: das mit dem schütteln würde ich in so einer kurzbeschreibung als klassische übersprungshandlung einordnen. der hund möchte etwas tun, kann das nicht tun (stehduell, nicht laufen) und tut dann ersatzweise irgend etwas anderes, um sich abzureagieren.

    eine kleine anmerkung möchte ich auch noch machen: ich persönlich finde und fand es immer schon wesentlich leichter, sowas mit einem fremden hund zu praktizieren als mit dem eigenen (nicht, dass es bei meinen schwer gewesen wäre...). aber der fremde hund kennt einen nicht, muss einen einordnen, sollte dann natürlich sehen, dass man weiß, was man will und nicht zaudert dabei - ergo: hund beschließt, das ist jemand, dem ich folgen kann.
    bei dem eigenen besitzer hingegen haben sich unarten ja meist schon über einen längeren zeitraum hingezogen und hund weiß dann, wie er sich durchsetzen kann. übrigens fühlen sich viele hunde ausgesprochen unwohl, wenn sie bestimmen (in ihren augen bestimmen müssen), wo es wie langgeht.
    es ist also nicht unbedingt ein kunststück, anderen hundehaltern und ihrem hund zu demonstrieren, wie es geht. ich sehe die herausforderung eher da, dem hundebesitzer beizubringen, wie er das selber schafft.

    hallo zusammen,


    in 5 minuten ohne anwendung von (nennen wir es mal stärkeren) zwang, so dass es nachhaltig sitzt, glaube ich auch nicht. oder es ist dann auch "nur" ein baustein, auf den man konsequent aufsetzen kann.
    ich persönlich mag den ansatz von john ross (hunde verstehen und richtig erziehen). da heißt es stehenbleiben (ohne ruck, die leine ist ja eh straff vom ziehen des hundes, nur der widerstand wird stärker) und wenn der hund nicht reagiert, langsam rückwärtsgehen, ohne am hund zu reißen. sobald der hund sich auf einen zubewegt und bereit ist, mit einem zu kommunizieren, kann man wieder vorwärts gehen, wobei das wieder vorwärts an sich schon eine belohnung für den hund sein sollte.
    selbst ausprobiert habe ich das mit meiner weimaraner-hündin. die habe ich mit 9 monaten übernommen und sie kannte weder leine noch halsband wirklich. und ihr ganzes leben bestand zu der zeit im renngalopp. das ging so also nicht (war mir aber vor der übernahme klar, dass da schnellstens eine lösung her muss). der hund hat beim ersten training begriffen, was ich von ihr will. das erste mal musste ich ca. 20 schritte rückwärts gehen, dann jedesmal weniger. innerhalb eines spaziergangs hat sie begriffen, dass ziehen nicht zum ziel führt. nun gut, der hund ist lernwillig bis zum abwinken (auch jetzt mit 14 jahren noch), extrem sensibel (ein ruck kann einen dauerhaftesten negativen erfolg haben - stichwort meideverhalten) und sehr ansprechbar. also habe ich gedacht: gut, bei dem hund war es leicht. ich habe es auf die tour aber auch mit etlichen anderen hunden durchexerziert, die kräftiger, sturer und härter waren. es klappt. wie gesagt, nicht in 5 minuten, aber insgesamt sehr schnell. interessanter weise zieht mein hund bei mir ewig nicht mehr, aber bei meinem exlebensgefährten hat sie sich das nie abgewöhnt (inkonsequent bis zum geht nicht mehr). selbst bei meinen eltern, die beide ende 70 sind, gehen meine beiden an durchhängender leine überall vorbei, nachdem ich ihnen (meinen eltern natürlich ;) ) einmal gezeigt habe, wie das funktioniert. das war dann allerdings nicht in 5 minuten sondern in 5 sekunden...
    um einem vorzubeugen: ich will diese methode nicht als allein seelig machende hinstellen, aber man mag halt, was gut funktioniert. und was mich daran auch überzeugt hat: wenn man diese form des sanften zwangs nicht schon als gewalt einstuft, dann kann man sie durchaus gewaltfrei nennen.
    und noch eins: man sollte die bedeutung der körpersprache nicht unterschätzen. schaut euch mal gespanne an, wo der hund zieht. ich bin zur überzeugung gelangt, dass lange nicht jeder hund aus dem gleichen grund zieht...