Hallo Orschi,
das ist wohl so ziemlich die schlimmste Frage, die sich fast jeder Hundehalter irgendwann stellen muss.
Auch wir haben diesbezüglich mehrere Gefühlsachterbahnfahrten hinter uns und es stehen uns wohl noch einige bevor.
Die Labradorhündin meiner Mutter (14) "Kimba" hatte im Frühjahr 2007 einen völligen Zusammenbruch, von einer Minute zur anderen. Sie kam gelaufen, war völlig desorientiert, ist gegen Dinge gelaufen wie Tische und Blumentöpfe, die schon immer da standen, keuchte und blickte ganz wirr aus ihren treuen Augen. Es war ein Sonntag... wie die Feuerwehr sind wir zu unserer Tierärztin gefahren, Diagnose: Vestibularsyndrom
Sie bekam Cortison gespritzt und die Tierärztin machte uns nicht viel Hoffnungen. Abwarten war das einzige, was wir tun konnten.
Wir hatten uns schon auf den Abschied vorbereitet, aber sie rappelte sich wieder auf. Sie war zwar nie wieder so fit wie vor diesem Tag, aber sie war ok. Ihr Gehör und auch ihr Sehvermögen nahm stetig ab seit diesem Vorfall.
Seit diesem Vorfall gab es immer wieder Einbrüche, mal mit kleinen Zeitabständen, mal mit größeren... dann kam der Tag, da konnte sie nicht mehr laufen. Für uns war klar, nun ist Tag X gekommen. Wir haben alles mit der Tierärztin besprochen und für den Folgetag den Termin zur Einschläferung vereinbart.
Am Tag der geplanten Einschläferung hat mich meine Mutter morgens um 8 Uhr angerufen, völlig aufgelöst. Kimba ist beim morgendlichen Spaziergang "über die Wiese gehüpft, wie ein junges Reh".
Uns blieb nichts anderes übrig, als die Tierärztin anzurufen, um ihr davon zu erzählen. Sie hat sofort gemeint, daß wir die Einschläferung einfach vergessen sollten.
So schön das auch klingen mag, uns ging es sehr schlecht dabei. Erleichterung war da, natürlich, aber glücklich waren wir nicht. Seltsam das zu beschreiben, wir wußten einfach nicht was richtig ist.
Dann ging es mit Kimba mal bergauf, mal bergab. Sie bekommt inzwischen täglich 6 Tabletten für die Durchblutung, die Leber und die Blase. An manchen Tagen dachte man, sie hätte ihre Jugend wieder entdeckt, an anderen Tagen nahmen wir an, daß es nun doch zuende geht.
Eine etwas größere Geschichte gabs dann noch: massive Verschlechterung ihrer Leber- und Nierenwerte. Dafür bekam sie Infusionen. Das wäre die einzige Behandlunsform laut TÄ, wenn das nicht anschlägt, könnte man nichts weiter machen. Und was war? Die Infusionen haben TOTAL angeschlagen, die Werte haben sich wahnsinnig verbessert.
Und nun ist sie immer noch bei uns, obwohl im Frühjahr 2007 keiner mehr gewagt hat zu glauben, daß sie den Sommer übersteht.
Aber nun, warum ich dir das alles erzählt habe...
Wir haben durch all das inzwischen das gelernt, was dir alle hier geschrieben haben: Der Hund wird seinem Herrchen oder Frauchen zeigen, wann die Zeit gekommen ist.
Wir sind fest davon überzeugt, hätte unsere Kimba keinen Lebenswillen mehr, hätten alle Maßnahmen, alle Medikamente und Infusionen nichts gebracht. Aber sie rappelt sich mit unserer Unterstützung immer wieder auf und ich habe auch das Gefühl, sie dankt es uns.
Kimba hat mich zwar mein halbes Leben lang begleitet, aber ich habe das Gefühl, daß gerade die letzten schweren Monate uns noch enger zueinander gebracht haben. Sie schaut mich an und ich sehe nur absolute Treue und Liebe wie nie zuvor.
Klingt vielleicht abgehoben... aber es ist so.
Für uns ist eines ganz klar: Kimba soll nicht leiden, das hat sie nicht verdient. Aber auch ist klar, daß man einen Hund nicht "erlösen" sollte, solange er noch Lebensfreude hat. Wenn ein Hund wirklich nur noch leidet, ist die Erlösung schnell geschehen. 14 oder mehr Jahre schönes Hundeleben können nicht durch ein paar Stunden oder Tage Leid kaputt gemacht werden.
Ich darf nicht daran denken, wieviel Zeit wir Kimba gestohlen hätten, wenn wir damals die Einschläferung durchgezogen hätten.
Und mit dieser Frage sollte kein Hundehalter leben müssen.
Wie es nun konkret bei deinem Hund ist, kannst nur du beantworten.
Du kennst deinen Hund nun seit 14 Jahren, ich bin mir ziemlich sicher, daß jeder aufmerksame Hundehalter nach so langer Zeit genau einschätzen kann, wie es dem Tier geht. Also vertraue auf dein Gefühl!