Schöne und interessante Frage, Larissa, und einige sehr ergreifende Antworten..
spontan dachte ich: verändert? eigentlich nicht so viel... - aber dann sind mir eine ganze Menge Dinge eingefallen..
Vor allem was meine grundsätzliche Einstellung fremden Menschen gegenüber angeht. Ich erinnere mich, noch vor ein paar Jahren, als Studi in der Großstadt: ich bin keinen Schritt ohne Ohrstöpsel gegangen, dazu oft mit Sonnenbrille, es sollte mich bloß keiner anlabern. Und es war ja auch so: wenn dann waren es irgendwelche Flyerverteiler, Spendensammler, Abowerber, oder irgendwelche Pöbler in der Fußgängerzone, selten wurde man uneigennützig freundlich angesprochen. ICh war oft genervt: von Handyklingeltönen in der S-Bahn, oder im Straßenverkehr, im Supermarkt etc.: alles erschien mir so ein bisschen anonym feindselig. Ich hab mich oft nur mit "meinem Schlag" umgeben: anderen Studis. Selbes Alter, selbe Lebenssituation, ähnliche Hintergründe, ähnliche Interessen. Es war alles irgendwie immer ein Brei... was andere Leute angeht so ein Scheuklappending. Auch war ich selber .. nicht schüchtern, aber so'n bisschen introvertiert.
Und dann kam Wayne. ICh werde am Tag an die fünf Mal freundlich angesprochen, angelächelt... ohne Hintergedanken.. einfach positiv. Oft gibt es Situationen, in denen ich denke: oh oh - und dann positiv geradezu überrascht werde.
Gestern im Baumarkt: wir hatten kurzzeitig meinen Freund aus den Augen verloren, hinter einem Regal stand er, davor ein fremder Mann. Wayne hat die beiden natürlich verwechselt und ist mit dem Pfötchen ans Knie von dem Fremden getapst. Ich so: huch entschuldigung! meinte der Mann: "Um Gottes Willen, das macht doch nichts, hach ist der süß, auch was mit Cocker drin, was?" und zack! waren wir mitten im Gespräch vom Auslandstierschutz bis hin zum richtigen Scheren!
Oder heute: nur weil ich Wayne kurz ins Fuß genommen habe, strahlte die mir entgegenkommende Joggerin wie ein Atomkraftwerk! Wahnsinn! Ich habe Kassiererinnen, Kellner, Schaffner etc. erlebt, die plötzlich ihre Arbeit Arbeit sein ließen, ihren Routinedress abstreiften um mit Wayne auf dem Boden rum zu robben. Ich hab Menschen jeglichen Alters, jeglichen Schlages, jeglicher Herkunft kennen und mögen gelernt, wildfremde Leute, mit denen man binnen Sekunden ins tiefste Gespräch versunken war, nur wegen dem kleinen Wicht am anderen Ende der Leine. Wildfremde Leute, mit denen ich sonst im Leben kein Wort gewechselt hätte. Ich hab so die interessantesten Lebensgeschichten erfahren... Manchmal liege ich abends im Bett und rekapituliere den Tag: und dann bin ich richtiggehend amüsiert, erstaunt, was für Begegnungen ich wieder hatte. UNd nach drei Jahren taue ich so langsam auf: ich hab schon Leute angequatscht ohne groß nachzudenken, was sonst niemals meine Art war. Ich bin nicht mehr so empfindlich, wenn einer mal n falsches Wort sagt, bin im Umgang mit anderen viel lockerer und geselliger und unvoreingenommener geworden... und wenn mir jemand entgegenkommt, mir entgegen schaut, dann erwarte ich mittlerweile in erster Linie erstmal was Positives...
das ist das Hauptsächliche..
ansonsten?
ich bin ein Verantwortungsjunkie! Wayne muss nur schief pupsen, und schon sitzen wir beim TA. Mir muss erst der halbe Arm abfaulen, ehe ich mich mal zum Arzt bequeme...
Ich hätte nie gedacht, dass ich so fürsorglich sein kann.. und im Gegensatz zu meinem Studileben habe ich gelernt mich zurück zu nehmen.. und mich zu organisieren! Früher waren meine Tage derart unregelmäßig, gerade noch irgendwie nach den Vorlesungen ausgerichtet.
Heute ist einfach völlig klar, was das Erste am Morgen ist: Pipirunde.
Und auch emotional: wenn ich früher mich mal gehen ließ, mal richtig sauer war, traurig .. dann konnte ich richtig darin aufgehen Mein Freund und ich, wir hatten ein paar prächtige, filmreife Auseinandersetzungen..
Wayne spürt jede meiner Regungen, reagiert sofort darauf.. und man beißt sich dann einfach auf die Zunge. Man schluckt den Ärger runter - und oft ist das nicht das Schlechteste: denn der Ärger verfliegt bei den großen, leuchtenden Augen.
Und wenn einem mal was ganz furchtbar nachhängt: man kann sich nicht verkriechen, und nach ner Runde an der frischen Luft sieht alles schon ganz anders aus, und rückt ein bisschen in die Ferne.
Ein sehr schöner Nebeneffekt: ich war als Kind eigentlich immer draußen unterwegs. Hauptsächlich im Dreck! Ich tat mir da keinen Zwang an: immer rein in die dickste Brühe!
Erst jetzt merke ich, wie ich das all die Jahre vermisst habe , dass mir da was gefehlt hat! Erst jetzt hab ich wieder ne Rechtfertigung dafür, in Gummistiefeln durch den Matsch zu waten. Über Bäume zu klettern. Laut quietschend über die Wiese zu rennen..
Wayne hat mich befreit - emotional und auch physisch hab ich mich selten so frei gefühlt wie in den letzten drei Jahren mit meinem ersten Hund.