Unsere erste Hündin war eine Hündin vom VDH. Warum? Weil wir keinerlei Hundeerfahrung hatten, wohl aber darum wussten, welche Probleme ein Hund verursachen kann und wir deshalb einen Hund mit optimalen Grundvoraussetzungen kriegen wollten.
Unser Rüde wurde dann ein Tierschutzhund. Also eigentlich sollte es ein Labbi vom VDH-Züchter werden, aber dann sass halt im nächsten Tierheim ein 6 Monate alter Beagle ein. Wir sind "nur mal guggen" gefahren, sahen ihn in seinem Zwinger und die Entscheidung war klar. Eine wirkliche Beschreibung vom Tierheim gab es nicht, er lief halt irgendwie so mit und man war glaube ich ganz froh, den kleinen Mann los zu sein. Man muss halt dazu sagen, dass das TH zu 90% aus unvermittelbaren Hunden besteht, wo man halt wohl wirklich davon ausgegangen ist, dass ein Beagle-Welpe schnell wieder verschwindet und deshalb nicht viel Aufmerksamkeit bedarf.
Er hat sich übrigens als wahrer Pflegefall entpuppt - näheres dazu gibt es hier: https://www.dogforum.de/2-jahr…sten-gesucht-t143597.html
Aktuell haben wir einen Pflegehund, Labbimix. Da wir in Spanien leben, ist er auch ein spanischer Hund :)
Er ist jetzt ca. 9-10 Monate alt, seit 2 Monaten bei uns. Die Beschreibung der Orga auf der HP war relativ knapp: Er wurde mit 6 Monaten beim Vet abgegeben, von seinen französischen Besitzern: man möge ihn einschläfern, er sei zu stark und unerziehbar. Der Vet hat daraufhin bei der Orga angerufen, die sich sofort bereit erklärt hat, ihn zu übernehmen. Man muss halt dazu sagen, dass die Orga nur lokal vermittelt in aller Regel und die Orgas generell hier sehr devot gegenüber Interessenten sind. Es wurde kein Hehl daraus gemacht, dass er ein wilder Chaot ist und viel Bewegung braucht, aber es wurde auch immer wieder darauf hingewiesen, dass er ein ganz lieber sei.
Nun, was soll ich sagen: Er ist nicht nur ein "ganz lieber" - er ist ein super lieber! Er hat einen absoluten will to please, er kann frei laufen, er apportiert gerne, er hat den Schalk im Nacken sitzen, er lernt schnell und setzt es hevorragend um. Würden sich jetzt Interessenten melden, könnte ich ihnen sicherlich ein genaueres Bild geben, als es die Orga jemals könnte... aber noch ist niemand da, der sich für ihn interessiert :)
Was ich noch kurz über die sozialverträglichen Südländer sagen möchte: Das Tierheim mit Rudelhaltung stellt sicherlich eine Ausnahmesituation dar, weil die Hunde dort vermutlich sehr schnell kapieren, dass sie sich nicht aus dem Weg gehen können und deshalb jeder versucht zu deeskalieren.
Aber: Wenn man hier auf der Strasse mal einen aggressiven Hund trifft, dann sind es meistens Touri-Hunde. Die Leute, die mit ihren Hunden hier leben, haben einen anderen Umgang mit ihren Hunden und dementsprechend verhalten sich auch die Hunde anders. Es stört keinen, wenn dein Hund mal ins Unterholz abtaucht oder aus der Sichtweite entschwindet. Es ist auch völlig normal, dass plötzlich ein wildfremder Hund vor dir steht und weit und breit kein Herrchen zu sehen ist. Diese Hunde werden auch nicht weggescheucht.
Aber: Diese Hunde sind keine "tut nixe" die mit 50km/h in dich und dein Rudel reinrennen wie die Gestörten - nein, die kommen ruhig an, sagen hallo, schauen obs hier was zu holen gibt, sei es ein Leckerchen, ein kurzes Hallo unter Hunden oder ein wildes Spiel und gehen dann auch sehr schnell wieder, wenn sie merken, dass die Hunde keinen Wert auf sie legen. Die innerartliche Kommunikation stimmt einfach. Und vermutlich hat jeder dieser Streuner sehr schnell gelernt, dass es immer irgendwo einen gibt, der ihm überlegen ist und deshalb eskaliert es erst gar nicht. Wir sind nun seit 4 Monaten hier und es gab noch nicht EINEN unangenehmen Zusammstoss. Nicht EINEN. Auch ich bin mittlerweile entspannter und drehe nicht durch, wenn meine Hunde mal kurz hinter der Düne verschwinden. Die kommen auch wieder. Auch die Leute hier sind relaxter... unser Rüde hat vorgestern erst eine Spanierin mit dreckigen Pfoten angesprungen und ich bin vor Scham fast im Boden versunken, hab damit begonnen, mich tausendmal zu entschuldigen - und die Dame war einfach ganz entspannt: "Ist doch nur Sand und ich hab ne Waschmaschine".
Selbiges lässt sich auch auf Kinder übertragen. Man muss sich nicht rechtfertigen, wenn man ein Kind hat und es wird nicht bei jedem Pups zurückgepfiffen oder die Eltern verkneifen sich nicht alles, nur weil sie ihre Kinder dabei haben.
Worauf ich eigentlich hinaus wollte: Wenn diese Hunde nun nach Deutschland kommen, dann ändert sich vieles für sie: Sie dürfen nicht mehr überall hin, sie werden viel mehr Zeit an der Leine verbringen und auch die Begegnungen mit Artgenossen verlaufen bei weitem nicht mehr so positiv. Was also hier in Spanien zutreffend war, muss nicht unbedingt in Deutschland zutreffen und wenn dieses einfache "mal hallo sagen" nicht mehr möglich ist, dann kann ich mir schon vorstellen, dass man sehr schnell einen üblen Leinenpöbler hat. Gleichzeitig werden die Hunde auch selbst viel mehr überzogene Reaktionen bei Artgenossen feststellen, so dass sie ihre sehr feine, leise, Kommunikation vielleicht schneller aufgeben.
Unser Rüde aus dem deutschen Tierheim ist selbst ein böser Pöbler an der Leine und hat sich auch schon mit dem ein oder anderen Rüde in der Wolle gehabt - diese quasi fast 100%ige Quote an nicht zurückpöbelnden Hunden hat ihn schon viel ruhiger werden lassen und auch ich schreie nicht mehr über 200m schon laut "ist das ein Rüde????"
Andere Länder, andere Sitten - und manchmal nicht zum schlechtesten