Zuchtverbot für Kampfhunde ist nichtig
Karlsruhe (AP) Der Import besonders gefährlicher Kampfhunderassen bleibt verboten. Das hat am Dienstag das Bundesverfassungsgericht entschieden. Für nichtig erklärten die Richter hingegen das 2001 vom Bund verhängte Zuchtverbot für vier Rassen. Das sei allein Angelegenheit der Länder; dem Bund fehle dafür die Gesetzgebungskompetenz.
Die nun ersatzweise greifenden Regelungen der Länder sind unterschiedlich: So darf nach aktueller Rechtslage etwa in Hessen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen wieder mit der Zucht von Bullterriern, Pitbull-Terriern, American Staffordshire-Terriern und Staffordshire-Bullterriern begonnen werden; in Rheinland-Pfalz hingegen nicht.
Verbraucherministerin Renate Künast erklärte, solche Regelungslücken müssten geschlossen werden. Die Bundesregierung will nun die Länder dafür gewinnen, deutschlandweit einheitlich Zuchtverbote zu erlassen.
Der Erste Senat hielt es grundsätzlich für «vertretbar», dass die Regierung einzelne Rassen als besonders gefährlich einstuft. Die Wissenschaft könne genetische Ursachen für die Gefährlichkeit von Hunden nicht ausschließen. Zudem belegten Statistiken, dass die verschiedenen Bullterrier-Varianten gemessen an ihrem Vorkommen überdurchschnittlich oft beißen. Deshalb müssen laut Gericht die wirtschaftlichen und ideellen Interessen einzelner Züchter hinter dem Sicherheitsinteresse der Gesellschaft zurückstehen.
Das Gericht teilte die Annahme des Gesetzgebers, dass Rassen wie Deutscher Schäferhund, Deutsche Dogge, Dobermänner oder Rottweiler nicht «in gleicher Weise auffällig geworden sind». Trotzdem gab der Senat dem Gesetzgeber auf, die Listen von Zeit zu Zeit zu überprüfen: Je nach Entwicklung des «Beißverhaltens» müssten einzelne Rassen gestrichen oder neu aufgenommen werden.
Die von den Klägern - zahlreichen Hundehaltern und Züchtern - als Alternative vorgeschlagenen Wesensprüfungen einzelner Hunde sind nach Auffassung der acht Richter nicht gleich gut zum Schutz der Allgemeinheit geeignet. Die Tests lieferten lediglich eine Momentaufnahme, aber keine verlässliche Prognose.
Die Bundestierärztekammer bedauerte das Urteil. Die pauschale Maßregelung von Hunden anhand von Rasselisten gaukele nur eine scheinbare Sicherheit vor. Maßgeblich für die Gefährlichkeit einzelner Hunde seien die Haltung und Erziehung, nicht ihre Rasse.
Mirko Fischer, Bullterrier-Züchter in Nordrhein Westfalen, sagte, er könne mit dem Importverbot leben, denn es sei auch möglich, mit tiefgefrorenem Sperma zu züchten. Entscheidend sei, dass das bundesweite Zuchtverbot falle. Er glaube nicht, dass jetzt die Bundesländer einheitlich ein Zuchtverbot für die vier Kampfhundrassen erlassen.
Der Verband für das Deutsche Hundewesen kündigte an, wegen des bestätigten Importverbots den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg anzurufen. Das Importverbot widerspreche dem freien Handelsverkehr in Europa.
Wer gegen das nun bestätigte Importverbot verstößt, kann mit Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren belegt werden. Mit dem im April 2001 verabschiedeten Gesetz reagierte die Bundesregierung auf den Tod eines sechsjährigen Schülers, der im Juni 2000 in Hamburg auf dem Schulhof von zwei Kampfhunden tot gebissen worden war.
Aktenzeichen: Bundesverfassungsgericht 1 BvR 1778/01
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