Also aus Elternsicht kann ich hier leider nix beisteuern.
Dafür aber aus Kindersicht:
Ich war als Kind/Jugentliche immer schon sehr "seltsam". Meine Eltern sind zwar nicht geschieden, aber ich war früher ein totaler Einzelgänger, bin immer alleine herumgehangen und habe den Grossteil meiner Zeit in Büchern verbracht. Das ging so weit, dass meine damaligen 2 Schulfreundinnen teilweise am Verzweifeln waren, weil man einfach nicht mit mir reden konnte, ohne dass ich gleichzeitig die Nase im Buch habe (das haben sie mir vor ein paar Jahren erzählt, erst da ist mir klar geworden wie krass ich damals war). Ich habe wenig geredet, und schon gar nicht über mich selber und mein Seelenleben. Weder mit meinen Freundinnen (wo ich zu meiner Schande gestehen muss, dass ich absolut NICHTS für diese Freundschaft getan habe), noch mit meiner Familie.
Meine Eltern hatten als ich so zwischen 10 und 14 war ernsthaft Angst ich hätte Selbstmordlüste (auch das haben sie mir erst Jahre später erzählt). Weil ich mich derart von meiner gesamten Umwelt abgeschottet habe und zu mir einfach kein Durchdringen war.
Ich selber habe das natürlich nie ganz so gesehen. Ich konnte einfach mit niemandem was anfangen und hatte meine eigene Welt in den Büchern. Ich hatte das Gefühl mich versteht sowieso niemand, also warum versuchen zu kommunizieren?
Ich war immer schon ein totaler Tierfan. Mit 13 habe ich mir ein Kaninchen und ein Meerschweinchen erbettelt, bei denen ich und meine Geschwister uns um praktisch alles gekümmert haben, wenn auch noch mit Unterstützung meiner Eltern.
Aber ich wollte einen Hund, und zwar immer schon! Ich habe 6 Monate lang gebettelt und gebettelt, bin mit Nachbarshunden raus und sogar auf eigene Faust ins Tierheim gefahren, um dort Hunde auszuführen (was ich leider nicht durfte, weil ich zu jung war). Als ich 15 war, hatte ich meinen Eltern endlich das Ja abgerungen.
Und ich bekam einen Second-hand, 4 Jahre alten Riesenyorkie (8kg Hund). Und langsam änderte sich einfach alles. Mir selber war das damals nicht so bewusst, auch da haben mir meine Eltern erst Jahre später alles erzählt.
Ich war täglich stundenlang mit Berny unterwegs. Besuchte meine Freundin am anderen Ende der Stadt zu Fuss, ging Hundeschule, tratschte mit den Leuten die ich unterwegs traf. Und auf einmal kannte ich massig Leute. Leute aus der Hundeschule, Hundebekanntschaften, aber auch Senioren und Kinder, die ich unterwegs traf und wo man einfach mal über den Hund plauderte. Für Berny war ich auf einmal Feuer und Flamme auf Leute zu zu gehen. Teilweise war ich für einen 2 km Spaziergang eine gute Stunde draussen, einfach weil ich mich wieder mal vertratscht habe.
Berny war mein Ein und Alles und er kam absolut überall mit. Erziehungsmässig hatte ich den Ehrgeiz ihn mal ableinen zu können (er hatte anfangs null Bindung zu mir und war voll der jagdfreak), habe mich informiert, geübt, weiterprobiert,... Sogar die Tierarztbesuche waren meine Verantwortung, auch wenn meine Eltern gezahlt haben.
Ich habe keine Ahnung, wie ich heute wäre, wenn ich Berny nicht bekommen habe. Vielleicht wäre ich immer noch so ein komischer Einsiedler-kauz? Vielleicht wäre ich immer noch unfähig ein Buch wegzulegen, um mit jemandem zu reden?
Meine Eltern haben mir im nachhinein gestanden dass sie sooooo erleichtert waren, als sie gesehen haben wie ich mich durch Berny entwickelt haben.
Aber okay, das ist nur MEINE Erfahrung, jeder Mensch und jede Situation ist dann natürlich anders! Kern der Sache war nämlich schon auch, dass ich immer schon totaler Tiernarr war und ich absolut ALLES getan hätte (habe!) um einen eigenen Hund zu haben. Der Hund wurde auf keinen Fall extra für mich als "Therapie" angeschafft. Sondern zähneknirschend und mit Bauchweh ("Da bleibt die ganze Arbeit dann sicher wieder an mir hängen." "Gott sei Dank ist er wenigstens alt und klein!"), um mir eine Freude zu machen.
Ich bin mit Berny aufgewachsen und erwachsen geworden, ich habe ihn mit 15 bekommen, jetzt bin ich 25 und er ist noch immer da (wenn auch nicht mehr lange...). Er hat mich durch die Schulzeit, Studienzeit und jetzt Eintritt ins aktive Leben begleitet. Meine Auswanderung nach Frankreich mitgemacht, Kennenlernen meines Mannes und war schliesslich bei unserer Hochzeit dabei. So einen Berny gibts nur einmal! :liebhab: