Hallo alle zusammen!
Ja also ich muss hier nur mal kurz meinem Ärger Luft machen, nachdem ich mal wieder zum tausendsten in so einer Hundezeitschrift das Gleiche gelesen habe.
"Wenn dies ihr erster Hund werden soll, raten wir ihnen zum Welpen, da dieser noch ohne schlechte Eindrücke, blabla, wir können ihn total auf uns prägen, blabla, formbar, blabla, und so weiter. Den erwachsenen Hund raten wir ihnen nur an, wenn sie schon sehr viel Erfahrung mit Hunden und ihrer Erziehung haben, weil die haben ganz arge Ticks, lernen so schwer, blabla, spinnen, beissen, und weiss Gott noch was".
Ganz ehrlich, so in etwa steht dass in praktisch ALLEN meiner 08/15 - Hundebüchern, und ich finde das so einfach nicht richtig!
Ja, ein Welpe ist viel formbarer als ein erwachsener Hund, aber man sehe da doch bitte auch den Nachteil: Als Anfänger versaut man einen Welpen viel leichter als einen schon etwas abgeklärteren erwachsenen Hund. "Den Hund total auf einen prägen können" heissts erstens wahnsinnig viel Arbeit, und heisst auch, dass wenn man da was (wenn auch gut gemeint) falsch macht, hat man die Konsequenzen dann ein Hundelebenlang zu tragen. Oder braucht zumindest Jahre, bis man die wieder ausbügelt.
Mit erwachsenen Hund für Anfänger meine ich natürlich nicht den schwer traumatisierten Tierheimhund mit massiven Verhaltensproblemen. Es gibt doch bitte genug erwachsene Hunde, die ganz einfach Scheidungswaisen sind, deren Besitzer gestorben sind, krank sind und sie einfach aus irgendeinem Grund, der überhaupt nichts mit dem Hund zu tun hat, ihn abgeben. Diese Hunde sind im wesentlichen stubenrein, wohnungstauglich und können alleine bleiben. Was fehlt ist halt oft die Grunderziehung (Sitz, Platz, Fuss, Hier) und ein paar kleinere Macken (Leine ziehen, bellen, Leute anspringen,...).
Aber ganz ehrlich, zumindest weiss man bei der Übernahme im Idealfall was man da übernimmt. Und wenn man meint einem erwachsenen Hund nicht einmal Sitz, Platz, und ordentliches An-der-Leine-Gehen beibringen zu können, dann ist man doch mit einem Welpen erst recht überfordert, oder???
Okay, ich bin natürlich auch vorgeprägt: Mein erster Hund (ich war da 15) war ein 4 Jahre alter Terrier, der alleine blieb, stubenrein war, nicht bellte, keine Leute ansprang, ABER halt einen totalen Jagdtrieb hatte und bei dern Vorbesitzern schon Hühner gekillt hatte. Also ein unkomplizierter Hund, bei dem man aber massiv mit Schleppleine und co arbeiten musste, um ihm auch beizubringen, dass man draussen auch hören muss.
Berny kannte, als er zu uns kam, nicht einmal Sitz und Plaz. Innerhalb von 4 Wochen hatte er alle Grundkommandos drauf, heute kann er so um die 20 Kommandos mit so Sachen wie "Türe zu machen", sich drehen, auf Kommando bellen, tot stellen, und noch Haufenweise anderer. Von den Nachbarn wird er der Zirkushund genannt. Ein Hund JEDES Alters lernt immer noch wahnsinnig schnell (verglichen zu meiner Katze ;-) ). An Berny hab ich so ziemlich jede Trainingsmethode ausprobiert die es gibt, ganz einfach aus Unwissenheit. So bin ich sobald er da war mit ihm in die Hundeschule, weil ich lernen wollte, wie man Hunde erzieht. So sind wir in einer Schäferhundeschule gelandet und im ganzen Kurs war mein Yorki der einzige Nicht-schäfer. Leinenrucken ohne Ende, man hat darauf bestanden, dass ich mir ein Würgehalsband kaufe. Ich hatte natürlich sofort ein ungutes Gefühl, aber wusste es halt selber nicht besser. Nach 5 Monaten (wir haben die Bgh1 bestanden) haben wir dann endlich aufgehört, und ich habe per Internet das Clickern angefangen.
Gott sei Dank hatte ich keinen Welpen, denn wer weiss, was der für einen Schaden davon getragen hätte! Berny war nachsichtig und er war einfach nur froh, wie wir dann wieder aufgehört haben.
Auch beim Clickern habe ich so 6 Monate mit Anleitungen aus dem Internet herumgepfuscht, bis ich so einigermassen kapiert hatte, wie das funktionniert. Berny war einfach nur ein williges Versuchskaninchen und hat jetzt im Endeffekt (er ist jetzt 12) per Clicker sogar Vor- und Rückwärtsrobben gelernt.
Ich will mir gar nicht vorstellen, wie ich einen Welpen verzogen hätten, wenn es mein erster Hund gewesen wäre. Ich hatte zwar sehr viel guten Willen, aber halt ganz einfach null Ahnung von Hundeerziehung.
Heute habe ich meinen Berny UND einen Welpen und ich kann euch versichern: Die Welpenerziehung nimmt um einiges mehr Zeit und Aufmerksamkeit als damals Bernys Erziehung. Die Kleine wird daheim nie aus den Augengelassen (Sofa annagen und so weiter), kommt mindestens alle 2 Stunden raus (damit sie Stubenreinheit lernt) und sobald man ihr irgendwas mal durgehen lasst, nutzt sie es beinhart aus und will mehr. Ihre Erziehung ist ein Fulltimejob, wobei ich natürlich den Ergeiz habe möglichst wenig Fehler zu machen, damit ich wenn sie dann gross ist möglichst wenig Erziehungsarbeit mit ihr habe.
Bei Berny waren die kritischen Phasen eh schon alle abgelaufen, und ob man ihm da heute oder morgen beibringt Bei Fuss zu gehen, ist auch schon egal. Wenn ich es der Kleinen heute nicht beibringe, hab ich morgen einen Hund der wie blöd an der Leine zieht und ich habe die doppelte Arbeit. Wenn Berny mal aus Furcht wen kurz anbellte, wusste ich es ist nicht tragisch, weil es bei einem oder zwei Beller bleibt (auch wenn ich natürlich trotzdem daran gearbeitet habe). Wenn die Kleine wen anbellt, habe ich, wenn ich gar nicht oder falsch reagiere, als Erwachsenen dann einen total panischen, durchgedrehten Hund.
Einem Welpen muss man den Weg ins Leben zeigen können, wogegen ein erwachsener Hund einem selber total viel beibringen kann.
Also tut mir Leid, dass es jetzt so lang geworden ist , aber das habe ich echt mal loswerden müssen. Ich hoffe es hilft auch dem einen oder anderen Hundeanfänger, der sich noch nicht entschieden hat.
Grüsse,
Iris + Berny und Daika