Wow, danke für das Thema, Lynny!
Ich schreibe selbst gerade an meiner Arbeit zum Thema Schulhunde: "Kynopädagogik auf dem Prüfstand"
Das ist ein super-schwieriges Thema. Du wirst mir in dem Punkt wohl nicht widersprechen, dass Tiere unter professioneller Anleitung unglaubliche Verbesserungen in allen möglichen Therapien hervorrufen können.
Leider wird es momentan zu einem Trend, der kaum noch zu bewältigen ist. Natürlich kann man nicht seinen Hund mit ins Altenheim nehmen und sagen, er sei jetzt ein Therapiehund. Und dieses ganze Therapiehund-Gezüchte ist der größte Blödsinn! (Dazu empfehle ich den Artikel von Marlene Zähner "Kann man den Therapiebegleithund züchten?" in: Menschen brauchen Tiere - Olbrich/Otterstedt)
Hier mal ein paar sehr gekürzte Auszüge aus meiner Arbeit:
Zitat
Tierschutz ist im Falle der tiergestützten Arbeit von größter Wichtigkeit, denn wenn ein Tier nicht als Mitgeschöpf entsprechend behandelt wird, können sich die positiven Auswirkungen der Mensch-Tier-Beziehung nicht entfalten.
Von einem Tier dürfen keine Leistungen verlangt werden, die es artspezifisch qualitativ oder quantitativ nicht erbringen kann. Es ist erforderlich, dass der Therapeut Kenntnisse über die artgerechte Haltung, Ernährung und Pflege des Tieres verfügt, mit dem er arbeiten möchte. Eine erfolgreiche Arbeit mit einem vernachlässigten Tier ist nicht möglich.
Die Tiere dürfen nicht überfordert werden und müssen langsam und mit großer Fachkenntnis an die therapeutische Arbeit herangeführt werden, denn ein verängstigter Hund oder ein aggressives Kaninchen können die gewünschte Beziehung zum Menschen und einen hilfreichen Dialog niemals erreichen.
Auch eine Instrumentalisierung der Tiere muss in jedem Fall verhindert werden. Wenn das Tier an sich als Heilmittel und ohne fachkundige Begleitung ärztlich „verschrieben“ wird dann kommt es Greiffenhagens Ansicht nach schnell zu gegenteiliger Wirkung. Sie beschreibt das Bild eines Kätzchens, das von einem Kind so lange als Kuscheltier missbraucht wird, bis es sich der ungewollten Liebkosungen nicht mehr anders zu entziehen weiß als mit schmerzhaften Krallenschlägen.
Die Hundeverhaltensforscherin Dorit Feddersen-Petersen spricht sich klar gegen den Trend zum Einsatz von Hunden im therapeutischen Bereich aus, „weil sich die Zeichen mehren, dass diese Hunde dabei ‚verbraucht’ werden, da sie die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllen können“ (zit. nach Greiffenhagen, S. 212). Um dies zu verhindern, sollte der Hundebesitzer Stimmungslagen und Reaktionen seines Hundes vorausahnen können und die Körpersprache seines Hundes verstehen damit es zu keinen Missverständnissen kommt.
Die Kommunikation zwischen Hund und Hundeführer sollte klar und stimmig sein, aber dieser meist als selbstverständlich angesehene Faktor stellt sich in der Praxis oft als unzulänglich heraus. Die Regelmäßige Teilnahme an Seminaren in Hundeschulen und an Fortbildungen im Bereich der tiergestützten Arbeit sollten diese Grundlagen daher vertiefen.
Zum Thema Organisation und Richtlinien:
Zitat
Der Ursprung zur Forschung zum Thema Mensch-Tier-Beziehung oder tiergestützter Therapie liegt in den USA, wo 1977 unter der Leitung von Michael McCulloch die ‚Delta Society’ gegründet wurde. Die Mitglieder stammten aus tier- und humanmedizinischen Bereichen und beschäftigten sich mit der Qualität von Beziehungen zwischen Tierhaltern, Tieren in Heimen und Betreuern.
Die ‚Delta Society’ war maßgeblich an der Ausarbeitung eines ersten Hippotherapie-Lehrplans und an der Entwicklung erster Richtlinien für Tierbesuchsdienste und tiergestützter Therapie beteiligt.
In Wien wurde 1977 als private wissenschaftliche Institution das ‚Institut für Interdisziplinäre Erforschung der Mensch-Tier-Beziehung’ (IEMT) unter der Leitung von Prof. Dr. Konrad Lorenz gegründet, in Frankreich die in Paris ansässige Organisation zur Information und Forschung über Heimtiere ‚Association Francaise d'Information et de Recherche sur l'Animal de Compagnie’ (AFIRAC), in Großbritannien 1979 die Organisation ‚Society for Companion Animal Studies’ (SCAS) und in Deutschland wurden unter anderen 1988 der ‚Forschungskreis Heimtiere in der Gesellschaft’ unter Vorsitz von Professor Dr. Reinhold Bergler vom Psychologischen Institut der Universität Bonn und ‚Tiere helfen Menschen e.V.’ unter Mitarbeit von Dr. Carola Otterstedt und Prof. Dr. Erhard Olbrich gegründet.
Die bedeutendsten Organisationen der Länder bilden seit 1990 die International Association of Human-Animal Interaction Organisations (IAHAIO) mit Sitz in Washington, die einen regelmäßigen Austausch der Forschungsergebnisse auf einem Weltkongress anstrebt.
Was im Moment so oft als Therapie mit Tieren bezeichnet wird ist eigentlich nichts anderes als die
Zitat
Animal Assisted Activity (AAA)
Unter die AAA fallen Aktivitäten zwischen Mensch und Tier, die dazu dienen, die Lebensqualität der Menschen zu erhöhen. Allein die Anwesenheit eines Tieres hat dabei positive Wirkungen auf den Menschen. Hierzu zählen unter anderem Tierbesuchsprogramme, bei denen Tierhalter mit ihren Tieren zusammen für eine bestimmte Zeit eine Institution besuchen.
Als Therapie kann man im Gegensatz dazu nur die Tätigkeiten bezeichnen, die von einem professionellen Therapeuten durchgeführt werden:
Zitat
Animal Assisted Therapie (AAT)
Die AAT bezeichnet einen zielorientierten Einsatz von Tieren durch geschultes, qualifiziertes und fachkundiges Personal. Vor der Tierbegegnung werden genaue Zielsetzungen formuliert, der Verlauf der Sitzung wird protokolliert und mit den vorherigen Sitzungen abgeglichen, um einzelne Fortschritte messen und dokumentieren zu können.
Im Unterschied zur AAA wird die AAT immer von einem Arzt, Therapeuten o. ä. durchgeführt. Vorraussetzung für AAT ist also eine therapeutische Ausbildung, die durch eine Zusatzausbildung zum professionellen Einsatz von Tieren in der Therapie erweitert werden muss. Auch die Tiere, die nach genauen Plänen eingesetzt werden, sollen möglichst speziell ausgebildet sein.
Da die tiergestützte Therapie zurzeit sehr im Kommen ist, sollte man möglichst schnell für einheitliche Richtlinien sorgen, was Aus-, Fort- und Weiterbildung in diesem Bereich angeht! Ich finde das sehr wichtig, weil sonst viel schiefgehen kann, wenn man "auf eigene Faust" versucht irgendeine "Therapie" mit Tieren durchzuführen!
So, das war wohl erstmal genug von mir