Moin,
ich hab ja gar nichts gegen anderslautende Meinungen.
Wogegen ich aber sehr viel habe, ist, wenn mein Diskussionsgegenüber mir in dem Moment, in dem ich nicht seiner Meinung bin, automatisch diverse Merkwürdigkeiten unterstellt.
Da ich nun CM`s Vorgehensweise in den zahlreichen zur Verfügung stehenden Videos, die ja nicht nur extreme Probleme zeigen, sondern oft recht alltägliche Situationen, für vollkommen überzogen und unangemessen und mit dem, was ich über das Lernvehalten von Hunden weiss, unvereinbar halte, muss ich also automatisch:
- ein Weichei sein
- blind sein
- ein "Nur-das-Schlechte-sehen-Woller-sein"
- nicht in der Lage sein, unangemessene Härte von einem gelegentlich notwendigen "auch mal anpacken" zu unterscheiden
- weil meine Hunde nicht getreten, geschlagen, würgend niedergerungen oder "gestupst" werden, demzufolge "grenzenlose" Hunde haben
- schwache Nerven haben :joint:
- und mindestens ne rosa Brille aufhaben, damit mein heiles Weltbild gewahrt bleibt...
Man bloss - dem ist gar nicht so.
Auch, wenn MEIN Leben durchaus ein Ponyhof ist.
Ich persönlich diskutiere lieber mit Menschen, die mich nicht automatisch für völlig dämlich halten, nur weil ich ihre Meinung nicht teile....und gerade bei überaus diskussionswürdigen Themen, tausche ich mich lieber, weil gehaltvoller, mit Menschen aus, die nicht darauf aus sind, 1 : 1 alles von ihrem Idol zu übernehmen, sondern auch zu kritischem "ja, aber" fähig sind. Denn das "ja, aber" bedeutet für mich, dass sich tatsächlich mit der Thematik auseinander gesetzt wurde und nicht einfach nur nachgebetet wird.
Völlige Kritiklosigkeit gegenüber einer besonderen Methode macht mich eher mißtrauisch, denn dieser folgend...denn wenn etwas absolut nicht zu kritisieren ist, wäre es perfekt und das gibt es in unserer Welt einfach nicht.
Ich habe in den Videos vieles gesehen und auch viele Ansätze gefunden, die ich für vollkommen richtig halte.
Dennoch hapert es m. M. nach arg in der Ausführung und ganz besonders hapert es m. M. nach in dem, was man heutzutage als nachhaltigen Lösungsansatz bezeichnet. Von einigen Passagen nach dem Motto "mit Kanonen auf Spatzen schiessen" mal ganz abgesehen. Klar geht das so auch - aber muss doch nicht. Ich persönlich behalte mir das "auch mal anpacken müssen" lieber für wirklich dramatische Situationen vor. Denn auch ein ständiger, unangemessen zu "harter" Umgang kann abstumpfen - Hund UND Halter übrigens.
Vieles, was CM anwendet, läßt sich m. M. nach hier in D nicht durchziehen - weil der informierte HH in D eher an einer hunde-orientierten Problemlösung interessiert ist. Während der größte Teil in den gezeigten Videos Probleme sind, die möglichst rasch, möglichst unkompliziert und überwiegend nach dem Motto "welche Probleme hat der Mensch durch das Problem des Hundes und wie können wir das Menschen-Problem lösen" gehandhabt werden. Das gibt es hier sicher auch, aber ich kann mir vorstellen, dass der potentielle CM-Kundenstamm in Kulturkreisen mit einer anderen Sicht auf den Hund als hier oft, einfach größer ist.
Ich - ich arbeite lieber direkt an der Ursache der Probleme und nicht nur an den Folgen. Ich beziehe den Hund viel lieber aktiv mit in den Lösungsansatz ein. Überspitzt gesagt, mach ich dem Hund nicht einfach nur klar "Besucher gehen Dich überhaupt nix an, also schweig stil", sondern ich nehme ihm z. B. seine Unsicherheit gegenüber fremden Menschen, zeige ihm Alternativen zu seinem bisherigen Verhalten und lasse ihn auch "kreativ" mitarbeiten, denn so manches Mal finden meine Hunde Problemlösungen, die ich selbst gar nicht berücksichtigt hätte.
Die Fußnägel hochgerollt haben sich mir besonders bei einer Szene, in der der Hund an die Katze "gewöhnt" werden sollte.
Ja, ich hab dafür bei der Arbeit mit einem Katzenhasser mit Tötungsabsicht etwa 8 Monate benötigt. 8 Monate mit extrem viel Aufpassen, Managen (sowohl Katzen als auch Hund), und auch 8 Monate mit sich allmählich lockernden baulichen Sicherheitsmaßnahmen. Allerdings habe ich nun einen Hund, der vertrauensvoll mit den Katzen umgeht, der die Katzen als Mitglieder unserer sehr multikulturellen sozialen Gemeinschaft akzeptiert und der sich im Rahmen seiner Möglichkeiten mit den Katzen auseinander setzt, sprich, der lernt, dass Katzen sich etwas anders "ausdrücken" als Hunde.
In der Videosequenz von CM habe ich einen Hund gesehen, der über Meideverhalten die Katzen regelrecht "ausgetrieben" bekommen hat. Ich hätte allergrößte Bedenken, dass DAS Zusammenleben auf engem Raum auf Dauer gut geht.
MEIN Hund hat gelernt, Katzen in ihrem Verhalten zu "lesen", sie zu akzeptieren und mit ihnen umzugehen. Der Hund bei CM hat m. M. nach eigentlich nur gelernt, dass es immer besonders doof und schmerzhaft wird, wenn eine Katze ins Spiel kommt und er sich deshalb besser davon fernhält...wenn da mal eine unglückliche Situation entsteht, kann ich mir vorstellen, dass es gewaltig scheppern wird.
Ein beliebtes Argument der bekennenden CM-Fans ist ja, dass er so und so vielen Hunden mit seinen Methoden das Leben gerettet hat.
Gut, das versteh ich und ich sehe es auch durchaus, dass besondere Probleme eben manches Mal auch besondere Lösungen erfordern.
Nur rechtfertigt dieser Erfolg und diese "gute Tat" für mich nicht, dass mit dem Familienhund von XY deshalb auf ähnliche Art umgegangen werden muss.
Das wäre so, als würde ich jedes Mal mit Kampfstiefeln meine Haustür aufbrechen (nur weil ich das einmal bei einem Notfall so machen musste und es ja prima geklappt hat), statt ganz einfach den Haustürschlüssel zu benutzen...
Mein Fazit:
CM sollte sich weiterhin mit den Menschen befassen, denn da hat er m. M. nach durchaus ein Händchen für. Meinetwegen soll er sich auch um Hunde kümmern, denen ansonsten das Einschläfern droht - aber an meine stink-normalen Hundeprobs würde ich ihn mit Sicherheit nicht ran lassen.
LG, Chris