Ich bin mit einem von mehreren Gutachtern als sehr gefährlich eingestuften Hund aufgewachsen. Ähnlich gelagert wie hier. Unser Hund hat seine ersten Besitzer ins Krankenhaus befördert und im Tierheim einen Hund getötet.
Kam erst raus, als wir den Hund nach nur 12 Stunden im neuen Zuhause zurück geben wollten. Da hatten sie im Tierheim die Spritze praktisch schon aufgezogen. Nicht mal mehr aus dem Auto wollten sie ihn lassen.
Am Ende hatte der Hund so viele trigger, so wenige Warnsignale, dass das Leben mit ihm bis fast zum Schluss ein gefährlicher Drahtseilakt war.
Er lebte teils wie ein Wildtier, denn er hatte nur meinen Vater, dem er bis zu einem gewissen Punkt vertraute, ja dem er zugeneigt war. Alle anderen Menschen konnten weg. Andere Tier konnten auch weg. Unser Hund lernte auszuhalten die Anwesenheit von anderen Menschen und Tieren, weil er wusste mit Maulkorb, Leine usw. konnte er sie nicht wegmachen.
Die Frage nach dem warum war nicht zielführend. Ein Hund der auf die Veränderung eines Luftzuges, auf das fallen eines Gegenstandes, usw. mit teils ungebremster Aggression reagiert und das ohne große äußere Wahrnehmbarkeit, der ist für Menschen, Tiere einfach gefährlich.
Viel später haben wir sein Warnsignal gesehen. Leichtes Weiten der Pupille in der zehntel Sekunde bevor er ausgelöst hat. Nur da wollte man eigentlich nicht stehen um das zu sehen, wenn er auslöste.
Er blieb bis zu seinem Tod bei uns. Fast 10 Jahre lang. Das Grundstück, die zwingeranlage, da leben wurde auf seine Sicherung und unsere Sicherheit angepasst, mit massiven Abstrichen für die Menschen und für unseren Hund. Ich war kind und hasste unseren Hund zwischendurch. Türen einfach öffnen stand unter Strafe, war der hund freilaufend irgendwo, galt höchste Sicherheit, war der Maulkorb ab, außerhalb seines zwingers, war die ersten Jahre die Regel, dass alle Türen geschlossen blieben und alle Menschen in dem Raum blieben, in dem sie waren. Bis mein Vater entweder den Hund wieder gesichert hatte, fertig mit dem Training war, oder der Hund mithilfe von Schiebern und notfallmassnahmen wieder in seinen Zwinger verräumt werden konnte.
Ob man so leben will dauerhaft? Ich nicht mehr.
Durch all diese Sicherungen, diese massiven Vorsichtsmaßnahmen, kam es bei uns mit unserem Hund nie zu einem Zwischenfall. Allerdings benutzten wir auch kein normales Material für die Sicherung. Der Hund wurde viele Jahre an einer Kette mit doppelter Sicherung geführt. Er hatte beide kletterkarabiner befestigt, einen am kettenhalsband, teils am stachler und einen unter dem Maulkorb an einem halti. Der Hund war verschnürt wie ein Paket um ja nicht die Kontrolle über ihn zu verlieren. Zudem wurde das Material ständig überprüft um Katastrophen zu verhindern. Später, viele Jahre später, wurde die Kette durch zwei lederleinen ersetzt. Der Maulkorb blieb ein stahlmaulkorb, Halsband blieb Kette oder stachler. Halti kam nach 6 Jahren ab, dafür wurde eine notfallleine genau hinter seinen Ohren befestigt, falls im Notfall der Kopf kontrolliert werden musste.
Was ich damit sagen will, schön ist anders, tiergerecht auch, lebenswert wohl eher mit Abstrichen. Lebenswertes Leben nur am überleben zu messen, greift viel zu kurz. Aber ein Hund darf und kann eine Gesellschaft nicht so gefährden. Es gibt Grenzen und diese Grenzen sind auch nicht aufweichbar. Ist das Leben von unbeteiligten Passanten durch die Anwesenheit meines Hundes so massiv gefährdet, das nichts, aber auch gar nichts schief gehen darf, wenn wir an der Straße aneinander vorbei gehen, dann ist in meinen Augen, die Grenze überschritten. Und dann gibt es nur noch wenige Möglichkeiten, entweder Aufbewahrung in absolut sicherem „Knast“, oder einschläferung. Resozialisierung bis hin zur Ungefährlichkeit ist bei diesem hundetyp utopisch. Vielleicht bekommt man ihn besser kontrolliert, aber unauffällig, normal mit Menschen lebend, nicht realistisch. Und das muss einem klar sein.
Storm hört sich nach einem dieser extrem seltenen Hunde an. Das tut mir in der Seele weh, aber Verantwortung wiegt dann für den Rest seines Lebens Tonnen. Und das muss einem klar sein.
Fahr zu Baumann, der kennt und kann mit dieser Kategorie hund, der wird dir unverblümt sagen, was du da hast und was vielleicht rauszuholen ist und was wahrscheinlich nicht mehr rauszuholen ist.
Ich könnte allerdings auch eine Einschläferung verstehen und nachvollziehen.
Lg