Echt? Hab hier im Thread niemanden dergleichen gesehen.
Sischer darfst du fragen. Nachdem ich ja heute schon mindestens zweimal meinen Hund verprügelt habe, ist jetzt genug Zeit, mich darüber auszulassen.
Strafe heißt, auf eine unerwünschte Handlung gibt es unangenehme Folgen. Prompt. Ich musste meinen Hund noch nie schlagen. Aber strafen schon. Das geht vom Ignorieren, an die Leine nehmen bis zum Werfen diverser verfügbarer Gegenstände (Kienappel, Steinchen, Leine), verbal strafen (ein Brüll), Aussperren aus dem Zimmer etc. Wahrscheinlich würden mir bei längerem Nachdenken noch ein paar andere Sachen einfallen.
Neulich lief mein Hund einem Hasen hinterher und hörte nicht auf den Rückpfiff. Ich - ziemlich wütend - hinterhergegangen und da kam sie mir schon entgegen. Was tut man da? Man nimmt den Hund kommentarlos an die Leine und geht weiter. Das war keine Strafe, der Moment des Strafens war ja schon vorbei, Strafe muss stante pede folgen. Oder gar nicht. Aus solchen Situationen kann man nur lernen, fürs nächste Mal schneller zu sein.
Wattebäuschchenmethode ist eigentlich nicht wirklich das richtige Wort. Ich nenns mal weichere Methode. Klar kann man jedem Hund über Leckerchen viel beibringen. Der Punkt ist bloß, eigentlich bringt man dem Hund nur bei: du willst Futter? Ok, wenn du dies oder jenes machst, kriegst du Futter. Was aber tun, wenn der Hund sagt: du, ich hab grad kein Bock auf dein lausiges zusammengepresstes Pseudofleisch (oder deinen stinkigen Gummiball), ich will den Hasen und ich hol ihn mir.
Ein passionerter Jäger wird immer den Hasen vorziehen, sein Trieb befiehlt es ihm, und die freigesetzten Edorphine geben ihm recht: Jagen macht Spaß, viel mehr als Fressen. Sich gegen einen starken Jagdtrieb durchzusetzen, ist schwer. Da kann man mit Trickdogging, Frisbeespielchen oder Dogdancing oder dem ganzen anderen Kram, der meistens nur die Profilneurose des Menschen (schaut mal was ICH alles mit meinem Hund mache; und der kann dann von allem etwas, aber nichts so richtig) bedient nicht gegen an kommen. Auch nicht mit Leckerchen. Mit keiner weichen Methode. Und mir persönlich würde das Antijagdtraining zu lange dauern. Zwei oder drei Jahre sind eine lange Zeit für einen Hund. Und das dann bloß, weil ich selber unfähig bin, hier konsequent zu sein? Nö.
Noch was zur Konsequenz: Klar ist konsequent sein schwer. Aber wer glaubt, mit einem einzigen Leinenruck sei die Sache erledigt, der irrt gemeinhin. Wobei ich persönlich mit dem Leinenruck nicht arbeite, weil mein Hund ein Geschirr trägt und dort der Ruck schlicht uneffektiv ist. Aber meinen Hund bei einer Wildbegegnung an der Leine schonmal energisch ins Platz zu drücken, wenn der Befehl nicht befolgt wird (und - oh Wunder - dabei keinen verängstigten, unter sich pillernden Elendshaufen bei mir zu haben, sondern einen paralysierten Jäger, der meine Einwirkung nur am Rande noch wahrnimmt), das ist effektiver, als mit Leckerchen herumzuhampeln, die der Hund in dem Moment eh nicht will.
Aber auch dies ist nicht mit einem mal getan, man muss es öfters machen. Härtere Methoden sind keine Tricks, mit denen man heute auf morgen den hörenden Hund hat. Freilich muss man das richtig machen und freilich muss ma da auch üben. In einem anderen Forum habe ich mal ein kluges Wort gehört: "Der Hund gibt den Weg vor." Wenn man mit Leckerchen und weichen Methoden weit kommt bei einem Hund - dann isja gut und okay, wer würde was dagegen sagen? Aber wenn man an seine Grenzen stößt, wenn man merkt, das bringts nicht, dann sollte man auch die Vernunft besitzen, andere Methoden auszuprobieren. Und sich nicht hinter seinen ideologischen Scheuklappen verkriechen.
Und noch etwas sei gesagt: auch die weichen Methoden benötigen ein genaues Timing, sie sind nicht wirklich einfacher, als den Hund zu strafen, denn wenn man es einfach aus Bräsigkeit nicht hinkriegt, den Hund im rechten Augenblick das Futter zwischen die Zähne zu schieben - oder vielleicht auch, weil man den Beutel einfach vergessen hat oder vielleicht auch, weil der Hund einer von den vielen übergewichtigen und mit Futter vollgestopften Presswürsten ist - dann macht man sich das Leben auch nicht einfacher, denn umso länger und länger dauert es, bis Hundi endlich gelernt hat, was man von ihm will.
Aber istja egal, Hauptsache wir haben den Hund nicht gestraft - falls er in der Zwischenzeit aufgrund mangelnden Gehorsams mal eben über die nächste Bundesstraße gelaufen ist und eine unerfreuliche Begegnung mit einem Autokühler hatte, zerfließen wir vor Trauer ums Liebe Hundchen.
Für sowas habe ich kein Verständnis mehr, da bin ich froh, dass mir in diesem Moment eine positive Einstellung abhanden kommt. Ich zeige meinem Hund doch lieber deutlich wo die Grenzen liegen und strafe ihn, wenns sein muss, als dass ich aufgrund meiner ideologischen Blindheit und emotionalen Unfähigkeit meinen Hund von der Straße kratzen muss.
Binehund