Ein liebes Hallo,
fast sieben Jahre bin ich im DogForum, stiller Leser und nie die Frau großer Worte. Viel Wissen habe ich dennoch mitgenommen und gleichzeitig so viele Schicksale verfolgt und dabei User lieb gewonnen, mit denen ich nicht mal ein persönliches Wort gewechselt habe. Geweint, wenn Seelenhunde gehen mussten und beeindruckt von den Geschichten hinter unzähligen Nicknamen.
Und jetzt, möchte ich Euch gerne meine Cora vorstellen.
Cora – diese vier Buchstaben machen länger als mein halbes Leben aus, in guten und auch weniger guten Kapiteln ist sie mein Anker, mein Licht, gewesen. Mit ihrer fordernden Art hat mein Golden Retriever/Irish Setter-Mischlingsmädchen auch in schweren Zeiten Liebe und Zuwendung eingefordert und mir dabei immer gezeigt: „Frauchen, dein Kummer ist nicht das Ende. Wir haben uns und das ist der Anfang für alles.“ Temperamentvoll ist meine Cora, selbst als feine Dame von fast 15 Jahren wirft sie sich auf den Boden, wälzt sich und ihr herausfordernder Blick sagt mir, dass ich zu ihr kommen und sie kraulen und mit ihr spielen soll. Und ihr Blick! Mit glänzenden Augen trabt sie an, wirft sich ihr Spieli mit einem lauten Krach in eine Ecke und hüpft freudig hinterher. Ihr sanfter, wiegender Schritt auf unseren Runden, wie sie sich oft kurz zu mir umdreht um den Abstand ja nicht zu groß werden zu lassen.
Meine Gedanken, in Ausbildung, Studium oder auf Arbeit: Geht es ihr gut, ist ihr langweilig oder aber bin ich am morgen doch etwas zu kurz mit ihr draußen gewesen? Wie ein Kugelblitz nach Hause geflitzt um mit meinem Mädchen raus in die Natur zu verschwinden, den Tag ausklingen zu lassen. Egal wie groß der Stress oder die Laus, die mir über die Leber gelaufen ist, wir hatten uns und brauchten niemand anderen. Lasse ich dich zu lange alleine, wenn ich mal zu Freunden gehe? Och, nö - darf ich dich nicht mitnehmen, dann bleibe ich lieber ganz zuhause. Und wenn es doch nicht anders ging, war ich in Gedanken meist bei dir und habe die Stunden gezählt und gehofft, dass du friedlich vor dich hinschlummerst und aufwachst, bis ich den Schlüssel in der Wohnungstür umdrehe.
Das und noch so viel mehr ist Cora.
Und heute sitze ich auf dem Balkon, schreibe diese Zeilen und hole mir den wohl 1000. Sonnenbrand. Dann blinzle ich nach oben in den Himmel und hoffe, dass mein Hundemädchen gerade Spaß hat auf der anderen Seite der Regenbogenbrücke. Ihren Freunden, die lange vor ihr gehen mussten, die irren Geschichten erzählt, die sie in ihrem Leben erlebt hat. Und während ich wieder weine und an den einen Samstag vor über zwei Monaten zurück denke, kommen auch die Erinnerungen hoch, an die letzten Stunden und daran, wie ihr Leben zu Ende ging.
Ende Februar; das große Blutbild war super und der letzte Check vor unserer Abreise zufrieden stellend. Ein kleines Knötchen an deiner Milchleiste sollte ich im Auge behalten. Dann sind wir weggefahren, dorthin, wo ich die nächsten sechs Monate mein Praxissemester absolvieren würde. Es war die aller erste Woche, die vorbei ging, und ich habe es bedauert, dass du so lange alleine bleiben musstest. Immerhin, mittags kam immer jemand vorbei und ist eine kleine Runde mit dir gelaufen. Dann kam der Freitag Abend, du warst ein bisschen unruhig, hast aber ganz normal gefressen und sogar noch Leckerlis abgestaubt. Vielleicht waren es Bauchschmerzen, „ab aufs Bett Cora, wir kuscheln uns in den Schlaf!“. Schön war’s - bis mein Hundemädchen gegen vier vom Bett aufsprang, torkelte und umkippte. Ich raste zum Lichtschalter, sah sie grummelnd am Boden liegen, prüfte ihre bleichen Schleimhäute und wusste, es ist schlimm. Richtig lagern, nie alleine lassen, verzweifelt einen Tierarzt erreichen, im Auto die Straßen entlang rasen und gleichzeitig die naive Hoffnung, dass wir wenig später wieder nach Hause zurück kehren.
Bevor wir eingeschlafen sind, warst du so normal wie immer. Den Satz habe ich in vielen Foren und tiermedizinischen Websites gelesen, „er war noch den Abend zuvor wie immer“. Und genau so war es auch bei Cora. Ein unentdeckter Milztumor rupturierte, blutete in ihre Bauchhöhle. Aber, als ich das noch nicht wusste, hatten wir große Probleme, Cora ins Arztzimmer zu befördern. Sie war gestresst und wehrte sich so sehr, dass wir sie absetzen mussten. Ich höre ihre Schreie noch immer, sie hat so geschrien und ich konnte ihr das, was folgte verdammt noch mal nicht abnehmen. Der erste Satz der Tierärztin auf dem Behandlungstisch war: „Lassen Sie sie gehen.“ Gedanken strömten in meinen Kopf, wie kann das sein? Wie kann jemand, der meinen Hund nicht kennt, so etwas sagen? Habe ich so viel getan und am Ende doch alles übersehen? Ich kann ihr doch nicht einfach so ihr Leben nehmen – das steht mir nicht zu.
Zwei Untersuchungen folgten, ein Röntgenbild wurde gemacht, Cora musste auf einen anderen Tisch gelagert werden. Stress, sie hat sich gewehrt. Verschwommen nahm ich die Erklärungen der Ärztin war, die ich heute nicht mehr wieder geben kann. Ich weiß nur, dass mir das nicht gereicht hat. Vom Röntgentisch wurde mein Mädchen zurück getragen und ein Ultraschall gemacht. Dann begriff auch ich: der Tumor war da und es gab keinen Weg zurück. Mein Herz raste, denn ich spürte ganz genau den Stress, die Schmerzen und die Angst, die ich meinem tapferen Hundemädchen mit den beiden Untersuchungen zugemutet habe.
Man sagt immer, dass ein Hundemensch spürt, dass die Zeit gekommen ist. Seit zwei Jahren beobachte ich meine Cora genau und habe mich intensiv damit auseinander gesetzt. Aber ich spürte nicht, dass es Zeit war, alles hat mich mit voller Wucht getroffen und ich war unfähig, das Unausweichliche zu erkennen.
Umlagern, festhalten, beruhigen und viel erzählen, küssen, reden, flüstern, streicheln. All das hat ihr dennoch nicht ein Ende voller Schmerz und Stress erspart. Und nur, weil ich zwei Untersuchungen habe vornehmen lassen. Ich wollte meine Cora nicht zwingend am Leben halten, dieser menschliche Egoismus ist mir mehr als fern. Aber ich wollte ihr auch nicht ohne eine Absicherung das Leben nehmen, das sie noch bis zuletzt in vollen Zügen ausgekostet hat.
Ich musste loslassen und mein Mädchen voller Liebe, Dankbarkeit und so beherrscht wie noch nie bis an die Regenbogenbrücke begleiten – und damit hat die lange Trennung auf Zeit begonnen.
Und die Vorwürfe bleiben. Jeden Tag. Bin ich zu wenig Hundemensch, weil ich den für sie wichtigsten Moment in ihrem Leben nicht erkannt habe? Auch zwei Monate danach finde ich darüber einfach keinen Frieden und hoffe, dass mein tapferes Hundemädchen mir all das irgendwann verzeihen kann.
Ihr Lieben, vielen Dank, dass ihr bis zum Schluss mitgelesen habt. Es würde mir viel bedeuten, Eure Meinungen und vielleicht ähnliche Erfahrungen lesen zu dürfen.
Danke fürs Lesen
Linda mit Cora im Herzen.