Kreis Herford (LZ). Immer häufiger kommt es vor, dass Menschen sich Hundewelpen anschaffen und sie aufgrund mangelnder Kenntnisse völlig falsch behandeln. Wenn die Vierbeiner dann Fehlverhalten entwickeln, will man die einstigen Lieblinge wieder loswerden. Die Tiere werden häufig ausgesetzt oder getötet.
"Manche dieser armen Kreaturen haben das Glück, dass sich Tierschützer ihrer annehmen und mit einem hohen Zeit- und Kostenaufwand versuchen, sie zu resozialisieren, das heißt, ihnen normales Hundeverhalten beizubringen", erklärt Renate Siekkötter vom Tierschutzverein Herford.
Die sieben Monate junge Schäfermischlingshündin Sarah hatte das Glück, als Abgabetier im Tierheim Bünde-Ahle aufgenommen zu werden. Im Alter von neun Wochen war sie als Geburtstagsgeschenk in eine Familie mit vier Kindern gekommen.
Die elter waren nicht in der Lage, ihrem Nachwuchs den richtigen Umgang mit einem Welpen zu vermitteln. Sie durften mit dem Hundekind quasi machen, was sie wollten. Wenn Sarah sich gegen die Kinderhände wehrte, wurde sie von der Mutter bestraft. Schließlich entwickelte sich die Hündin zu einer hochgradigen Angstbeißerin mit einer sehr niedrigen Reizschwelle und einer geringen Beißhemmung.
Renate Siekkötter, Tierheimleiterin: "Wir haben Sarah kurz vor Weihnachten in Obhut genommen, obwohl wir eigentlich keinen Platz hatten. Aber die Hündin war völlig am Ende, und wir hatten die Befürchtung, dass die Halter sie aussetzen oder totschlagen würden. Ich kann mich nicht erinnern, jemals einen Hund gesehen zu haben, der soviel Angst hatte." Sarah müsse ein wahres Martyrium hinter sich haben.
Einem solchen Hund das Vertrauen in die Menschheit zurückzugeben, sei eine sehr schwierige und langwierige Aufgabe, aber erste Erfolge seien bereits sichtbar. Man könne nur ahnen, welche Tierquälereien sich hinter verschlossenen Türen abspielen, und das alles bei Tierfreunden, denn: "Menschen, die keine Tiere mögen, schaffen sich erst gar keine an", so Siekkötter.
Nicht minder traurig ist das Schicksal des Westhighland White Terriers Jasper. Er kam vor etwa sechs Monaten völlig verwahrlost als Fundtier ins Bünder Tierheim. Jasper hat das so genannte Casper-Hauser-Syndrom. Er muss völlig isoliert in einem Verschlag oder ähnlichem gehalten worden sein. Er kannte gar nichts, war völlig abgestumpft, stand nur stocksteif da und zeigte auf Ansprache keinerlei Reaktionen.
Wollte man Jaspar anfassen, biss er sofort zu. "Er ist eine Mischung aus Dominanz und Unsicherheit, und deshalb ist der Umgang mit ihm nicht einfach", sagte Siekkötter. Es habe lange gedauert, bis kleine Fortschritte sichtbar wurden. Jetzt habe Jaspar schon gelernt, sich zu freuen, mit dem Schwanz zu wedeln und Streicheleinheiten von einigen Betreuern genießen.
"Kein Mensch wird gezwungen, ein Tier zu halten. Warum holen sich so viele Menschen Tiere ins Haus, wenn sie sich in Wirklichkeit überhaupt nicht für sie interessieren und sie ihnen gleichgültig sind?", fragt sich Renate Siekkötter.
Gerade bei Hunden müsste ihrer Meinung nach ein umfassender Sachkundenachweis Pflicht sein, auch für Leute, die seit 30 Jahren Hunde halten. Es sei erschütternd, immer wieder zu erfahren, welch geringe Kenntnisse selbst jahrelange Hundehalter über Biologie, Verhalten und Bedürfnisse ihrer Vierbeiner hätten, von den Anfängern ganz zu schweigen.
Für die Resozialisierung von Problemhunden sucht der Tierschutzverein Herford dringend sehr erfahrene ehrenamtliche Betreuer, die unterschiedliche Trainigsmethoden beherrschen und auch Zeit für den Besuch einer Hundeschule haben. Anrufe werden unter 0170/1425199 erbeten.
Genauso dringend werden Paten gesucht, die bei der Finanzierung von Kost, Logis und Tierarzt für die vierbeinigen Langzeitgäste mithelfen. Tierfreunde können auch eine einmalige Spende auf das Konto des Tierschutzvereins Herford, Nr. 41 400, bei der Sparkasse Herford, BLZ 494 501 20, zu überweisen.
http://www.tierschutzverein-herford.de
Quelle: Zeitung: "Westfalen Blatt" Nr. 14 vom 17./18. Januar 2009