Beiträge von Taffie

    Danke für die netten Worte, gern geschehen. :blush2: War mal wieder so eine Sache, wo einem manches erst so richtig klar wird, wenn man es aufschreiben will. Wobei mir einige Sachen schon so oft im Kopf rumgegangen waren, dass ich fast geplatzt bin, das mit dem Miau statt Knurren z.B. :D


    Danke für die Gelegenheit, das mal loszuweden.


    Taffie


    P.S. @ yane


    Klar ist es so " dass die blosse Anwesenheit von Schafen für einen hüteerfahrenen Hund bereits die Möglichkeit des "Hüten dürfens" aufzeigt" und "die Anwesenheit von Schafen durchaus schon eine Form des MOs" ist. Nur weiß ich nicht wozu das nützen soll. Es wirkt jedenfalls nicht wie der Ball in der Jackentasche bei der Unterordnung. Aber du hast sicher auch nicht gemeint, dass man nur Schafe auf die Nachbarwiese stellen muss, damit der Hütehund besser die Rolle oder das freudige Apportieren lernt. :D Ich denke, Schafe wirken nur als MO für die Hütearbeit. Tatsächlich mache ich mir bei der Hüteausbildung eher Gedanken darum, welche Hütesequenz - Treiben, Outrun, Flankieren - für den jeweiligen Hund besonders motivierend wirkt und als "Belohnung" eingesetzt werden kann, denn Hunde haben durchaus ihre Vorlieben und auch Abneigungen bei der Hütearbeit. Und einen Hund, der ungern wegtreibt, kann ich nicht ausgerechnet damit für einen gelungenen Fetch belohnen. Also ist es nicht das Hüten schlechthin, was als Verstärker wirkt, sondern man sollte da schon differenzieren. Genauso, wie man den einen Hund mit schnödem Trockenfutter belohnen kann, und für den anderen muss es schon Käse sein. :D

    Hallo allerseits,


    ich habe mich gerade neu hier angemeldet, weil ich ein Möglichkeit gesucht habe, mich über die beiden Bücher von A.K. auszutauschen und eure Diskussion soweit sehr interessant und nachvollziehbar fand.


    Kurz zu meinem Hintergrund: ich kenne A.K. seit 18 Jahren, d.h. seitdem ich Border Collies habe und habe in den ersten (ca. 10) Jahren auch oft bei ihr trainiert, da gab es aber noch keine "HarmoniLogie". Ich habe zur Zeit 7 eigene Hunde + 3 aus der Nothilfe, die ich in erster Linie an Schafen arbeite. Für turniermäßiges Agility habe ich im Moment keine Zeit mehr, aber Dogdance und Tricktraining kennen meine Hunde auch. Im Gegensatz zu A.K.s Hunden leben alle meine Hunde mit mir im Haus, sie funktionieren tatsächlich als gewachsenes Familienrudel aus 3 Generationen mit ein paar "Seiteneinsteigern".


    Zum Thema: Mit vielen der bereits gemachten Aussagen kann ich mich indentifizieren, wobei mir die Einschätzungen von Lucy-Lou und Scherbenstern (z.B.) am meisten einleuchten. Es wurde schon gesagt - und von A.K. ja auch in ihrem Buch geschrieben -, dass die Methode aus der Arbeit mit BCs am Vieh entstanden ist. Daraus ergeben sich Konsequenzen: die bevorzugte "Arbeitshaltung" des Hundes z.B. Also wenn dieses Verhalten der Hunde beim Vorsitzen zum "Abstreichen" nicht devot ist, dann weiß ich auch nicht mehr. Aber man könnte ja auch submissiv sagen. Diese Verhaltensdisposition ist nun mal bei BCs (aus Hütelinie!) genetisch fixiert und gewollt. Oder - wie ebenfalls schon gesagt wurde - der anscheinende Verzicht auf extrinsische Motivation, da das Mega-MO in Form des Hüten-Dürfens (es ist nämlich NICHT die blosse Anwesenheit von Schafen) ja jederzeit als Belohnung zur Verfügung steht. Und damit erklärt sich auch der weitgehende Verzicht auf positive Bestärkung, da es fast immer (oder jedenfalls dann, wenn "die Methode" besonders gut funktioniert) um selbstbelohnendes Verhalten geht, das per Definition eben keine Belohnung von außen benötigt. (Darum kann man in der "traditionellen" Hüteausbildung ja auch mit derart aversiven Methoden - Schreien, Schlagen etc. - trotzdem Erfolge erzielen.) Border Collies sind extrem "anfällig" für selbstbelohnendes Verhalten, ihr - züchterisch verstärktes - inneres Belohnungssystem - funktioniert so klasse, dass Ameisen "hüten", Lichtreflexe jagen, Bällchen glotzen schnell zum "erfüllenden" Ganztagsjob werden kann, d.h. natürlich dann zu Verhaltensauffälligkeit bis hin zur Neurose. Ist ja verständlich, dass man bei derartigen Motivationslagen auf so Ideen wie "passives Lob" kommen kann. Und auch klar, dass man bei "Arbeitsrassen" mit entsprechender Motivationslage - Retriever mit Apportieren, Terrier mit Mäusebuddeln, DSH vielleicht mit Bewachen - schnell zum Erfolg kommen kann. Was für mich eben die Frage nach dem Kangal, Bullterrier usw. nicht beantwortet.


    In den beiden Büchern geht es ja in erster Linie um die Kommunikation mit dem Hund. Und wer ist dafür der wirkliche Experte? Na Hunde natürlich! Ich habe das Glück, bei meinem Rudel rund um die Uhr beobachten zu können, wie das funktioniert und ich habe viele meiner Gewohnheiten im Umgang mit und in der Ausbildung von Hunden von diesen gelernt. Gerade darum ärgern mich gewisse Fehlinterpretationen der "HarmoniLogie" so maßlos. Da heißt es doch wirklich, das Knurren würde als "Störsignal" (Gelb bei der Ampel) eingesetzt, weil es "in der menschlichen Umgangsprache nicht vorkommt". DAS gilt ja wohl auch für "Miau". Jeder kann an seinem Welpen ausprobieren, was passiert, wenn man zu ihm Miau sagt, wenn er an etwas Unerlaubtem nagt, oder wenn man ihn anknurrt. Das zu erwartende Ergebnis ist wohl unstrittig! In Wahrheit ist doch das Knurren ein sekundärer Verstärker, dessen Konditionierung freundlicherweise die Mutterhündin des Welpen für mich übernommen hat! Dass das funktioniert, wenn man dies erlernte Signal konsequent weiter anwendet und auch - genau wie die Mutterhündin - bei Bedarf negativ verstärkt, ist doch wohl mehr als verständlich und bedarf keiner philosophischen Absicherung von wegen Harmonie/Disharmonie.


    Ebenso das "aktive Lob" durch "Abstreichen". Ich bin ganz gewiss kein Jünger der "calming signals", aber im Beschwichtigungsverhalten sind Border Collies nun mal auch Experten. Was tut ein junger Hund, wenn er vom ranghöheren durch Knurren weggescheucht/auf Distanz gebracht wurde? Er versucht mit aller Macht und unter Einsatz aller verfügbaren Beschwichtigungsmaßnahmen wieder zum Großen zurückzukehren. (Logisch, da lebenserhaltend, schließlich schafft der Große die Nahrung herbei, von der der Kleine leben muss). Und wie sieht sowas aus? Eingeklemmte Rute, hinten ganz klein machen, kleinschlägig wedeln - oder guckt euch einfach die entsprechenden Fotos in den Büchern an. Das ist sowas von devot, oder submissiv, und das ist auch überhaupt nichts Schlimmes! Wenn ich mir so angucke, wie einer meine Youngster versucht, sich bei einem großen "einzuschleimen", verzückt den Kopf gegen die Schnauze des Großen drückt, gerade so viel, dass der sich nicht belästigt und zu einem Schnauzgriff veranlasst sieht und dabei (wohlig?) stillhält, dann sieht das haargenau so aus wie auf den Fotos (Stillhalten ist auch eine Beschwichtigungsgeste.) Aber was hat das mit Lob zu tun? Wofür "lobt" der Althund wohl den Rangniederen? Ja wohl doch höchstens für's Wohlverhalten oder für die angemessene Demonstration der Unterwerfung. Und genau das ist auch die Sache mit dem "aktiven Lob" gemäß "HarmoniLogie", es geht gar nicht so sehr um Meidemotivation, sondern um das immer wieder energisch eingeforderte Nachweisen von Respekt seitens des Hundes. Genauso, wie das im Hunderudel auch der Chef tun würde, inclusive der negativen Verstärkung (Ample rot) durch Knuren und - wenn das nicht reicht - durch Attacke/Bedrängen/Wegschicken/Weichen lassen. Die vielgerühmte "Gesprächsbereitschaft" hat also mit Gespräch rein gar nichts zu tun, sondern ist einfach eine Respektsbezeugung, was genau DIE Menschen so begeistert, die den Respekt und damit die Aufmerksamkeit ihres Hundes bisher noch nicht recht dauerhaft herstellen konnten.


    So gesehen ist Annes Methode ungeachtet des philosophischen Brimboriums und der euphemistischen Begriffsumdeutungen sehr sehr nah an die Kommunikationsformen im Hunderudel angelehnt. Hunde geben sich untereinander keine Befehle=Arbeitsanweisungen wie Sitz-Platz-Fuß, aber sie fordern Respekt ein, sichern aversiv Ressourcen, machen aber auch Angebote zum Sozialkontakt und versorgen ihre Welpen mit Nahrung. A.K. hat sich bei ihrer Ausbildungsmethode für die eher aversiven Strategien entschieden, weil sie als Ausgleich den lebenserhaltenden Motivator Hüten=Rudeljagd=Nahrungserwerb anbieten kann, und das bei einer Rasse, die genetisch auf Kooperation im Hund-Mensch-Rudel fixiert wurde. Andere Ausbildungsmethoden (z.B. auch Clickern) arbeiten mehr mit der sozialen Bindung zwischen Alttier und Jungtier, das mit Nahrung (Leckerli, Spielzeug als Beuteersatz) versorgt wird. Das funktioniert aufgrund der existentiellen Bedeutung des Futters sehr gut, aber in bestimmten Situationen - Flucht, Kampf - ist Sicherheit eben wichtiger als Fressen. Versäumt man also, dem Hund über die Funktion des Nahrungslieferanten hinaus auch die Sicherheit und den Schutz durch den in allen Bereichen souveränen Anführer zu vermitteln, so kann es schon zu Problemen kommen, die bei der "HarmoniLogie" aufgrund des unausgesprochenen, aber absolut eindeutigen Allmachtsanspruches des HF eher nicht vorkommen.


    Und damit sind wir wieder beim schon mehrfach erwähnten Punkt: wie ich mit meinem Hund umgehen möchte, muss jeder für sich entscheiden. Ich habe mich - auch in der Hüteausbildung - gegen diese Methode entschieden. Wenn ich meinem Hütehund auch auf 500 m Distanz jeden Schritt, den er tut, vorschreiben will, muss ich das Verhalten der Schafe aus der Ferne ebensogut voraussehen können wie mein Hund, der sie doch genau vor der Nase hat und der darüber hinaus ein "angezüchtetes" Wissen über Schafe hat, das ich mir in 20 Jahren Schafhaltung erst mühsam aneignen musste und das trotzdem lückenhaft bleibt, da ich "nur" Hobbyschafhalter und nicht Berufsschäfer wie A.K. bin. Außerdem macht es mir viel mehr Freude zuzusehen, wie sich die phantastische Begabung meiner Hund am Vieh auch ohne mein Zutun entfaltet und wenn sie ihre Aufgaben nahezu selbständig erledigen. Dass ich damit eher selten Trials gewinne stört mich nicht wirklich, das tägliche Zusammenleben und -arbeiten mit meinen Hunden ist mir da viel wichtiger. Und auch wenn es anders dargestellt wird, die (Hüte-)ausbildungsmethode von A.K. ist vor allem etwas für Leute, die auf Hütewettbewerben erfolgreich sein wollen oder für solche, die mangels Zeit/Interesse/Wissen mit der Ausbildung eines hochveranlagten Hütehundes für die tägliche (eintönige) Arbeit nicht zurechtkommen und ein ganz simples System brauchen, mit Hilfe dessen sie eben doch noch ihren Hund in den Griff kriegen. Menschen, die Spaß an der Vielfalt der Hundeausbildung haben, die sich ein umfangreiches Wissen über Lernverhalten, Ethologie usw. angeeignet haben, können auf die Philosophie und die Methode der "HarmoniLogie" gut verzichten.


    Meine Meinung.


    Taffie