Hallo,
Vielleicht kannst du dir zu dem "Verhaltensgestört" ja noch weitere Meinungen einholen?
Mein Hund wurde von der ersten Tierärztin nur behandelt, solange er Maulschlaufe trägt, genug Assistenten im Raum sind, ich seinen Kopf und die anderen seinen Körper festhielten
Als ich die Ärztin gewechselt habe, nahm ich also brav die Maulschlaufe mit (sollte man ja auch zur Not dabei haben, man weiss ja nie wie schmerzhaft oder unangenehm die Prozedur seien kann). Die Ärztin guckte mich nach 2 Minuten verdutzt an und bat mich, "dem armen Hund" doch bitte die Schlaufe abzunehmen. "Der ist doch lammfromm".
Was ich damit sagen möchte:
Manche machen aus einer Mücke einen Elefanten, der Hund nimmt das wahr und verhält sich dementsprechend unsicher.
Du hast jetzt einen vermutlich garnicht sozialisierten Welpen, der noch nie richtigen Menschen- oder Hundekontakt hatte. Wenn er so ist wie er derzeit ist, ist er vermutlich nicht verhaltensgestört, sondern -in Anbetracht der Situation- sogar vollkommen normal.
Dein Job ist jetzt, das Fellknäuel als das zu akzeptieren was es ist: Ein roher, "echter" Hund mit einem unfassbar schlechten Start ins Leben.
Versuchen wir uns mal ein Kind vorzustellen, was unter solchen (bzw. äquivalenten) Bedingungen in die Welt gesetzt wird. Das Kind wird Probleme haben sich zu integrieren und es wird Probleme haben, die Regeln zu verstehen, wie es andere Kinder vielleicht tuen. Aber deshalb muss das Kind nicht unrettbar seien.
Man muss nur seine Methoden anpassen, und realistisch abwägen ob man dem Lebewesen, das bieten kann, was es braucht.
Von dem, was ich hier lese, hast du ein äußerst gutes Händchen für Hunde. Du hast anscheinend ein gutes Bauchgefühl. Versuche das beizubehalten, und distanziere dich von dem gängigen "Hunde Erziehungs einmal eins". Finde den Weg der für euch das richtige ist!
Bei meiner Knalltüte schlägt "Schema F" überhaupt nicht an, sprich:
die Methode die gerade am häufigsten, oder am lautesten empfohlen wird, weil sie dem derzeitigen Trend unter Normalhunde-Haltern entspricht, funktioniert bei uns nicht.
Da muss man schon ein bisschen kreativer sein.
Stelle vor, du triffst jemanden, der misstrauisch und ängstlich ist, nicht deine Sprache spricht, nicht deine Körpersprache spricht und sowieso komplett andere Sitten hat.
Du solltest dich fragen: Wo ist der kleinste Gemeinsame Nenner?
Denn wenn du den gefunden hast, und ihr damit gemeinsam eine Basis errichten könnt, beginnt ihr die gleiche Sprache zu sprechen, nämlich eure eigene.
Bei uns wird also mit fremden Menschen Auto gefahren, bevor sie das erste Mal ins Haus kommen, wir singen immer das gleiche Lied bevor Hundi was zu essen bekommt, wenn wir kuscheln bedrängen wir ihn manchmal absichtlich ein wenig zu viel, wir fallen gelegentlich absichtlich hin und plärren los wie ein Kind, wir legen uns mitten auf dem Bürgersteig zusammen mit Hundi hin, wir bringen Tricks bei mit Objekten, vor denen er Angst hat(te) und ziehen ihm -je nach dem wie brav er seien soll- verschiedene Halsbänder/Geschirr/Leinen-Kombis an.
Außerdem wird er, wenn er müde ist und andere Menschen da sind, angeleint.
Andere Leute schütteln den Kopf und fragen mich ob ich einen an der Klatsche habe, ob das nun eine Bestrafung ist, oder was das denn eigentlich soll, aber DAS ist, was meinen Psycho "Normal" macht, so fühlt er sich wohl, so fühl ich mich wohl, so klappts!
Und dann Schritt für Schritt richtung "gesellschaftlich als normal akzeptiertes" Leben.
Verliere den Mut nicht, aber sei ehrlich zu dir selbst, ob die Chemie auch mit Problemhund stimmt
Viel Erfolg
Lisa