Magyar Agár – ein Jagdhund?!
Ein Artikel von Jozsef Vetek (Zuchtstätte Kalandvadasz, E-Mail), übersetzt aus dem ungarischen von Konc-Görgey Tünde (Web), Bilder aus ungarischen Privatarchiven.
Wenn sich jemand zur Zucht des Magyar Agár entschliesst, so versucht er natürlich aus Archiven, Erzählungen alter Züchter und durch das Auswerten der eigenen Erlebnisse, möglicht viele Informationen über die Rasse zu sammeln. Schon von Anfang an habe ich es für grundsätzlich falsch gehalten, die inneren und äusseren Eigenschaften des Magyar Agár aus der Sicht und vergleichend mit dem Greyhound darzustellen, deshalb möchte ich die Eigenschaften dieser Rasse lieber aus dem Aspekt darstellen, wie er als Jagdhund, in gegebenem Gelände, mit den zum Erlegen der potenziellen Beute nötigen Eigenschaften, ergänzend mit dem Interpretieren der ungarischen Hundezucht und Jagdkultur.
Die Tatsache der in der Zucht schon seit 30-40 Jahren existierenden markanten Unterschiede innerhalb der Rasse ist schwer begreiflich und ist die Ursache vieler Widrigkeiten. Das ist ein sehr komplexes Problem, das man gründlich untersuchen sollte.
Bilder zeigt einen Magyar Agárs bei der Grosswildjagd. Oben historisch, unten aus den 1990ern.
Anghi Csaba, der bekannte Fachmann und Pfleger mehrerer unserer nationalen Hunderassen, beschrieb den Agár, wie er zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts aussah. Als kleinen Hasenjäger mit 55-60 cm Widerristhöhe, vor Allem im Bezirk Szolnok vorkommend. Der Beschreibung nach können wir uns diese als schlanke, hagere, anspruchslose, zierliche, kleine Windhunde mit feinem keilförmigem Kopf vorstellen.
Die Höhe des Widerristes hat sich bei fast allen Hunderassen geändert, bedingt durch die Änderung der Ernährung, der Hundehaltung und der ursprünglichen Funktion des Hundes. Aber alleine nur das begründet noch nicht, dass in 1972 bereits MA mit 70-75 cm Widerristhöhe auf Ausstellungen gerichtet wurden.
Jedoch neben der zunehmenden Höhe kann man auch Änderungen der Proportionen, der Form und des Körperaufbaus beobachten, wenn man ein Foto von der Jahrhundertwende mit einem nach dem Jahr 1963 vergleicht.
Der kleinere “Hasentyp” des Magyar Agár.
Die berühmten Windhunddynastien haben zwar ab Mitte der 1800-er Jahre importierte Englische Windhunde zur Verbesserung in ihrer Zucht eingesetzt, jedoch da damals immer nur die besten Hasenjäger bevorzugt wurden, so konnten die Nachfahren dieser Hunde ohne grösseren negativen Einfluss in die jagende ungarische Grundpopulation einschmelzen.
Was kann die Hauptursache sein, dass nicht die vom Tiefland stammenden MA richtunggebend für die moderne MA Zucht waren, während der FCI Registration?
Als dann in der Zeit nach dem 2 Weltkrieg die Windhundjagd allmählich immer mehr verfolgt wurde und als verderbliche Tätigkeit galt, später in den Zeiten des Sozialismus als Gutsherren Tradition noch tiefer sank, hat diese ursprüngliche Sportart ihre Bekanntheit und Geschätztheit verloren.
Einige wenige, die trotz der Verfolgungen ihre Windhundzuchten aufrechterhielten, versuchten quasi „unsichtbar“ mit ihren Hunden zu Jagen.
Aus Erzählungen ist bekannt, dass mancherorts die Hunde in Gruben unter Strohballen versteckt gehalten wurden, damit sie nicht beschlagnahmt und erschossen wurden. Trotz der Gesetze wurden diese Hunde manchmal auch zur Jagd eingesetzt, und als diese ab und zu zur Öffentlichkeit kamen, stärkte das nur den Zwiespalt der Windhund-Jäger contra bewaffnete Jäger. Die Zahl der alten Windhundleute reduzierte sich fortwährend, da die Agárzucht unter solchen Bedingungen für die junge Generation nicht besonders attraktiv war.
Änderungen nach 1963: Die allseits bekannte Historie mit den Filmemachern, die die „neue“ MA Zucht startete, handelte auch ein bisschen davon, dass man mehr offiziell anerkannte ungarische Hunderassen haben wollte.
Die noch übrig gebliebenen MA Populationen waren sehr verborgen vor den Leuten, die damals für das „Auferstehen“ der Rasse verantwortlich waren, und so haben sie ziemlich wenig von diesen Hunden zum Aufstellen der registrierten Zuchtpopulation verwendet. Die hier auftretenden Hunde waren eher Englische Windhunde und deren Mischlinge, als denn Magyar Agár.
Die Zucht der registrierten Magyar Agár tendierte eher in die Richtung, dass die Hunde auf den Ausstellungen vom Greyhound gut zu unterscheiden waren, bzw. um attraktive, vorzeigbare Hunde zu haben, oder mit dem Aufschwung des Bahnsportes auf kurzer Strecke immer schnellere Hunde zu bekommen. Das hat sehr bald zur Entwicklung von zwei Typen geführt: – einen robusten, etwas brockigen, schweren Windhund, mit kräftigem Fang, manchmal sogar hängenden Mundwinkeln, – und die auf Rennen zu sehenden „verunschönten“ Greyhound Nachahmungen.
Hier muss ich aber erwähnen, man hätte keine andere Richtung einschlagen können, denn es gab keine Möglichkeit zum Ausüben der eigentlichen Funktion, ausser auf illegalem Weg. So haben sich die Agárliebhaber an eines der Lager angeschlossen, oder sind enttäuscht zu einer anderen Windhundrasse übergestiegen.
Doggenmix oder Magyar Agár für Grosswildjagd?
In den 70-er Jahren hat ein tschechoslowakischer Ausstellungsrichter einen interessanten Artikel veröffentlicht, welcher unter den ungarischen Kynologen besonders grossen Anklang auslöste. Im Wesentlichen ging es in dem Artikel darum, dass in Ungarn Englische Windhunde mit Deutschen Doggen gekreuzt wurden und die so entstandenen Mischlinge wurden dann Magyar Agár genannt.
Soweit ich weiss, hat hierüber niemand offiziell Stellung genommen und die genaue Wahrheit wurde darüber auch nicht aufgedeckt.
Es gibt auch ein Gerücht, wonach etwas später, in den 80-er Jahren, ein Materialeinkäufer seinen Agár und seine Doggen zusammen gehalten hat, von denen regelmässig kleine Mischlinge geboren wurden, welche er dann auf seinen Rundreisen verschenkt hat, mal als Agár, mal als Dogge.
Auch hierüber gibt es eigentlich keine genauen Informationen, aber es sind schon in den vergangenen Jahren solche mit Stammbuch versehenen MA aufgetaucht, dessen Aussehen eher einer fein aufgebauten Doggen Hündin ähnelte.
Gibt es, bzw. gab es einen Magyar Agár für Grosswild?
Aktueller Magyar Agár wie er für die Grosswildjagd passen könnte.
In den alten Niederschriften kann man nur sehr wenige Informationen darüber finden, ob man den MA ausser zur Hasenjagd auch zum Jagen anderer Tiere benützt hätte. Besser gesagt, man kann solche Informationen finden, doch diese stammen fast ausschliesslich aus den Zeiten vor Mitte der 1800-er Jahren. Auf Gemälden, Grafiken hingegen ist der Kampf von jagenden Agár gegen Hirsche, Rehe und Wölfe doch ziemlich häufig zu sehen.
Der Grund hierfür ist darin zu suchen, dass nach der oben erwähnten Zeit, das Jagen mit Windhunden eher als Sport angesehen war, und zu dieser Auffassung passte die Hasenjagd am besten dazu.
In den Kreisen der heimlich mit Agár jagenden Menschen gab es aber immer welche, die (auch) auf Grosswild jagten. In den niedergeschriebenen Erinnerungen wird oft über Magyar Agár mit grösserem Körperbau, kräftigeren Kiefern und unter diesen sogar auftretenden drahthaarigen Individuen geschrieben.
Die Form zum Inhalt:
Transdanubien ist besonders reich an Grosswild, in diesen Gebieten gibt es wenig offenes, flaches Gelände, was für die klassischen Hasenjagden mit Windhund Platz geben könnte.
Hier wurden den Agár gegenüber von ihren Besitzern, die oft Wilddiebe waren, ganz andere Anforderungen gestellt, als den im Flachland jagenden Windhunden.
Nur mit explosiven, draufgängerischen und klug arbeitenden Windhunden, die eine enorme Beisskraft entwickelten, konnte man hier erfolgreich arbeiten. Auch die Mentalität ist hier überraschend anders, denn die Windhunde werden hier oft nicht auf den aufspringenden Hasen losgelassen, damit er nicht erschöpft, bevor eine grössere, wertvollere Beute auftaucht.
Darüber kann ein Agárjäger vom Flachland nur lächeln, denn ein guter Hasen-Agár muss auch in der Lage sein, ein Reh mit Leichtigkeit zu erlegen.
Die zwei verschiedenen Aufgaben haben auch zwei verschiedene Konstitutionstypen hervorgebracht.
Die Frage besteht darin, ob die Jagd auf Rehe, Damwild, Rothirsch, Wildschwein als Tradition und „echte“ Agár-Arbeit angesehen werden kann?
Meiner Meinung nach gibt es zwei Antworten. Einerseits ja, denn es ist eine sehr grosse Leistung von Seiten des Hundes, andererseits nein, denn seit mindestens 150 Jahren passt diese Art „Kampf Tier gegen Tier“ nicht mehr in den Begriff des Windhundsports. Der Hund kann bei dieser Arbeit sogar ums Leben kommen, und der Besitzer sieht oft wegen der Geländebeschaffenheiten nichts vom Geschehen.
Trotz allem, gibt es bis heute noch illegal arbeitende, auf Grosswild jagende MA in Transdanubien.
Ab Ende der 80-er Jahre wurden vor allem die transdanubischen MA sehr beliebt auf den Hundeausstellungen, denn diese sehr sehenswerten Hunde passten (aus den zu Beginn genannten Gründen) gut in die Welt der FCI Ausstellungen.
Aktueller Typ, wie er oft auf Shows zu sehen ist.
Auf den Ausstellungen erschienen diejenigen Hunde, die aus den Linien vom Flachland stammten, in den Augen der besten Richter allenfalls als einfache, kleine Greyhound Mischlinge. Diese Tatsache hat bald die Lust derer genommen, die solche MA auf Ausstellungen herzeigen wollten.
Ich glaube, niemand hatte es einfach, der MA Züchten wollte.
Sobald eine Linie auf der Rennbahn schneller wurde, so ähnelte diese immer mehr dem Greyhound, und so mussten dessen Züchter und Besitzer immer mehr Attacken Stand halten. Die Züchter der Ausstellungs MA hatten es sehr schwer, das Gleichgewicht zu finden, mit dem ihre MA weder in Richtung eines verhässlichten Greyhound, noch in Richtung eines brockigen, nicht mehr windhundartigen, hundeähnlichen Tieres tendierten.
Und wer allerdings seinen MA in seiner ursprünglichen Funktion ausprobieren und nach dessen Arbeitsfäigkeit weiterzüchten wollte, war gezwungen, seine Arbeit illegal, den Gesetzen trotzend, vor den Jägern verborgen auszuüben.
Heutzutage kann der MA Liebhaber bereits aus mehreren Alternativen die auswählen, die ihm am besten gefällt, doch von Zeit zu Zeit brechen die über Jahre angesammelten Widrigkeiten an die Oberfläche, was die Gesellschaft der MA Liebhaber auf total überflüssige Weise spaltet.
Ungarn ist ein kleines Land, aber trotzdem gross genug, damit wir alle in Frieden neben einander und einander akzeptierend mit unseren Magyar Agár leben.
Jozsef Vetek
Quelle http://www.windhund.eu/news/archives/154