Hallo Maifeuer
Mutig von dir, in diesem Forum eine solche Frage zu stellen ;-) – ich folge deinem guten Beispiel und bin genau so mutig und erzähle dir unsere Geschichte…: Wir waren in der ganz ähnlichen Situation:
Wir hatten unseren Border-Mix schon von Welpe an; anfangs ging’s ganz gut. Wir haben Welpen-, Junghunde-, Erziehungs-Kurs absolviert und ihn „überall hin mitgenommen“, um ihn best möglich an alle erdenkliche Situationen zu gewöhnen; ausserdem hatte er regelmässig unproblematischen Hundekontakt. Er war schnell stubenrein und konnte bald stundenweise alleine bleiben. Er machte zwar immer einen etwas nervösen Eindruck, war auch kaum mal richtig müde, im großen und ganzen ging’s aber die ersten Monate ganz gut und wir hatten viel Freude mit ihm.
Nach etwa 8 ½ Monaten ging’s dann – auf einmal und absolut unerkennbaren Grund los: Wenn er angeleint war und er irgendwo einen anderen Hund sah, wurde er zur „Bestie“. Er fletschte die Zähne und bellte, bellte, bellte und beruhigte sich gar nicht mehr.
Fast gleichzeitig fing er an, auf alles Unbekannte ähnlich zu reagieren: Ein Mann mit übergrosser Tasche, rodelnde Kinder, ein Leiterwagen und und und. Hinzu kam, dass er anfing, uns zu beschützen. Wenn uns beim Laufen jemand begegnete, reagierte er kaum, sobald wir uns aber hinsetzten, wurde die Umgebung zu seinem Territorium und wehe, es näherte sich jemand…
So begann unsere Odyssee mit verschiedensten Hundeschulen, Hundetrainern etc. Wir blieben über all die Jahre praktisch lückenlos dran damit. Und doch wurde es immer schlimmer.
Wir kamen irgendwann in den Teufelskreis, dass wir ihn immer weniger mitnahmen, und wenn wir ihn mal mitnehmen, war es noch schlimmer, als die letzten Male. Wenn wir aus dem Haus kamen und er erspähte etwas (zum Beispiel Fussball-spielende-Kinder) erholte er sich den ganzen Spaziergang nicht mehr. Er kläffte eine Stunde lang und wollte zurück, vermutlich die Fussball-spielenden-Kinder verjagen).
Wir wohnen in einem Wohnquartier mit vielen Kindern und wurden bald zum Mütter-und-Kinder-Schreck, wenn wir mit unserem großen, schwarzen Hund (26 kg) ankamen, blieben alle stehen und „brachten sich in Sicherheit“.
Wenn er im Haus war und irgendwo draussen etwas hörte, verhielt er sich wie ein Verrückter, wenn jemand von uns aus einem Zimmer kam, rannte er voll auf einen los und bellte, bellte, bellte, bis er merkte:“ah, der wohnt ja hier“.
Wir konnten ihn überhaupt niemandem mitgeben, nur mein Mann, ich, und unsere beiden erwachsenen Kinder konnten mit ihm nach draussen gehen. Und der bereits erwähnte Teufelskreis wurde immer noch verzwickter.
Sämtliche Hundetrainer meinten, das sei doch hinzukriegen, wir haben in all den Jahren aber nur Rückschritte gemacht.
Das ganze gipfelte dann in einer Situation, als mein Mann und ich auf einem Feld mit ihm Dummy-Training gemacht haben und er auf einmal in etwa 350 Metern Entfernung zwei Pferde mit Reitern erblickte. Und wir hatten keine Chance…Er spurtete bellend los auf und jagte die Pferde auf die Strasse… Zwar passierte glücklicherweise nichts, aber für mich war diese Situation der Knackpunkt. Mir wurde bewusst, was hätte passieren können, und wir wären verantwortlich…
Ich überlegte mir, was wir in den letzten fünf Jahren in diesen Hund investiert hatten, und wo wir heute standen…die Bilanz fiel ganz schlecht aus.
Am darauffolgenden Wochenende durften wir ihn unserer Hundetrainerin überlassen, welche noch immer davon überzeugt gewesen war, dass wir auf dem richtigen Weg waren. Als wir ihn am Sonntag abend wieder abholten, hatten wir ein langes Gespräch mit der Trainerin; sie hatte ihre Meinung ändern müssen.
Unsere Fellnase war ein absoluter Kontrollfreak brauchte ein Zuhause, wo er sein Leben nicht Menschen anpassen muss, sondern umgekehrt. Ihm nützte seine aktive Familie nichts, die ihn zum Schwimmen am Badesee, zum Wandern, in die Stadt, zum Joggen etc. mitnehmen wollte, er brauchte einen reizarmen Platz, wo er täglich über längere Zeit bewusst beschäftigt wurde. Uns wurde bewusst, dass der Hund nicht der Richtige ist für uns; wir aber auch nicht die Richtigen für ihn, weil wir ihm nicht das obenerwähnte Zuhause bieten konnten. Wenn er damals 10 Jahre alt gewesen wäre, hätten wir bestimmt mit ihm durchgehalten, er war aber erst fünf und uns wurde klar, dass wir so nicht noch 8, 9, 10 Jahre weitermachen konnten.
Und so haben wir uns letzten Sommer entschieden, einen Platz für ihn zu suchen und haben uns unter viel Tränen von ihm getrennt. Aber wir sind heute ganz sicher, dass wir richtig entschieden haben. Und JEDER, der etwas anderes sagt, weiss nicht, was wir fast fünf Jahre durchgemacht haben!
Wie auch immer ihr euch entscheidet: Ihr müsst damit leben können. Wir wünschen euch alles Gute und schicken euch viele gute Gedanken, dass ihr den richtigen Weg geht!