Warum ist es netter, einen Hund anzuleinen, als ihm bestimmte Regeln klar und deutlich zu erklären und sie ggf. auch mal mit einem Antipper daran zu erinnern, dass diese immernoch gelten?
Ich denke, man muss einmal festhalten, dass Hunde sehr verschieden sind und das Einwirkungen am Hund - ob unangenehme oder höchst angenehme Einwirkungen - sich nach Situation, Erregungslevel, Charakter des Hundes und auch den Möglichkeiten des Halters richtet.
Ich finde es klasse und wichtig, wenn man mit seinen Hunden liebevoll und respektvoll umgeht. Ich hab meine Hunde und auch meine mir anvertrauten Gassihunde sehr gerne und erziehe sie dementspreche mit sehr Liebe, auch mit sehr viel Konsequenz.
Ich arbeite auch sehr gerne mit Leckerlies und bestätige jedes Fünkchen an erwünschtem Verhalten.
Allerdings habe ich trotzdem keine Probleme damit, Konflikte anzunehmen und bestimmte Themen mit den Hunden auszudiskutieren.
Aus diesem Grund gehe ich mit neuen Kundenhunden beim ersten Spaziergang in konstruierte Konfliktsituationen und löse diese. Das vermittelt "meinen" Hunden Grenzen, aber auch Sicherheit.
Wenn sie lernen, dass es bei mir kontraproduktiv ist, an der Leine zu pöblen, sie aber im Gegenzug auf meinen Schutz vertrauen können, hab ich bei ihnen innerhalb von Sekunden einen Stein im Brett.
Hierbei arbeite ich bewusst auch mit positiver Strafe, aber vor allen Dingen bestätige ich Dinge, die ich haben möchte.
Z.B. bin ich mit einem meiner Gassihunde im ersten Spaziergang in eine Gegend gefahren, in der viele Zaunpöbler wohnen.
Ich wusste, dass er zu Hause ein heftiger Leinenterrorist war, der auf 100 m Hundesichtung schon auslöste. Zusätzlich dazu verbellte er Pferde und konnte nicht frei laufen.
Also bin ich beim ersten Zaunpöbler direkt vorbei, hab ihn im Ansatz abgefangen (Es war ein kurzer Griff ins Fell, der exakt getimed war.) und für ruhiges Vorbeigehen, mich anschauen, den Auslöser ruhig anschauen, schnüffeln usw. bestätigt.
Nach dieser einen Einwirkung brauchte ich nur noch bestätigen. Der Hund hat innerhalb von Sekunden gelernt, welches Verhalten unerwünscht war und durfte sich dann mit erwünschtem Verhalten beschäftigen und hatte somit den Kopf frei für angenehme Dinge.
Dieser Hund pöbelte sicherlich nicht, weil er das besonders lustig fand, sondern, weil es für ihn alternativlos war und sein gesamtes Denken/Handeln beherrschte, sobald ein Hund am Horizont auftauchte.
Dieser Hund vertraut mir trotz meiner aversiven Einwirkung. Er schmiegt sich an mich, wenn er unsicher ist und krabbelt mir auf den Schoß, wenn ich mich auf meinen Runden mal hinsetze. Er tobt mit mir ausgelassen und ist entspannt, wenn ich in seiner Nähe bin.
Er bringt mir - wenn ich ihn abhole - zur Begrüßung seinen Knochen und steigt freudig in mein Auto ein, um mit den Hunden ins Auslaufgebiet zu düsen. Ich kann problemlos seine Ohren, Augen und Pfoten unersuchen, wenn ich es muss und ich üb das noch nicht einmal.
Dort er frei umher, darf spielen, schnüffeln, vorstehen, Wild anzeigen, Hunde anzeigen, Pferde anzeigen, Gras fressen, sich wälzen - eben Hund sein.
Das genießt er sichtlich.
Als Gegenleistung erwarte ich in bestimmten Situationen Gehorsam.
Und diesen setze ich auch körperlich/körpersprachlich durch, wenn es die Situation erfordert, was übrigens nicht heißt, dass ich ihm wehtue, aber unangenehm sind diese Einwirkungen schon, denn sie sollen dazu führen, dass der Hund ein Verhalten abbricht.
Die Frage ist nur: Ist es für den Hund unangenehmer durch eine kurze, punktuelle (Kein Cesar-Millan-Erhängen oder irgendwelche Tritte in die Leistengegend!!) Einwirkung aus dem unerwünschten Verhalten geholt zu werden, als monatelang in diesem Verhalten zu bleiben und sich Schritt für Schritt anzupassen?