In meinen Augen ist da schon was wahres dran.
Nun nicht gerade, dass ich nicht ausgiebig mit meinem Hund kuscheln soll, wenn ich und er das nun mögen. Besonders Körperkontakt im Spiel und beim schmusen stärkt in meinen Augen die Bindung eher. Aber sich ein wenig "rar" zu machen kann in vielen Fällen echte Wunder wirken. Das bedeute eben nicht "nicht" kuscheln, spielen, Hund ansprechen etc. sondern nur "weniger". Qualität statt Quantität.
Sieh es so: Nehmen wir an, jemand fährt voll auf Pfannkuchen ab (ich z.B. ). Pfannkuchen sind desjenigen absolutes Lieblingsessen. Nun werden demjenigen jeden Tag morgens, mittags und abends Pfannkuchen serviert. Anfangs wird er sie wohl mit Freude essen, irgendwann allerdings wird seine Begeisterung nachlassen und irgendwann wird er sie sogar nur noch wiederwillig hinunter würgen.
Mir z.B. ging es so ähnlich mit Nutella und Cola. In meinen Kindertagen gab es Nutella und Cola nur im Urlaub. Und dann auch nur in Maßen. Man, was hab ich mich auf Nutella und Cola gefreut.
Als ich dann selbstständig einen Haushalt führte, habe ich mir anfangs ohne Ende Cola und Nutelle gekauft. Beides war immer und im Überfluss da. Sehr schnell allerdings wurde beides nur noch selten gekauft. War halt nix besonders mehr, mein Appetit darauf veschwand zusehends...
Heute kauf ich ab und an mal ein Glas Nutella. Extra klein, damit ich es auch alle bekomme. Die Rechnung geht häufig nicht auf und ich werfe irgendwann ranzige Nutellareste in den Müll. Mit Cola steht es ähnlich (nur das die nicht ranzig wird).
Etwas ist nur so lange besonders wertvoll, solange es nicht alltäglich (im Sinne von selbstverständlich) ist. Dinge, die im Überfluss verfügbar sind langweilen mit der Zeit. Sie heben sich nicht mehr genug ab.
So in etwa kann es gehen, wenn man sich einem Hund zu sehr "aufdrängt".
Anfangs ist die Aufmerksamkeit von Frauchen was tolles, irgendwann wird sie beliebig und im schlimmsten Falle nervt sie irgendwann.
Zudem kommt speziell beim Hund noch eine wichtige soziale Komponente dazu.
Subdominante Tiere bemühen sich um die dominanten (bitte jetzt nicht auf dem Begriff rumhacken), versuchen ihre Aufmerksamkeit zu erlangen, "haben es nötig" sich dem Gegenüber immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, sich, böse gesagt, anzubiedern. Der dominante Part einer Beziehung hingegen fordert Distanz ein und gewährt Nähe. Wenn ihm danach ist.
Versuchen der Halter also dauernd die Aufmerksamkeit des Hundes zu erlangen, "bittet" ihn quasi ständig darum, dass er mal so gnädig sei, ihn warzunehmen, erweckt er womöglich ein völlig unselbstständiges, sich unterordnendes Bild beim Hund - was wiederum dazu führend kann, dass dieser ihn und sein "schleimerisches Gehabe" eben konsequent ignoriert und seine Aufmerksamkeit nur noch nach gutdünken vergibt... ganz der wohlwollende dominaten Part, zu dem er unbewusst gemacht wurde (und der eigentlich der Halter sein sollte).
Beim Longieren macht man sich übrigens genau diese Effekte zu nutze. Hier ist es quasi wörtlich zu nehmen. Dadurch, dass ich um mich herum eine Tabuzone errichte und gleichzeitig mit ihm kommuniziere, mache ich mich unfassbar spannend für den Hund.
Hinzu kommt, dass ich selber, besonders anfangs, nur mit dem Hund in Kontakt trete, wenn dieser sich aktiv an mich wendet und ihn ansonsten komplett ignoriere.
Diese Kombi, richtig angewandt, kann auf Dauer extrem förderlich für die Bindung sein. Das bestätigen mir im übrigen viele Kunden mit sonst sehr selbstständigen und "ignoranten" ehemaligen Straßenhunden/Streunern. Bei den meisten ist alleine durch regelmäßiges Longieren die aktive Aufmerksamkeit und die Ansprechbarkeit der Hunde im Freilauf deutlich besser geworden.
Daher finde ich den Grundgedanken schon sehr zutreffend. Die Konsequenz daraus Das darf nur eben nicht darin ausarten, dass man sich völlig emotional vom Hund distanziert oder diesen sozial vernachlässigt (zu diesem Zwqecke bewusst eingesetzte Zwingerhaltung z.B.).
Aber ich beobachte so häufig, wie sehr sich Menschen um ihre Hunde bemühen, wie konsequnet diese sie ignorieren.... was alles gemacht wird, um eine Rolle im Leben des eigenen Hundes spielen zu dürfen... wie Hunde von morgens bis abends verwöhnt werden... und wenn ich dann sehe, wie viele unglückliche Hunde es gibt, weil sie durch Dauerbetüddelung auf ein Podest gehoben werden, auf dem sie überhaupt nicht sein wollen - dann finde ich durchaus, dass ein wenig mehr Distanz seitens des Halters vielen Hund-Halter-Beziehungen gut tun würde.