Ich habe mir mal die Mühe gemacht,die Dissertation von Juliane Stichnoth :"Stresserscheinungen beim praxisnahen Einsatz von elektrischen Erziehungshalsbändern beim Hund",vorgelegt 2002 und angefertigt an der TiHo-Hannover,ein wenig zusammenzufassen.
Zumindest habe ich es versucht,denn es sind mehrere Seiten,genauer gesagt 146.
In der Zusammenfassung habe v.a. einen Teil des Kapitels "Material und Methoden" und die abschließende Diskussion berücksichtigt.Der Literaturteil ist es aber auch wert gelesen zu werden,das wäre für eine Zusammenfassung aber wirklich zu viel geworden.
In der Doktorarbeit sollen 3 Einsatzfelder des Teletakts unter Versuchsbedingungen nachgestellt werden.
1.Aberziehen des Jagdverhaltens
2.die "Bestrafung" der Mißachtung eines Befehls zum Abrufen des Hundes von der Beute
3.die Anwendung,bei der das zeitliche Eintreffen des Stromreizes für den Hund in keinem Zusammenhang zu seinem Verhalten oder einem Befehl steht,sodaß er keine Verknüpfung herstellen kann und sie somit willkürlich ist.
Die Versuche wurden mit 16 Hunden der Rasse Beagle durchgeführt.
Mit jedem Hund wurde zunächst in einem Raum mit einem Spielzeug gespielt,so daß dieses für den Hund eine "Beute" darstellte.Das Spiel mit der Beute entspricht einer Jagd.
Im Hauptversuch wurden 3 Gruppen gebildet.
Die erste Gruppe heißt "Aversion",kurz Gruppe A.
Zunächst durften die Hunde ca. 1-2 Min. mit ihrem Lieblingsspielzeug spielen,also mit ihrer "Lieblingsbeute".Dieser Vorgang wurde "Jagd,einfach" genannt.
Der Stromreiz (höchste Stufe) wurde dann während des Packens der Beute gesetzt mit dem Ziel,daß es dem Hund möglich ist, eine Objektverknüpfung aufzubauen und damit eine Beuteaversion zu erreichen.
Dabei wurden regelmäßig Speichelproben genommen und die Herzfrequenz gemessen.
Mit Hilfe der Speichelprobe konnte der Cortisolgehalt überprüft werden,der je nach Streß des Tieres mehr oder weniger ansteigt.
Die zweite Gruppe trägt den Namen "Hier",kurz Gruppe H.
In dieser Gruppe wurde zu Beginn der Jagdsequenz das erlernte (!) Kommando "Hier" gegeben.Wurde das Kommando nicht befolgt,sprich die Jagdsequenz nicht abgebrochen,erfolgte der Stromreiz (auch hier höchste Stufe).
Auch in diesem Fall wurde die Herzfrequenz gemessen und regelmäßig Speichelproben genommen.
Die dritte Gruppe heißt "Willkür".Kurz Gruppe W.
In dieser Gruppe wurde der Stromreiz willkürlich gesetzt,also nach dem Zufallsprinzip.Dieses Vorgehen soll eine nicht geglückte Verknüpfung nachahmen,was in der Praxis durch falsches Timing oder Ablenkung des Hundes geschehen kann.
Zu erwähnen wäre noch,daß die Versuche in einem abgeschlossenen Raum stattgefunden haben,so daß das Risiko von Fehlverknüpfungen minimiert wurde.Die zeitliche Abstimmung des Stromreizes auf das Verhalten des Hundes war demnach besser möglich,als es unter Praxisbedingungen möglich wäre,denn der Raum war gut einsehbar und es gab kaum störende Geräusche von außen.
4 Wochen nach der letzten Teletaktanwendung wurden die Hunde einzeln nocheinmal in den Versuchsraum mit den Untersucherinnen gebracht.
Sie erhielten jedoch keine weitere Teletaktanwendung,sondern mußten sich eben nur in dem Raum aufhalten,in dem die Anwendung erfolgte.
Diese Gruppe heißt NV (Nachversuch).
Mit diesem Nachversuch sollte geklärt werden,ob sich die Hunde noch an die Stresssituation erinnerten und ob es den Hunden gelungen ist,den aversiven Reiz mit einem Objekt oder auch einer Situation zu verknüpfen,die sie vermeiden können.
Oder, ob den Hunden dies nicht gelang und sie sich daher einer Situation ausgesetzt fühlten,in der der Reiz für sie nicht vorhersehbar ist.Also ob die Bedingung der Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit des Reizes für den Hund vorhanden war,denn dies ist die Grundbedingung für einen Hund,um aus einem aversiven Reiz lernen zu können.
Außerdem wurden Vorversuche durchgeführt.
Einmal die "einfache Jagd",bei der die Hunde mit ihrer Beute spielen durften und einmal die "verhinderte Jagd",bei der die Hunde an die Leine genommen wurden und nicht an ihre Beute durften.
Auch hier wurden Speichelproben genommen und die Herzfrequenz gemessen.
Nun zu den Ergebnissen.
Zuerst der Vergleich der beiden Vorversuche,"einfache Jagd" und "verhinderte Jagd".
Im Vergleich zur einfachen Jagd lagen die Cortisolwerte,welche ein Parameter für Streß sind,bei der verhinderten Jagd um 48% höher.
Damit man ein Gefühl dafür bekommt,wie stark die Cortisolwerte in verschiedenen Streßsituationen ansteigen,wurden auch Beispiele genannt.
Nach lautem Lärm oder Fallenlassen einer Tasche steigen die Cortisolwerte z.B. um 212-214% an,nach einem kurzen Transport mit dem Flugzeug um ca. 314% und nach Anschalten eines Staubsaugers auf mehr als das zehnfache des normalen Speichelcortisolgehalts.
Daraus ist ersichtlich,daß die "verhinderte Jagd" einen vergleichsweise geringen Streß darstellt.
Der Cortisolspiegel stieg am stärksten bei den Tieren der Gruppe "W" (Willkür) und zwar lagen die relativen Cortisolanstiege bei 192-327%,die absoluten bei 163-336%.
Bei den Tieren der Gruppe "H" (hier) wurde ein relativer Anstieg von 37-160% und ein absoluter Anstieg von 36-113% verzeichnet.
Die geringsten Cortisolanstiege zeigte erwartungsgemäß die Gruppe "A" (aversiv).Hier stiegen die relativen Werte nur um 4,55-31,35% und die absoluten Werte um 0-22,45%.
Damit liegen die Cortisolwerte der Gruppe A unter jenen,die durch die verhinderte Jagd ausgelöst wurden.
Das spricht dafür,daß es den Tieren der Gruppe A gelungen ist,eine Verknüpfung zwischen aversiven Reiz und dem Objekt herzustellen,was für sie den Reiz,also den Stressor, vorhersehbar und kontrollierbar macht.
Die Tiere der Gruppe H konnten aufgrund der Jagdsituation und des Kommandos den Reiz evtl. vorhersehen,haben aber kein aufbauendes Bestrafungstraining erhalten und konnten daher den Reiz nicht vermeiden,was wiederum Streß für das Tier bedeutet.
Tiere der Gruppe "W" konnten den Reiz weder kontrollieren,noch vorhersehen.
Nun zu den Ergebnissen des Nachversuchs.
Bei der Gruppe A gab es keinen nennenswerten Anstieg des Speichelcortisolgehalts.Insgesamt stiegen die Werte nur geringfügig über die Cortisolwerte,die bei der einfachen Jagd erreicht wurden.
Anders sah es bei der Gruppe H aus.Die Werte lagen im Bereich der Werte der "Teletakttage" und waren 207% höher als die Werte bei der einfachen Jagd und 105% höher als die der verhinderten Jagd.Insgesamt lagen die Werte sogar höher,als die der Teletakttage.
Dies wohlgemerkt,nachdem die Tiere 4 Wochen lang keine Teletaktbehandlung bekommen hatten und 4 Wochen lang nicht im Versuchsraum waren.
Bei der Gruppe W lagen im Nachversuch die Cortisolwerte 495% höher als bei der einfachen Jagd und 376% höher als bei der verhinderten Jagd.
Dieser Anstieg des Cortisolspiegels wurde allein dadurch ausgelöst,daß die Tiere erneut der Situation ausgesetzt wurden,allerdings ohne den Stressor Stromreiz.
Aussagekräftige Anstiege des Speichelcortisolspiegels treten also nur bei den Tieren auf,denen es nicht gelungen ist,eine Verknüpfung zwischen dem Stromimpuls und einem Verhalten oder der Beute herzustellen.
Da es den Tieren also nicht möglich ist,den Stromreiz vorherzusehen und ihn daher auch nicht kontrollieren können (z.B. durch Meidung eines bestimmten Verhaltens),haben die Tiere Streß.
Der Speichelcortisolwert ist ein direktes Maß für den Grad des Streß.Angst und Streß hängen eng zusammen.
Durch Fehler im Timing oder durch zu lange Anwendung des Stromreizes wird der Hund Angst vor der Umgebung oder dem Anwender bekommen,so lautete zumindest das Ergebnis einer Studie eines anderen Forschers.
Fazit von Dr. Juliane Stichnoth,ich zitiere:"Aufgrund der Ergebnisse dieser Studie wird der Einsatz von elektrischen Erziehungshalsbändern durch Privatpersonen wegen des damit verbundenen hohen Risikos erheblicher und langanhaltender Stresserscheinungen als nicht tierschutzgerecht gesehen.Für professionelle Hundeausbilder sollte der Einsatz nur nach Nachweis ihrer theoretischen und praktischen Qualifikation und auch dann nur für Ausnahmefälle zulässig sein."
zoraspapa
Endeckst du jetzt zufällig Gemeinsamkeiten zwischen der Behandlung deines Hundes und der Hunde in Gruppe H?
LG,
Christiane