Habe ich Euch mal von "Ripper" berichtet?
Eigentlich hieß er Jack. Den Namen "Ripper" hat er sich verdient. Ripper war einer der wenigen Hunde, die tatsächlich dominant sind und wurde unter fachlicher Aufsicht mit Unterstützung durch ein Teleimpulsgerät erzogen.
Er stammte aus einer sehr guten Zucht, hatte rote Papiere. Weil er aber eben nicht ganz so einfach war, suchte Frauchen die Hilfe eines Fachmannes und ging regelmäßig zur Hundeschule. Dort wurde sie auch eingehend im Umgang mit dem Teleimpulsgerät unterwiesen.
Die Erziehung funktionierte auch recht gut. Ripper führte die Befehle weitgehend fehlerfrei aus. An seiner grundlegenden Dominanz änderte das Teleimpulsgerät aber nichts. Auch nicht an dem fehlerhaften Verhältnis zu seiner Halterin.
Irgendwann sollte Ripper über eine Hürde springen. Auf halber Strecke zur Hürde drehte er um, kam zurück und zerlegte sein Frauchen. Der Trainer und weitere Leute griffen sofort ein. Trotzdem verbrachte die Frau einige Wochen im Krankenhaus.
Die Frau wollte Ripper umgehend einschläfern lassen. Ein kleiner Tierschutzverein, der allerdings nur mit Pflegestellen für Katzen arbeitete, konnte das verhindern.
Ripper kam in ein Tierheim, dessen Leiter selbst DSH züchtet und der auch eine Hundeschule betreibt. Ein "Fachmann" also.
Als dieser aber erfuhr, dass Ripper kastriert war, hatte er plötzlich kein besonderes Interesse mehr daran mit Ripper zu arbeiten und überließ es einer Tierpflegerin (mit Ausbildung), sich hauptsächlich um Ripper zu kümmern. Das ging knapp eine Woche gut, dann wurde auch die Pflegerin von Ripper angegriffen und erheblich verletzt.
Auf Betreiben des Tierheimleiters und zweiten "Fachmanns" in Rippers Leben, wurde er dem Amtsvet vorgestellt und zur Euthanasie freigegeben.
Der kleine Tierschutzverein intervenierte erneut und schaffte es, die Euthanasie zu verhindern. Sie mussten unterschreiben, dass sie über Rippers Gefährlichkeit informiert worden waren und das sie die volle Verantwortung übernehmen und auf jegliche Haftungsansprüche verzichten.
Ripper kam dann zu uns. Immer noch halb sediert, mit Maulkorb und mit seiner Leine in seiner Box angebunden, war er immer noch aggressiv.
Wir brachten ihn in ein knapp 900 m² Gehege mit einem Zwinger, in den ich nicht zwingend hinein musste.
10 bis 20 mal am Tag ging ich zu Ripper. Zu fressen gab es nur aus der Hand. Das ging ganz gut. Am dritten Tag ließ ich ihn zu ersten Mal frei. Er griff mich sofort an und ging auf den Arm. Meinen Arm, kein Schutzarm. Er gehorchte aber und ließ auf Befehl sofort ab. Bei Frauen war das etwas anderes. Ripper tillte schon, wenn eine Frau nur an dem Gehege vorbei lief.
Nach ca. 3 bis 4 Wochen ignorierte er Frauen wenn ich dabei war und eine weitere Woche später ließ er sich auch von fremden Frauen brav aus der Hand füttern und streicheln.
Geschafft!
Denkste!
Ripper war gekippt. Er griff zwar Frauen nicht mehr grundsätzlich an, aber es reichte ein Augenkontakt oder eine falsche Bewegung mit der Hand und Ripper griff wieder an. Mit Vorwarnung zwar, man sah es ihm an den Augen und der Stellung der Ohren an, aber der Angriff konnte nicht unterbunden werden. Die Angriffe waren unabwendbar.
Das Teleimpulsgerät hatte Rippers Dominanzverhalten nicht beseitigt oder unterdrückt, Ripper hatte sich nur in sich selbst zurückgezogen und kaum erkennbare Impulse reichten aus, um sein Verhalten zu potenzieren und auszulösen. "Der Weiße Hund von Beverly Hills" ist ein exaktes Beispiel für Rippers Verhaltensmuster und psychische Disposition.
Auch sein Sozialverhalten mit anderen Hunden war schwer gestört. Mit Rüden war er absolut unverträglich, von Hündinnen wurde er verprügelt. Auch hier bewegte Ripper sich in einer Halbwelt. Er ging nie in einen Beschädigungskampf über, gab aber auch nicht auf und kämpfte extatisch, bis kollabierte und in einem Schockzustand einfach liegen blieb.
Obwohl ich immer sehr konzentriert mit Ripper gearbeitet habe, habe auch ich einmal nicht aufgepasst. Ripper hat mich umgehend angegriffen und sich in meinem Handgelenk verbissen. Hätte unsere Jacky, eine Berner Sennen-Malamute-Mischlingshündin nicht eingegriffen, hätte ich Ripper umbringen müssen um aus dieser Situation wieder raus zu kommen. Ripper hatte den ganzen Tag gebraucht, um sich wieder emotional zu stabilisieren.
Was hätte ich mit Ripper machen sollen? Ihn sein Leben lang auf den 900 m² seines Geheges halten sollen, mit mir als einziger Kontaktperson und Sozialpartner?
Gassi gehen wäre unmöglich gewesen und geblieben. Irgendjeman hätte immer mal eine falsche Bewegung gemacht, irgendwann wäre er immer mal wieder einem Kind begegnet, das mit ihm auf Augenhöhe gekommen wäre.
Ihn an jemanden Vermitteln? An wen? Wer hätte sich auf Lebzeiten des Hundes soweit im Griff, dass er niemals eine falsche Handbewegung macht oder den Hund direkt ansieht.
Ich habe Ripper im Alter von knapp 2,5 Jahren einschläfern lassen.
Ich hätte mit ihm umgehen können und vielleicht hätte er sich mit den Jahren etwas stabilisiert. Aber auch ich kann nicht mein ganzes Leben auf einen einzigen Hund einstellen.
Ich weiß nicht ob Ihr das begreift, aber spätestens seit meinen Erfahrungen mit Ripper betrachte ich jeden der solche Geräte herstellt, vertreibt, besitzt oder anwendet, als meinen persönlichen Feind.