Beiträge von Estandia

    Kyung-Sook Shin – Violets


    "Südkorea, 1970. San ist ein einsames Kind, das von seiner Gemeinschaft ausgegrenzt wird. Bald findet sie in einem Mädchen namens Namae eine Freundin, bis ein Nachmittag alles verändert. Nach einem Moment der Intimität in einem Minari-Feld weist Namae San gewaltsam zurück und bringt sie damit auf einen beunruhigenden Weg. Das nächste Mal treffen wir San im Alter von zweiundzwanzig Jahren, als sie zufällig einen Job in einem Blumenladen in Seouls geschäftigem Stadtzentrum findet. Im Laufe eines trüben, unbeständigen Sommers lernt San eine Reihe seltsamer Charaktere kennen - den stummen Ladenbesitzer, einen forschen Mitarbeiter, freundliche Bauern und aggressive Kunden - und stürzt sich, getrieben von der stillen Verzweiflung, ihr Leben wieder in Schwung zu bringen, kopfüber in die Obsession mit einem vorbeigehenden Zeitschriftenfotografen. Bei all dem bleibt der Moment, den San mit Namae erlebt hat, in ihrem Hinterkopf haften.

    Violets ist eine Geschichte über vereiteltes Begehren, Frauenfeindlichkeit und Auslöschung und zeigt, was bei der verzweifelten Suche einer Frau nach Autonomie und Bindung in einer unversöhnlichen Gesellschaft auf dem Spiel steht."


    Thalia's Zusammenfassung klingt etwas reißerischer als das Buch letztendlich war. Es ist träge und zäh und spiegelt Sans Leben wider. Sie lebt isoliert, auch wenn sie eine Mitbewohnerin bekommt. Sans Introspektive ist ebenso sparsam und stark heruntergebrochen, ihre Art grenzwertig und oft schwer nachvollziehbar. Sie kann mit den Dingen, die ihr geschehen, nicht umgehen, sie nicht verarbeiten, und hat niemanden, der ihr zeigt wie. Durchaus ein emotionales, sehr ruhiges Buch, ich habe allerdings mehr aus dem Nachwort für mich mitnehmen können als aus der Geschichte selbst.


    Erforschte Themen sind Einsamkeit und Entfremdung, Geschlechter- und Machtdynamiken, die Natur, Erinnerung und Trauma.

    Waubgeshig Rice – Moon of the turning leaves / Mond des gefärbten Laubs


    Der Nachfolger zu "Moon of the Crusted Snow / Mond des verharschtes Schnees". Die Geschichte spielt gut ein Jahrzehnt nach dem weltweiten gesellschaftlichen Zusammenbruch und folgt der Anishinaabe-Gemeinschaft, die sich in ihrem Überlebenskampf neuen Herausforderungen stellt. Ein kleiner Suchtrupp aus der Community um Evan Whitesky wird auf eine monatelange Reise geschickt, um Antworten, Nahrung und andere Menschen zu finden, vor allem aber ein neues Heim, denn die Ressourcen werden knapp. Dieser zweite Teil ist noch dichter und dystopischer als der erste, ich hab mich oft an The Walking Dead erinnert gefühlt und fand die Diskussion um die hierarchischen Gemeinschaften, die sich im Angesicht dieser weltlichen Widrigkeiten bilden sehr interessant. Hauptthemen sind natürlich das Überleben, Widerstandskraft und Anpassungsfähigkeit, die kulturelle Rückgewinnung, Besinnung auf traditionelle Werte und Lebenswesen sowie die Zusammenarbeit und der Zusammenhalt einer geeinten Gemeinschaft.

    Sequoia Nagamatsu – How high we go in the dark


    "Sibirien, 2031. Nachdem ein Virus, das aus dem schmelzenden Permafrostboden ausgegraben wurde, eine tödliche Seuche auf die Menschheit losgelassen hat, sind die Überlebenden gezwungen, sich an eine neue Welt anzupassen, und das auf unzählige bewegende und erfinderische Arten. Zu denjenigen, die sich an diese neue Normalität anpassen, gehören ein aufstrebender Komiker, der in einem Freizeitpark für unheilbar kranke Kinder arbeitet und sich in eine Mutter verliebt, die verzweifelt versucht, ihren Sohn am Leben zu erhalten; ein Wissenschaftler, der seinen eigenen Sohn nicht vor der Seuche retten konnte und eine zweite Chance auf eine Vaterschaft erhält, als eine seiner Versuchspersonen - ein Schwein - die menschliche Sprache entwickelt; und eine verwitwete Malerin und ihre Enkelin im Teenageralter, die sich auf eine kosmische Suche nach einem neuen Heimatplaneten begeben müssen."


    Dystopische, spekulative Science Fiction, gewoben aus mehr oder minder stark miteinander verbundenen "Kurzgeschichten", ganz stark bis zur Mitte, dann wesentlich ruhiger und etwas zerstreuter mit einer Geschichte am Ende, die alles verbindet und abschließt. Die erste Geschichte handelt von einem Vater, der die Forschung seiner tödlich verunfallten Tochter in Sibirien aufnehmen und abschließen möchte. Er kommt in einem Camp an, das aktuell durch den Fund einer virusbehafteten vereisten Mumie unter Quarantäne steht und man erfährt auf wenigen Seiten, dass die Lage binnen kurzer Zeit sich arg verschlimmert und umgehend die Regierung eingeschaltet werden muss. Die zweite Geschichte spielt 5 Jahre später und man erfährt, dass es einen weltweiten Ausbruch des Virus gab, mit verheerenden Folgen. Und so entwickelt sich die Geschichte linear vorwärts, weit in die Zukunft und am Ende weit in die Vergangenheit. Ganz großartiges Kino und dazu gibt es ein fantastisches Hörbuch mit vollem Cast.


    Die Hauptthemen sind Trauer und Verlust, zwischenmenschliche Beziehungen und Widerstandskraft, ethische Dilemmas in Wissenschaft und Gesellschaft, ökologische und existentielle Überlegungen sowie Mythen und das (menschliche) Erbe. Auch wenn dieses Buch ein großartiges Zeugnis der Menschheit und der Menschlichkeit ist, wer die Themen Trauer und Verlust und Tod aus Gründen nicht gut wegstecken kann, Hände weg. Das Buch ist in der Hinsicht knallhart.

    Ihr Lieben, ich würde der Frau gern einen guten, spannenden, fesselnden und nicht vorhersehbaren Thriller schenken! Nichts von Fitzek und nicht so gern was aus Nordeuropa, also diese Schwedenkrimis. Kann auch gern ein Psychothriller sein, Hauptsache packend. Habt ihr Ideen?

    :denker:

    Als Einzelbände werf ich mal Alex Michaelides, Lisa Jewell und Taylor Adams in den Topf.

    Als Serien die Frieda-Klein-Reihe, beginnend mit "Blauer Montag", von Nicci French oder

    die Washington-Poe-Reihe, beginnend mit "Der Zögling", von M. W. Craven...

    Mein Ziel und meine Devise war und ist immer, der Hund muss auf jeden Fall Stress und Anspannung und Frust aushalten können und soll diese Dinge auf jeden Fall erfahren. Aber ich führe den kontrolliert an Stressoren, an Auslöser, an unbekannte Dinge ran, ich schau, dass der nicht überreagieren muss, weil er diverse Situationen nicht (mehr) packt. Es gibt zwei schöne Sprüche, die mir immer ein Leitfaden in der Hundeerziehung waren: "Jede Emotion ist richtig, aber nicht jedes Verhalten" und "Wenn ich einen überkochenden Topf habe, dann pack ich nicht den Deckel drauf, sondern stell die Flamme kleiner". Ich baue mit dem Hund eine stabile Basis in Sachen Verhalten bei Stress und Frust auf, so dass der Schreckmomente gelassen hinnehmen kann und auch bei einer nicht geplanten Überstrapazierung nicht den Kopf verliert.


    Kontrollierte Anspannung ("positive Vorfreude", "Aktivierung") ist für gute sportliche Leistungen individuell sogar notwendig. Vokalisation des Hundes ist natürlich der offensichtlichste Hinweis darauf. Und das ist jedem Halter selbst überlassen, ob und wie man das beibehalten will.


    Zitat

    Neulich gab es die Situation beim Gassi, dass 2 Hunde am Fahrrad vorbeigerannt sind, was meine Hündin ziemlich aus der Fassung brachte. Sie blieb aber auch nachdem die Hunde außer Sicht (10 Sek.) abgebogen waren weiterhin angespannt, quietschte usw. wollte hinterher. Kurzzeitig setzte sie sich selbstständig, guckte auch mal weg und fiepte nicht mehr, dafür wurde sie verbal belohnt. Switchte dann aber wieder um, wollte den Hunden wieder hinterher, fiepte, war aufgeregt.

    Zwei unbekannte rennende Hunde, die auf einen selbst erst zulaufen, passieren, sich entfernen und dabei (wahrscheinlich) nicht situationsgerecht kommunizieren – das ist schon ein schwer einzuschätzender Supergau. Klar stresst das mehr als anderes. Wenn du es dir leisten kannst, schauen lassen, beruhigen lassen, nett ansprechen, weitergehen. Abends ist das wieder vergessen und verarbeitet.

    Ali Smith – Winter


    "Winter – die kürzesten Tage, die längsten Nächte. Eine Jahreszeit, die uns das Überleben lehrt. Vier Leute, Fremde und Familie, verbringen Weihnachten in einem riesigen Haus in Cornwall, und doch stellt sich die Frage, ob jeder genug Platz findet. Denn Arthurs Mutter Sophia sieht Dinge, die nicht sein können. Arthur selbst sieht andere. Und da sind noch Iris, Sophias Schwester, ewige Rebellin, nach dreißig Jahren wieder zurück, und Lux, eine Fremde, die Arthur als seine Freundin ausgibt. Eine besondere Nacht, voll Streit und Lügen, Erinnerungen und Mythen."


    Band 2 der Jahreszeitenreihe, bisschen besser noch als "Herbst" aber natürlich genau so interessant und experimentell und am Puls der Zeit. Superviele Referenzen/Andeutungen zu aktuellen Themen und Problemen unserer Welt, die Charaktere mannigfaltig bis wunderbar schrullig. Es geht um Isolation (im Alter), familiäre Spannungen und (Vor)Täuschungen, Abrechnungen mit der Vergangenheit sowie Reflexion und Wiederannäherung nach Konflikten.


    Haupthemen sind Zerrissenheit und Verbindung, Zeit und Erinnerungen, Umwelt- und Sozialthemen, Kunst und Wahrnehmung.

    Akimitsu Takagi – The Tattoo Murder


    Tokio, 1947. Bei der ersten Nachkriegssitzung der Edo Tattoo Society enthüllt Kinue Nomura unter großem Beifall ihre Ganzkörpertätowierung in Form einer Schlange. Vor allem bei Frauen immer noch ein Unding, erregt Kinue viel Aufsehen, der anwesende junge Mediziner Kenzo Matsushita verfällt der Schönheit bei diesem Spektakel. Kinue offenbart Kenzo, dass sie schon länger in Angst lebt und glaubt, bald ermordet zu werden. Nur wenige Tage später wird in Kinue's Haus eine zerstückelte Leiche gefunden, der Rumpf mit dem Schlangen-Tattoo ist nirgends zu finden, Arme, Beine und der Kopf jedoch befinden sich im, von innen verschlossenen, Badezimmer. Kenzo und sein Bruder, Polizeichef Daiyu, setzen alles daran den Fall zu lösen ...


    Der wohl populärste klassische japanische "Locked-Room"-Krimi. Hervorragende Übersetzung, flüssig, mitunter lässig-humorvoll, super zugänglich, die Kapitel oft nur wenige Seiten lang. Tempo fand ich anfangs eher langsam, der Mord passiert erst zur Hälfte des Buches, bis dahin geht's hauptsächlich um die Etablierung des zerbombten Tokios als Schauplatz, Vorstellung der doch recht vielen Charaktere und der Ausarbeitung der Tattoo-Szene. Das letzte Viertel gibt eine sehr genaue Aufklärung über das wie was wo wer wann und lässt keine wichtigen Fragen offen. Ich fand es sehr zufriedenstellend, mein Hauptinteresse galt der Frage wie der verschlossene Raum erklärt wird, den Mord an sich fand ich eher zweitrangig.

    So war es hier auch. Unser Hund hat allerdings bis zum Ende alles und das gern gefressen, hat gespielt, auf Spaziergängen geschnüffelt und wirklich noch aktiv an seiner Umwelt teilgenommen. Dagegen standen dann die Zeiten, wo er nicht bei sich war, gehechelt hat, verloren rumstand, nicht schlafen konnte und man gemerkt hat "Licht war an, aber es war keiner zu Hause". Als die schlechten Zeiten öfter und länger als die guten auftraten, hab ich entschieden, dass es Zeit war, den Hund gehen zu lassen. Ich habe in der letzten Woche nichts verändert, für den Hund waren die Tage wie jeder andere, die Routine hat ihm Sicherheit gegeben, da er mental halt auch schon stark eingeschränkt war. Er hat natürlich nur noch sein Lieblingsfutter bekommen.

    Wie viel Gehorsam setzt ihr voraus, bevor der Hund frei laufen darf? Wie viel Risiko, dass er doch mal weg läuft, nehmt ihr in Kauf? Wie oft müssen Trigger Situation an der Leine geklappt haben, bevor ihr euch sicher seid, dass ihr entspannt spazieren gehen könnt?

    Ich hatte über 16 Jahre lang einen Hund und jetzt wo ich auf diese gesamte Zeit zurückschauen kann, kann ich nur sagen, dass wirklich nur sehr wenig dafür aber ein paar essenzielle Dinge wichtig waren: Bedürfniserfüllung, Selbstkontrolle, ein respektvoller Umgang und eine gute Beobachtungsgabe in Sachen Körpersprache. Bokey kannte zur Ansprache seinen Namen aber keinen Rückruf, er konnte sich an Triggern selbst regulieren ohne Intervention, er war höflich mit anderen Hunden/Tieren, und ich habe drauf geachtet, ihn in guten Entscheidungen einfach zu unterstützen. Der Hund konnte bis zu seinem letzten Tag ohne Leine laufen, es war nur individuell körperlich und mental manchmal für ihn nicht mehr machbar.

    Natürlich hab ich mir das Hundeverhalten am Anfang angesehen und bewertet und nach und nach den Freilauf unter Anleitung integriert. Eine Schleppleine hatte ich nie. Der Hund war leinenführig und das war sehr entspannt, ansonsten lief er eben frei.

    Natürlich hoffe ich, dass sich unser nächster Hund so oder so ähnlich entwickeln wird. Das komplette Gegenteil zu Bokey habe ich seit über zwei Jahren im Büro, schocken kann mich kaum noch was |)